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Vorgestellt wird der am 24. Oktober 2022 vom Ministerium der Justiz Nordrhein-Westfalen veröffentlichte Bericht über die Einsatzmöglichkeiten und Grenzen Künstlicher Intelligenz (KI) in der nordrhein-westfälischen Justiz. Es wird konstatiert, dass der Einsatz von KI positiv einzuschätzen ist, wenn dieser zu spürbaren Arbeitserleichterungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Justiz führt, oder den Zugang für Rechtssuchende erleichtert. Die konkreten Einsatzmöglichkeiten umfassen: (1) KI-gestützte Metadatenerkennung, (2) Anonymisierung von Entscheidungen, (3) Einsatz von Automatisierungssoftware, (4) Unterstützung bei der Aktenbearbeitung, (5) vereinfachte Kommunikation mit dem Gericht oder der Staatsanwaltschaft, (6) Sichtung großer Datenmengen und (7) Transkription von Verhandlungen. Unzulässig ist der Einsatz von KI hingegen, wenn dieser mit einem Eingriff in die richterliche Entscheidungsfindung einhergeht oder sie gänzlich ersetzt. Darüber hinaus sind nach aktuellem Stand keine weiteren Haftungsrisiken für Richterinnen und Richter zu identifizieren, solange es sich bei der eingesetzten KI lediglich um eine unterstützende Anwendung handelt. Abschließend wird konstatiert, dass die derzeitige Erarbeitung eines KI-Rechtsrahmens durch die Europäische Union begrüßt wird.
Zwischen 2019 und 2021 hat das Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung und das Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht das Projekt „Konfliktregulierung in Deutschlands pluraler Gesellschaft“ verantwortet und in diesem Rahmen auf Initiative und mit Unterstützung des Ministeriums der Justiz und des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen ein Lagebild zur Paralleljustiz in Nordrhein-Westfalen aus strafrechtlicher Sicht erstellt. Untersucht werden Konfliktregulierungsprocederes, die außerhalb der rechtsstaatlichen Ordnung verortet werden. Dafür wurden leitfadengestützte Interviews mit N = 39 Praktikern bzw. Praktikerinnen der Justiz geführt, N = 29 Personen nahmen am Mapping Exercise teil, es wurden Fokusgruppendiskussionen in Form von Runden Tischen mit N = 44 Experten bzw. Expertinnen organisiert und eine Aktenanalyse (N = 26) durchgeführt. Dargestellt wird die Innenperspektiven staatlicher Akteure zum Begriff Paralleljustiz sowie Konfliktregulierung. Es zeigt sich, dass außergerichtliche Konfliktregulierungsprocederes insbesondere im Bereich der Organisierten Kriminalität bzw. Rauschgift-Kriminalität in Kombination mit bestimmten Sozialstrukturen (u. a. verwandtschaftliche Zugehörigkeit, nationale Identität, gemeinsame Interessen) entstehen. Zudem wird eruiert, dass die in Nordrhein-Westfalen seit 2011 gültige Berichtspflicht zu Verdachtsfällen im Bereich der Paralleljustiz wenig bekannt ist. Abschließend werden Handlungsempfehlungen angeführt.
Im nordrhein-westfälischen Koalitionsvertrag für die Legislaturperiode 2017-2021 haben die Regierungsparteien CDU und FDP die Erstellung eines landesweiten Lagebilds zur Paralleljustiz festgeschrieben. Im Lagebild wird zuerst der Begriff der Paralleljustiz definiert und anschließend die aktuelle Lage für Nordrhein-Westfalen beschrieben sowie Ursachen benannt, wobei im Wesentlichen auf zwei empirische Studien Bezug genommen wird. Des Weiteren werden sowohl präventive als auch repressive Maßnahmen zur Eindämmung von Paralleljustiz allgemein als auch speziell auf Nordrhein-Westfalen bezogen erörtert. Dabei wird die Bedeutung der Bereiche Bildung, Inneres, Soziales und Justiz betont.
