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Im Rahmen des Forschungsprojekts "Evaluation der sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg (SothA-HH)" wurden zu mehreren Messzeitpunkten von 2010 bis 2015 Daten von n = 193 männlichen Straftätern erhoben. Hierzu wurden die Probanden aus der SothA-HH anhand verschiedener Instrumente der standardisierten Diagnostik und Risikoeinschätzung durch externe Personen beurteilt. Die ermittelten Werte werden mit anderen Straftäterstichproben aus dem deutschsprachigen Raum verglichen. Die Auswertung soziodemographischer und biographischer Daten weist auf eine insgesamt psychosozial hochbelastete Population hin. Sexualstraftaten und sonstige nicht sexuell motivierte Gewaltstraftaten stellen die Mehrheit der Indexdelikte dar. Bei der Gegenüberstellung der kriminalprognostischen Daten dieser Tätergruppen werden vor Beginn der Therapie bei den nicht sexuell motivierten Gewaltstraftaten höhere Werte in der Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R) sowie ein erhöhtes Rückfallrisiko festgestellt. Gründe hierfür werden diskutiert.
Bei der Erstellung von kriminalprognostischen Einschätzungen steht den Sachverständigen heute eine Vielzahl erfahrungswissenschaftlich fundierter Methoden zur Verfügung. In der Praxis ist ein Vorgehen mithilfe von Erfahrung und Intuition nach wie vor weit verbreitet, obwohl diese Vorgehensweise eine vergleichsweise schlechte Vorhersagegenauigkeit aufweist. Der Rückschaufehler als mitverantwortlicher Mechanismus für diese "Kompetenzillusion" wird dargestellt. Es wird ein Überblick über potenzielle Fehlerquellen und Verzerrungsmechanismen im kriminalprognostischen Begutachtungsprozess gegeben, die Grenzen und Defizite der menschlichen Urteilsbildung bestimmen. Auf wirksame Lösungsansätze zur Verbesserung der Begutachtungspraxis wird hingewiesen.
Berichtet wird über die erste Kreuzvalidierung des "Ontario Domestic Assault Risk Assessment" (ODARA) in Deutschland. Als Datenbasis dienen Akten der Staatsanwaltschaft Landau zu den 2009 registrierten Fällen, in denen Beschuldigte aufgrund eines häuslichen Gewaltdelikts gegenüber dem Partner bzw. der Partnerin polizeilich in Erscheinung getreten sind (n = 283). Die Prognoseleistung des ODARA wurde über einen Nachbeobachtungszeitraum von fünf Jahren (bis 2014) überprüft. Je nach Subgruppe, Rückfallkriterium und Instrumentenversion erzielt der ODARA eine Vorhersageleistung, die sich nicht signifikant von einer Zufallsprognose unterscheidet, bis hin zu als moderat einzustufenden Effektstärken. Weitere Analysen zeigen, dass nur wenige Items tatsächlich mit häuslicher Gewaltrückfälligkeit zusammenhängen, woraus mögliche Verbesserungen des Instruments abgeleitet werden.
Berichtet wird über neue Instrumente zur
Gefährlichkeitseinschätzung. Die Entwicklung valider statistischer
Prognoseinstrumente für Terrorismus und extremistische Gewalt ist
aufgrund der kleinen Basisgruppen extrem aufwendig und deshalb kaum
fortgeschritten. Prognosen mithilfe persönlicher Erfahrungen haben
demgegenüber nur geringe Vorhersagekraft. Das Instrument VERA-2 wurde
auf Grundlage einer Analyse von Fachliteratur und Experteninterviews in
Kanada entwickelt: 28 Faktoren, darunter auch protektive und
demographische Faktoren, werden in drei bzw. zwei Ausprägungen
bewertet, woraus sich eine Einschätzung des Gesamtrisikos ergibt.
Ergänzend wird die Erstellung einer individuellen Fallbeschreibung
empfohlen. Das von einem amerikanischen Psychologen entwickelte
Verfahren TRAP-18 unterscheidet zwei Gruppen von Indikatoren, deren
Vorliegen Warnhinweise sind und eine genauere Untersuchung des Falls
erfordern, ohne aus Zahlenwerten einen bestimmten Risikograd zu bilden.
Beide Instrumente fordern vom Anwender großes Fachwissen. Erläutert
wird zudem der Zusammenhang zwischen falsch-positiven und falsch-
negativen Prognosen.