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Kriminalpolitik und Strafrecht haben in den letzten Jahren eine Gruppe von Straftätern wieder entdeckt: die der so genannten „gefährlichen Straftäter". Auf diese Gruppe zielen einige neuere Gesetzesänderungen im Sexualstrafrecht, aber auch bei den kriminalrechtlichen Maßregeln und im Strafvollzugsrecht. Einzelne Kriminalfälle scheinen Anlässe für immer neue Vorschläge zu bieten, das Strafrecht umzugestalten. Es stellt sich die Frage, ob diese relativ kleine Gruppe der „gefährlichen Straftäter" tatsächlich eine besondere Problemgruppe für Kriminalpolitik und Strafrechtspraxis ist oder ob ihre Bedeutung eher überschätzt wird. Die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) veranstaltete am 15. und 16. November 2004 in Wiesbaden eine interdisziplinäre Fachtagung, in deren Rahmen das komplexe Thema aus der Sichtweise und Erfahrung mehrerer Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft erörtert wurde. Die Ergebnisse der Veranstaltung sind im vorliegenden Band dokumentiert.
Das "Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten" vom 26. Januar 1998 stellt die Landesjustizverwaltungen und die Justizpraxis vor neue Herausforderungen im Umgang mit Sexualstraftätern. Dies betrifft vor allem die Verlegung von Gefangenen in sozialtherapeutische Anstalten und Abteilungen des Justizvollzuges. Während diese bisher ausschließlich freiwillig und mit Zustimmung des Anstaltsleiters erfolgte, sieht der geänderte § 9 StVollzG eine solche Verlegung für Sexualstraftäter mit mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe nunmehr als Regelfall vor. Diese und weitere neue Bestimmungen führten bundesweit zu zahlreichen Diskussionen und Planungen, aber auch zu vielen offenen Fragen. Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e.V. im Juni 1999 in Wiesbaden eine Fachtagung, deren Ergebnisse in diesem Band dokumentiert werden. In Referaten einschlägiger Experten werden zentrale Problemfelder des Tagungsthemas aus juristischer, medizinischer und sozialwissenschaftlicher Perspektive diskutiert. Dargestellt werden auch die Ergebnisse einer KrimZ-Umfrage zur Umsetzung des Gesetzes in der Praxis sowie die Berichte mehrerer Landesjustizverwaltungen über ihre aktuellen Planungen. Im Anhang findet sich eine Auswahlbibliographie zum Tagungsthema.
Der sexuelle Mißbrauch von Kindern zählt zu jenen Straftaten, denen weite Teile der Bevölkerung mit besonders großem Unverständnis und offener Ablehnung gegenüberstehen. Diese Grundhaltung verstärkt sich regelmäßig bei Bekanntwerden neuer, spektakulärer Vorfälle, insbesondere dann, wenn bereits einschlägig vorbestrafte Personen als Täter ermittelt werden. Auch in der offiziellen Kriminalpolitik wird dem Schutz potentieller Opfer des sexuellen Kindesmißbrauchs ein zunehmend hoher Stellenwert eingeräumt. Angesichts der hohen Aktualität dieses Problemfeldes liegt zwar eine Vielzahl entsprechender Publikationen vor, es zeigen sich jedoch Erkenntislücken zur Rückfälligkeit von Sexualstraftätern oder zur Therapie von Mißbrauchsopfern. Vor diesem Hintergrund führte die Kriminologische Zentralstelle im November 1998 eine Fachtagung in Wiesbaden durch, deren Ergebnisse in diesem Band dokumentiert werden. Die Beiträge behandeln u.a. folgende Themen: (1) KrimZ-Projekt "Legalbewährung und kriminelle Karrieren von Sexualstraftätern", (2) Studie zur Rückfälligkeit von entlassenen Patienten des Maßregelvollzuges gem. § 63 StGB, (3) Ermittlungsverfahren bei sexuellem Kindesmißbrauch und Probleme der Strafverteidigung, (4) Begutachtung und Prognose bei Sexualstraftätern, (5) Ambulante Behandlung von Sexualstraftätern sowie Therapie im Straf- und Maßregelvollzug, (6) Viktimologische Aspekte des sexuellen Kindesmißbrauchs, (7) Beurteilung des Realitätsgehalts von Kinderaussagen über sexuellen Mißbrauch, (8) Symptome und Auffälligkeiten nach Sexualdelikten sowie Therapieformen für Mißbrauchsopfer.