Vierter Bericht der Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (2017 - 2022)
(2022)
Im vorliegenden vierten Opferschutzbericht der Beauftragten für den Opferschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) werden – von der bisherigen Form abweichend – nicht nur aktuelle Entwicklungen im Opferschutz und Tätigkeiten der Beauftragten und des Teams erörtert, sondern u. a. auch ein Rückblick auf die Entwicklung der Stelle, den aktuellen Stand der Netzwerkarbeit, den Arbeitsalltag und die in NRW erfolgten Verbesserungen im Opferschutz gegeben. Der Aufgabenbereich der Beauftragten und des Teams ist seit der Einrichtung der Stelle (2017) unverändert. Dieser umfasst: (1) die Fortführung der Ansprechstelle für Opfer von Straf- und Gewalttaten, (2) Netzwerkarbeit und (3) die Mitarbeit an der Weiterentwicklung des justiziellen Opferschutzes. Vom Zeitpunkt der Einrichtung bis zum Berichtsjahr (2022) bearbeitete die Ansprechstelle insgesamt 2274 Anfragen von Einzelpersonen. Berücksichtigt man zusätzlich Kontaktanfragen der täglichen Arbeit (z. B. rechtliche Anfragen und Veranstaltungsplanungen) liegt die Anzahl der seit Dezember 2017 erfolgten Kontakte bei über 20 000. Das Netzwerk der Beauftragten und des Teams umfasst Vertreterinnen und Vertreter von Behörden, Organisationen und Vereinen mit Berührungspunkten zum Opferschutz. Exemplarisch können hierfür Beauftragte des polizeilichen Opferschutzes und die Landeskoordinierungsstelle zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Männer genannt werden. Bezüglich des justiziellen Opferschutzes werden positive Entwicklungen konstatiert. Besonderen Stellenwert erfahren hierbei die Einrichtung eines Opferschutzportals durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW (2020) und eines Opferschutzfonds durch den nordrhein-westfälischen Landtag (2022).
Abschlussbericht der Expertenkommission zur Verbesserung der Aufklärung komplexer Unglücksereignisse
(2022)
Zehn Jahre nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg (24.06.2010) hat der Landtag Nordrhein-Westfalen die Einsetzung einer Expertenkommission beschlossen, um zukünftig die Aufklärung komplexer Unglücksereignisse zu verbessern. Der Beschluss erfolgte als Reaktion auf die Kritik an der (rechtlichen) Aufarbeitung des Loveparade-Unglücks (u. a. zu späte Anklageerhebung, lange Prozessdauer). Analysiert wird anhand des Beispiels des Gerichtsverfahrens zum Loveparade-Unglück, auf welche Art und Weise multikausale Unglücksereignisse bestmöglich aufgeklärt werden können. Dafür werden die verfahrensbestimmenden Dokumente (u. a. Anklageschrift, Beschlüsse) ausgewertet sowie am Verfahren maßgeblich beteiligte Personen interviewt. Im ersten Teil des Berichts stellt die Expertenkommission zwanzig Vorschläge zur Verbesserung der Aufklärung komplexer Unglücksereignisse vor und erörtert diese detailliert (u. a. Modifizierung der Verjährungregelungen, Einsatz von Opferstaatsanwälten bzw. Opferstaatsanwältinnen, Überarbeitung des Adhäsionsverfahren, Einrichtung einer Sachverständigendatenbank, Bau geeigneter Sitzungssäle etc.). Zudem wird auf Einrichtungen der Schadensaufklärung im europäischen Ausland verwiesen. Im zweiten Teil des Berichts stellt die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) die Ergebnisse der Interviews vor (u. a. Verzögerungen bei Großverfahren, Personalausstattung, Öffentlichkeitsarbeit, Sachverständige etc.), welche sie im Auftrag der Expertenkommission ausgewertet hat.
Die psychosoziale Prozessbegleitung wurde mit dem Gesetz zur Stärkung der Opferrechte im Strafverfahren vom 21.12.2015 (3. Opferrechtsreformgesetz) im deutschen Strafverfahrensrecht verankert. In § 406g Strafprozessordnung (StPO) werden die im engeren Sinne strafverfahrensrechtlichen Aspekte der psychosozialen Prozessbegleitung geregelt, wohingegen das Gesetz über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (PsychPbG) die Grundsätze der psychosozialen Prozessbegleitung (§ 2 PsychPbG), die grundlegenden Anforderungen an die Qualifikation psychosozialer Prozessbegleiter/-innen (§ 3 PsychPbG) sowie deren Vergütung (§§ 5-9 PsychPbG) bundesweit einheitlich regelt. Vorgestellt wird die Evaluation des Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren vom 16.10.2016 und die AGPsychPbG-Ausführungsverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen. Dafür wurden die Rechtsverordnungen der anderen 15 Bundesländer vergleichend analysiert sowie der Bericht des Bundesministeriums der Justiz und des Verbraucherschutzes an den Nationalen Normenkontrollrat ausgewertet. Zusätzlich wurden folgende Institutionen zu ihrer Einschätzung der psychosozialen Prozessbegleitung befragt: Richter/-innen (Amtsgerichte: n = 51, Landgerichte n = 28) und Generalstaatsanwälte bzw. Generalstaatsanwältinnen (n = 46), ausgewählte Kreispolizeibehörden, die nordrhein-westfälische Beauftragte für den Opferschutz sowie in der Beratung tätige Einrichtungen. Es wird festgestellt, dass die Ausgestaltung der psychosozialen Prozessbegleitung in Nordrhein-Westfalen als duales Modell aus Beratungsangeboten des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz und von freien Anbietern positiv bewertet wird. Als verbesserungswürdig werden die pauschalen Vergütungssätze gesehen. Einige freie Anbieter haben aus diesem Grund ihr Angebot bereits eingestellt. Zudem werden Verbesserungsmöglichkeiten für die vom Ministerium der Justiz betriebene Datenbank erörtert.
