Strafrecht. Strafverfolgung. Sanktionen
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Mit dem am 10. November 2016 in Kraft getretenen 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (50. StrÄndG) wurde vorrangig § 177 StGB grundlegend geändert. In der zuvor geführten Diskussion war eine zentrale Frage diejenige nach bestehenden Strafbarkeitslücken gewesen; also nach straffreien, aber als strafwürdig erachteten Sachverhalten. Eine solche Schutzlücke wurde primär darin gesehen, dass keine Strafbarkeit nach § 177 StGB a. F. eintrat, wenn es zwar zu sexuellen Handlungen gegen den Willen Betroffener kam, dies aber nicht mit einer Nötigung verbunden war. Das Gesetzgebungsverfahren zeigte auf, dass sich die eine oder andere bloße Annahme, insbesondere hinsichtlich der Gründe für nicht erfolgte Verurteilungen in Strafverfahren, in denen Beschuldigten die Begehung einer Straftat nach § 177 StGB a. F. vorgeworfen wurde, über die Zeit zu vermeintlicher Gewissheit verfestigte, ohne dass dieser empirisch-kriminologische Befunde zugrunde lagen.
In der vorliegenden Studie werden 80 freisprechende Urteile, die vor dem 31.12.2015 ergangen waren und damit sicher einen Tatvorwurf nach § 177 StGB a. F. zum Gegenstand hatten, im Hinblick auf ihre Gründe für diese gerichtlichen Entscheidungen analysiert. Zudem wurden weitere in den Urteilen enthaltene Angaben, etwa zum Tatgeschehen und zur Hauptverhandlung, erfasst. Unter den ausgewerteten Freisprüchen fanden sich fünf (6 %), bei denen es sich um sogenannte Schutzlückenfälle gehandelt haben könnte, wobei dieses Ergebnis nicht impliziert, dass es unter Anwendung des aktuellen § 177 StGB zwingend zu einer Verurteilung gekommen wäre.
Abschlussbericht der Expertenkommission zur Verbesserung der Aufklärung komplexer Unglücksereignisse
(2022)
Zehn Jahre nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg (24.06.2010) hat der Landtag Nordrhein-Westfalen die Einsetzung einer Expertenkommission beschlossen, um zukünftig die Aufklärung komplexer Unglücksereignisse zu verbessern. Der Beschluss erfolgte als Reaktion auf die Kritik an der (rechtlichen) Aufarbeitung des Loveparade-Unglücks (u. a. zu späte Anklageerhebung, lange Prozessdauer). Analysiert wird anhand des Beispiels des Gerichtsverfahrens zum Loveparade-Unglück, auf welche Art und Weise multikausale Unglücksereignisse bestmöglich aufgeklärt werden können. Dafür werden die verfahrensbestimmenden Dokumente (u. a. Anklageschrift, Beschlüsse) ausgewertet sowie am Verfahren maßgeblich beteiligte Personen interviewt. Im ersten Teil des Berichts stellt die Expertenkommission zwanzig Vorschläge zur Verbesserung der Aufklärung komplexer Unglücksereignisse vor und erörtert diese detailliert (u. a. Modifizierung der Verjährungregelungen, Einsatz von Opferstaatsanwälten bzw. Opferstaatsanwältinnen, Überarbeitung des Adhäsionsverfahren, Einrichtung einer Sachverständigendatenbank, Bau geeigneter Sitzungssäle etc.). Zudem wird auf Einrichtungen der Schadensaufklärung im europäischen Ausland verwiesen. Im zweiten Teil des Berichts stellt die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) die Ergebnisse der Interviews vor (u. a. Verzögerungen bei Großverfahren, Personalausstattung, Öffentlichkeitsarbeit, Sachverständige etc.), welche sie im Auftrag der Expertenkommission ausgewertet hat.