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Die Stichtagserhebung der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) fragt jedes Jahr zum Stichtag am 31. März die Gegebenheiten in allen sozialtherapeutischen Einrichtungen des Justizvollzuges deutschlandweit ab. Inzwischen liegen Daten aus 23 Erhebungsjahren vor und geben Aufschluss über die Entwicklungen in der Versorgungslage (Anzahl der Einrichtungen bzw. Haftplätze), zu demographischen Variablen der Gefangenen (Alter, Staatsbürgerschaft, Dauer der Haftstrafe, schwerste Straftat, Vorstrafen), über institutionelle Vorgänge (Aufnahmen, Abgänge, Nachbetreuung) sowie hinsichtlich von Daten zum Personal (Anzahl der Personalstellen und Frauenanteil). Die Auswertungen verdeutlichen die Entwicklungstrends in der Sozialtherapie zwischen 1997 und 2019 und legen nahe, dass nach einem starken Ausbau der sozialtherapeutischen Einrichtungen ab 1969 mit nunmehr 71 Einrichtungen eine Sättigungsgrenze erreicht zu sein scheint. Die inhaftierten Personen werden zunehmend älter, sodass 2019 die über 50-Jährigen die größte Altersgruppe stellen. Schon seit 2003 liegt der Anteil derjenigen, die aufgrund eines Sexualdelikts inhaftiert sind, bei ca. 50 %, was gegenüber anderen Deliktgruppen eine deutliche Mehrheit darstellt. Ein Großteil der Gefangenen hat keine Haftlockerungen, wobei hier eine zunehmend restriktivere Praxis zu erkennen ist. Die Personalausstattung hat sich über die letzten 23 Jahre insofern verändert, als dass mehr Fachdienste und tendenziell weniger Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst (AVD) eingerichtet wurden.
Im 24. Jahr der Erhebungsreihe zur Situation in den sozialtherapeutischen Einrichtungen zeigt sich eine weitere Stabilisierung der strukturellen Gegebenheiten. In diesem Berichtsjahr eröffnete eine weitere sozialtherapeutische Einrichtung, so dass 72 Einrichtungen geringfügig mehr Haftplätze zur Verfügung stellen konnten als im Vorjahr. Dennoch wird weiterhin die Tendenz einer Versorgungssättigung gesehen, denn die Zahl der Gefangenen in sozialtherapeutischen Einrichtungen blieb auf konstantem Niveau. Dies hatte eine sinkende Belegungsquote zur Folge, ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortsetzt. Auch in diesem Jahr wuchs der Anteil der Gefangenen, die älter als 50 Jahre alt sind, wobei ebenso der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden leicht angestiegen war. Sexualstraftäter/innen stellten wieder knapp die Hälfte der Inhaftierten in der Sozialtherapie. Der Anteil der Gefangenen, die keine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen innehatten oder höchstens zu Ausführungen zugelassen waren, betrug in diesem Jahr knapp 81%, was einem neuen Höchststand entspricht. Die Fachdienstausstattung blieb auf gleichbleibend günstigem Niveau mit lediglich 5,7 Haftplätzen auf einer Fachdienststelle. Weitere Ergebnisse und Entwicklungen werden im Bericht dargestellt.
Sozialtherapeutische Einrichtungen des Justizvollzugs dienen der Behandlung von (Sexual-) Straftätern, um deren Rückfallrisiko nachhaltig zu reduzieren. Das weltweit bekannteste Rehabilitationsmodell, nach dem intramurale Behandlung strukturiert werden sollte, um möglichst positive Behandlungseffekte zu erzielen, ist das Risk-Need-Responsivity-Modell (RNR-Modell). Psychologische Diagnostik nimmt in der Umsetzung dieser RNR-Prinzipien eine Schlüsselposition ein, um im Rahmen der Eingangs-, Verlaufs- und Abschlussdiagnostik den Therapieprozess anzuleiten. Ziel der vorliegenden Studie ist eine empirische Darstellung der intramuralen psychodiagnostischen Praxis anhand einer Vollerhebung aller 71 sozialtherapeutischen Einrichtungen im Jahr 2016. Von 71 Einrichtungen führen 62 eine Eingangs-, 50 eine Verlaufs- und 36 eine Abschlussdiagnostik durch. Dabei erfolgt die Eingangsdiagnostik in der Regel standardisiert, während Verlaufs- und Abschlussdiagnostik seltener einem standardisierten Schema folgen. Besonders häufig wurden Risikoprognoseverfahren zur Einschätzung des Rückfallrisikos eingesetzt, wobei insgesamt eine starke Anlehnung an das RNR-Modell zu konstatieren ist.