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Auf Grundlage von Daten des Ministeriums der Justiz Rheinland-Pfalz werden Risikofaktoren, Täter- und Tatcharakteristika von Messergewalt empirisch untersucht. Die Stichprobe umfasst N = 452 Personen (n = 37 Frauen, n = 415 Männer), die in Rheinland-Pfalz wegen mindestens eines Falles schwerer Gewaltkriminalität abgeurteilt wurden und deren Aburteilung entweder 2013 oder 2018 Rechtskraft erlangte. Insgesamt 13,9 % der Gewalttaten (n = 63) stellen Fälle von Messergewalt dar. Die beiden Subgruppen (Messergewalt und schwere Gewalt ohne Messereinsatz) werden hinsichtlich Sozialdaten, psychischer Gesundheit, Gewaltverhalten und Viktimisierungserfahrungen verglichen. Aus den Ergebnissen geht hervor, dass sich Täter/-innen von Messergewalt hinsichtlich sozioökonomischer Aspekte (Bildungsgrad und Arbeitsverhältnis) nicht wesentlich von Täter/-innen schwerwiegender Gewaltdelikte ohne Messereinwirkung unterscheiden. Erstere sind durchschnittlich älter, weisen überproportional häufiger eine Beeinträchtigung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit sowie Erfahrungen elterlicher Gewalt auf. Von besonderer Auffälligkeit ist, dass Täter/-innen von Messergewalt häufig bis zum 18. Lebensjahr mit den Eltern zusammenleben. Nach hier vertretener Ansicht kann dies sowohl als Schutzfaktor im Sinne einer intakten elterlichen Beziehung als auch Risikofaktor im Sinne einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Erleben elterlicher Gewalt interpretiert werden. Abschließend wird auf die Limitationen der Untersuchung hingewiesen.
Kriminalpolitik und Strafrecht haben in den letzten Jahren eine Gruppe von Straftätern wieder entdeckt: die der so genannten „gefährlichen Straftäter". Auf diese Gruppe zielen einige neuere Gesetzesänderungen im Sexualstrafrecht, aber auch bei den kriminalrechtlichen Maßregeln und im Strafvollzugsrecht. Einzelne Kriminalfälle scheinen Anlässe für immer neue Vorschläge zu bieten, das Strafrecht umzugestalten. Es stellt sich die Frage, ob diese relativ kleine Gruppe der „gefährlichen Straftäter" tatsächlich eine besondere Problemgruppe für Kriminalpolitik und Strafrechtspraxis ist oder ob ihre Bedeutung eher überschätzt wird. Die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) veranstaltete am 15. und 16. November 2004 in Wiesbaden eine interdisziplinäre Fachtagung, in deren Rahmen das komplexe Thema aus der Sichtweise und Erfahrung mehrerer Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft erörtert wurde. Die Ergebnisse der Veranstaltung sind im vorliegenden Band dokumentiert.
Es wird ein Gutachten des Kriminologen Rudolf Egg vorgestellt, welches für den parlamentarischen Untersuchungsausschuss IV des Landtags Nordrhein-Westfalens im Hinblick auf die Geschehnisse in der Kölner Silvesternacht 2015/2016 erstattet wurde. Ziel des Gutachtens ist es, insbesondere die damals verübten Straftaten zu typisieren sowie einer allfälligen Organisationsstruktur der Täter nachzugehen. Hierfür wurden 1022 anonymisierte Strafanzeigen ausgewertet. Im Rahmen der Analyse der Strafanzeigen kommen nicht nur die verübten Delikte und deren statistische Verteilung zur Sprache, sondern unter anderem auch Ort sowie Zeit der Tatbegehung. Es wird gezeigt, dass die Opfer nur wenig zu einer hinreichenden Täterbeschreibung beitragen konnten. Vereinzelt wurden in den Strafanzeigen die Tätigkeit der Polizei sowie die Anzahl der anwesenden Beamten bzw. Beamtinnen thematisiert. Eine Absprache zur Tatbegehung unter allen Tätern wird allein schon ob ihrer Vielzahl als kaum wahrscheinlich eingeschätzt. Es wird vermutet, dass die massive Begehung von Eigentums- sowie Sexualdelikten in dem Gefühl der Täter, sie könnten in der Menschenmasse anonym agieren und man befinde sich in einem rechtsfreien Raum, ihre Grundlage hatte. Es wird darauf hingewiesen, dass für eine hinreichende Betrachtung der Vorfälle die Auswertung weiterer Datenquellen erforderlich ist, vor allem um darauf basierend präventive Maßnahmen zu ergreifen.
Der Beitrag befasst sich mit Praxis und Bewährung der in BtMG §§ 35ff. geregelten Therapieüberleitung für drogenabhängige Straftäter (Zurückstellung der Strafvollstreckung). Ausgehend von Überlegungen zum Verhältnis von Freiwilligkeit und Zwang bei Therapien, werden zunächst allgemeine Entwicklungsschritte der Drogenabhängigkeit sowie neuere Tendenzen der therapeutischen Versorgung dargestellt; ferner wird die Frage erörtert, welche Beweggründe bei der Aufnahme einer Entzugsbehandlung im Vordergrund stehen. Eine Evaluation von Therapieüberleitungen gem. BtMG § 35 zeigte für die untersuchte Stichprobe, dass etwa die Hälfte aller auf diesem Wege begonnenen Therapien erfolgreich beendet wurden. Obwohl die erneute Straffälligkeit dieser Therapiegruppe (Beobachtungszeitraum: 3 Jahre) mit über 50% relativ hoch ist, zeigten sich bezüglich Schwere und Häufigkeit neuer Straftaten doch signifikant bessere Ergebnisse im Vergleich zu Therapieabbrechern und Nicht-Antritten. Abschließend werden einige zentrale drogenpolitische Konsequenzen vorgestellt. BtMG § 35 sollte danach nicht als Königsweg angesehen, aber bei geeigneten Fällen rechtzeitig zur Anwendung gebracht werden.