Der vorliegende Achte Opferschutzbericht der Landesregierung geht - wie schon die bisherigen Berichte - auf den Beschluss des Landtages Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2007 zurück (zu LT-Drs. 15/1107), mit dem der Landtag die besondere Schutzbedürftigkeit der Opfer von Straftaten betont und zugleich die Landesregierung aufgefordert hatte, im Abstand von zwei Jahren einen Bericht über die zur Verbesserung des Opferschutzes ergriffenen Maßnahmen vorzulegen. In Fortschreibung der ersten sieben Berichte werden im vorliegenden achten Opferschutzbericht im Wesentlichen die seit dem Vorbericht im Jahr 2020 eingetretenen Änderungen und Entwicklungen dargestellt. Der Aufbau des Berichtes orientiert sich an den Vorgaben des Landtags und geht auf folgende Punkte ein: (1) Veränderungen hinsichtlich der Rechtslage zur Rechtsstellung des Opfers seit dem letzten Opferschutzbericht, (2) Entwicklung der Opferzahlen in den Jahren 2012 bis 2021, einschließlich einer statistischen Erfassung und Auswertung der Opferspezifik, (3) Projekte und Maßnahmen bzw. Weiterentwicklung bestehender Programme sowohl in den Bereichen des vorsorgenden als auch des nachsorgenden Opferschutzes sowie ergänzend (4) zur ressortübergreifenden und interdisziplinären Vernetzung im Bereich des Opferschutzes.
Tätigkeitsbericht 2021
(2022)
Dieser Bericht dokumentiert das 36. Jahr der Arbeit der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) seit dem Jahr 1986. Die KrimZ wird als Institution vorgestellt, ihre bisherige Entwicklung wird zusammenfassend geschildert. Der Bericht liefert weiter einen Überblick über alle im Berichtsjahr durchgeführten Forschungsprojekte und weiteren Aktivitäten. Für internationale Kooperationspartner und Kontaktpersonen wurde am Ende des Berichts eine Zusammenfassung in englischer Sprache angefügt.
Der Jugendstrafvollzug kann auf verschiedenen Ebenen (z. B. situatives Verhalten, gefestigte Bindungen, Legalbewährung) Einfluss auf das inhaftierte Klientel nehmen. Untersucht wird mit Hilfe der Eintragungen im Bundeszentralregister die Rückfallrate von N = 875 Jugendstrafgefangenen (JSG), die ab 2011 in der sächsischen Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen inhaftiert und zwischen 2013 und 2018 entlassen worden sind. Insgesamt werden bei einem dreijährigen Beobachtungszeitraum nach Entlassung ca. 70 % der JSG erneut verurteilt. Folgende Faktoren deuten auf höhere Rückfallraten und/oder schnelleren Rückfall hin: (1) Entlassung zum Strafende (statt zur Bewährung), (2) jüngeres Alter, (3) Suchtmittelproblematik, (4) höher eingeschätztes Rückfallrisiko durch den Sozialdienst bzw. den Jugendlichen selbst und (5) Ablehnung und Abbruch von Behandlungsmaßnahmen. Einschlägig rückfällig werden Straftäter insbesondere bei materiellen Delikten (z. B. Diebstahl, Betrug). Das Vorhandensein eines Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz wirkt sich nicht präventiv auf einen Rückfall aus. Es wird darauf hingewiesen, dass – vom Jugendstrafvollzug unabhängige – Drittvariablen auf die Rückfälligkeit der JSG Einfluss nehmen.