364 Kriminologie
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Vorgestellt wird der am 12.11.2015 vorgelegte Abschlussbericht der Untersuchung über die Verfahrensverläufe und Verurteilungsquoten bei Sexualstraftaten in Bremen. Im Fokus stand dabei die Evaluation des 1984 in Bremen eingeführte sog. "Bremer Modell", welches zur Bearbeitung von Sexualstraftaten ein Sonderdezernat der Staatsanwaltschaft sowie ein auf Sexualstraftaten spezialisiertes Fachkommissariat bei der Kriminalpolizei Bremen vorsieht. Das Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung der Hochschule für öffentliche Verwaltung Bremen hat in diesem Zusammenhang 94 Akten zu Verfahren nach § 177 StGB (Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) aus dem Jahr 2012 ausgewertet. Es werden u. a. deskriptive Daten zu Opfern, Beschuldigten und Tatbeständen sowie die Sachbearbeitung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten dargestellt. Die quantitativen Ergebnisse werden mittels drei qualitativer Gruppeninterviews mit Experten bzw. Expertinnen aus Polizei (N = 4) und Staatsanwaltschaft (N = 3) sowie der Vizepräsidentin des Amtsgerichts Bremen und dem Vorsitzenden des Schwurgerichts am Landgericht Bremen validiert. In einem weiteren Schritt werden die Daten aus der Aktenanalyse mit Daten aus den Verfahrensregistern der Polizei und der Staatsanwaltschaft Bremen abgeglichen. Die Tätigkeit von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht wird daraufhin bewertet. Abschließend werden die Empfehlungen der Forschungsgruppe sowie die gemeinsamen Verbesserungsvorschläge der Beteiligten erörtert.
Vorgestellt wird eine Studie zur Paralleljustiz in Berlin, welche von der Senatsverwaltung für Justiz und Verbraucherschutz in Auftrag gegeben und vom Erlanger Zentrum für Islam und Recht in Europa sowie der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg durchgeführt worden ist. Dafür wurden N = 35 Imame und Vertreter/-innen religiöser Einrichtungen, N = 18 Clanführer bzw. Clanmitglieder, N = 22 Mitglieder säkularer Nichtregierungsorganisationen, N = 11 Experten bzw. Expertinnen aus dem Bereich Justiz, Polizei, Verwaltung, Rechtsanwaltschaft, N = 4 Personen mit Einblick in das Drogenhandelmilieu sowie N = 3 Wissenschaftler/-innen interviewt. Ergänzend wurden zwölf Gruppentreffen organisiert. Der Fokus lag dabei auf den muslimischen Gemeinschaften unterschiedlicher ethnischer Herkunft in Berlin und hierbei auf Konfliktsituationen im strafrechtlichen und familienrechtlichen Bereich. Konstatiert wird, dass – mit Ausnahme des islamistisch/neosalafistischen Milieus – grundsätzlich keine institutionelle Ausprägung von Paralleljustiz besteht, jedoch Konfliktlösungen auf Grundlage von kulturellem, religiösem und sozialem Gewohnheitsrecht angewandt werden. Als problematische Strukturen werden Einschüchterungsversuche von Opfern und Zeugen bzw. Zeuginnen (z. B. im Rahmen von häuslicher Gewalt) genannt, sowie ein teilweise kulturell verankerter Scham- und Ehrbegriff. Zudem ist der Zugang zum deutschen Rechtssystem durch Unkenntnis für einige Personengruppen – insbesondere bei mangelhaft integrierten Personen mit Sprachbarrieren – erschwert.
Untersucht wird die Suchtmittelproblematik bei jugendlichen Strafgefangenen der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen. Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf Daten von Jugendstrafgefangenen (JSG), die seit Anfang 2011 in die Jugendstrafanstalt gekommen sind. Bei über zwei Dritteln der JSG liegt laut Einschätzung der Fachdienste mindestens eine Alkohol- oder eine Drogenproblematik vor. Auch in der Selbsteinschätzung der Jugendstrafgefangenen geben viele problematischen Suchtmittelkonsum an und schreiben Suchtmitteln eine hohe Verantwortung für die eigene Straffälligkeit zu. Für über 80 % der JSG wird ein Bedarf an Suchtberatung festgestellt, wobei nur ein Drittel der JSG mit Bedarf laut Einschätzung der Fachdienste die Ziele der Maßnahme erreicht. Die Suchtberatung wird von den meisten JSG als hilfreich bewertet. Nach eigenen Angaben der JSG werden auch in der Haft Suchtmittel illegal konsumiert. Nach den Ergebnissen ist für einen Großteil der Jugendstrafgefangenen eine Behandlung der Suchtproblematik angezeigt. Um den verschiedenen konsumierten Substanzen sowie individuellen Konsummustern und Zusammenhängen mit Delinquenz gerecht zu werden, wird eine Typisierung vorgeschlagen, die sechs typische Zusammenhänge abbildet und als Grundlage differenzierter Angebote der Sucht- wie der Kriminaltherapie dienen kann.