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Untersucht wird die Arbeitszufriedenheit von Beschäftigten in Einrichtungen des Maßregelvollzugs. Die "Person-Job-Fit"-Theorie, die sich auf die Passung zwischen den Eigenschaften einer Person und den Bedingungen und Anforderungen einer bestimmten Arbeit bezieht, bildet die theoretische Grundlage der Studie. Anhand eines Online-Fragebogens, den deutschlandweit 347 im Maßregelvollzug Beschäftigte bearbeiteten, wurden verschiedene Variablen (allgemeine Merkmale wie z. B. Geschlecht, Alter oder Berufsgruppe; Persönlichkeitseigenschaften; Stationsklima) hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit der Arbeitszufriedenheit und dem Person-Job-Fit untersucht. Weiter wurde geprüft, welchen relativen Beitrag die einzelnen Variablen für die Aufklärung von Arbeitszufriedenheit und Person-Job-Fit leisten. Im Ergebnis zeigen sich auf personaler Ebene positive Zusammenhänge von Arbeitszufriedenheit bzw. Person-Job-Fit mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften wie Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit oder niedrige Ausprägung von Neurotizismus. Auch hinsichtlich der untersuchten Altersgruppen, Berufsgruppen und Geschlecht konnten signifikante Unterschiede festgestellt werden, z. B. zeigen Frauen eine höhere Arbeitszufriedenheit als Männer und unter den Berufsgruppen ist die Arbeitszufriedenheit im Pflege- und Erziehungsdienst am geringsten. Auf Limitationen der Studie wird hingewiesen.
In einer retrospektiven Studie wird die Anwendbarkeit verschiedener Rückfallprognoseinstrumente zur Vorhersage intramuralen Fehlverhaltens und Lockerungsmissbrauchs in der Sozialtherapie untersucht. Hierzu werden Akten von n = 129 zwischen 2013 und 2018 aus der Sozialtherapeutischen Anstalt Ludwigshafen entlassenen männlichen Straftätern analysiert. Betrachtet werden die statistisch-aktuarischen Vorhersagetools Static-99, SVG-5 und OGRS 3 sowie zwei anstaltsinterne Checklisten. Lockerungen werden in der Untersuchungsstichprobe größtenteils gewährt (84,5 %), wobei in ca. 12 % der Fälle ein Lockerungsmissbrauch festgestellt wird. Anhand von Disziplinarmaßnahmen operationalisiertes Fehlverhalten zeigt knapp die Hälfte der untersuchten Straftäter. Valide Vorhersagen von Lockerungsmissbräuchen erzielt neben SVG-5 insbesondere OGRS 3 (AUC = 0.77). Eine moderate bis hohe Prognosegüte für intramurales Fehlverhalten besitzen alle untersuchten Instrumente sowie eine Anstaltscheckliste zur Fluchtgefahr, wobei OGRS 3 auch hier die besten Werte zeigt. Weiterhin werden Korrelationen auf Einzelitem-Ebene betrachtet. Abschließend werden Grenzen der Verfahren diskutiert und weitere Forschung angeregt.
Die Nachsorge entlassener Sexualstraftäter erfolgt in Hessen durch einen Verein, der bis 2015 dezentral ambulante Behandlungen vermittelte und finanzierte. Zur Evaluation dieses Modells wurden 47 beteiligte Therapeuten schriftlich befragt, wovon 35 antworteten. Sie wandten zur Therapie von Kindesmissbrauchstätern und Konsumenten von Kinderpornographie vor allem kognitiv-behaviorale und gesprächspsychotherapeutische Ansätze an, nur selten speziell für Sexualstraftäter entwickelte Therapien. Kritisiert wird, dass sich bei der Auswahl einer Therapie nur 30 % der Befragten am sog. RNR-Modell (Risk - Need - Responsivity) nach Andrews und Bonta orientierten, dessen Bedeutung für die effektive Behandlung betont wird. 63 % gaben an, zu Therapiebeginn immer eine diagnostische Abklärung durchzuführen, 51 % mittels ICD-10. Andere angewandte standardisierte testpsychologische Untersuchungen bringen nicht zwingend kriminologisch relevante Erkenntnisse. 91 % der Therapeuten formulierten Weiterbildungsbedarf, vor allem in der kriminologischen Prognose und Diagnose. Vor- und Nachteile der dezentralen Behandlungsorganisation werden diskutiert, wobei die Wichtigkeit professioneller Standards für den Behandlungserfolg betont wird. Seit 2015 ist mit der Einrichtung einer Fachambulanz auch eine flächendeckende Orientierung am RNR-Modell vorgesehen.
Die Offender Group Reconviction Scale, Version 3 (OGRS 3) ist ein aktuarisches Kriminalprognoseinstrument zur Einschätzung des allgemeinen Rückfallrisikos während eines einjährigen bzw. zweijährigen Nachbeobachtungszeitraums. Die englischsprachige Originalversion der OGRS 3 (Francis et al. 2007; Howard et al. 2009; National Offender Management Service 2009) wurde in Großbritannien auf der Basis einer Normierungsstichprobe von über 79 000 Personen entwickelt und wird dort seit 2008 routinemäßig in der Bewährungshilfe eingesetzt. Die OGRS 3 umfasst sechs Items zu verschiedenen soziodemografischen Parametern, zur strafrechtlichen Vorbelastung und zum aktuellen Hauptdelikt. Sie eignet sich für männliche sowie weibliche straffällig gewordene Personen und ist unabhängig von der Art des Indexdeliktes einsetzbar.
Mit diesem BM-Online-Band wird die offizielle deutsche Übersetzung der OGRS 3 für die praktische Anwendung zur Verfügung gestellt. Ergänzend dazu kann ein Excel-basiertes Berechnungs-Tool (Stand: 13.01.2022) zur Unterstützung der Anwendung der OGRS 3 in deutscher Sprache heruntergeladen werden, mit dem eine automatisierte Berechnung der OGRS 3-Risikowerte vorgenommen werden kann.
Im Rahmen eines zweijährigen Projektes wurde eine Betreuungsstruktur der hessischen Bewährungshilfe evaluiert. Das Sicherheitsmanagement (SIMA) II betreut wegen Gewaltdelikten verurteilte Personen mit erhöhtem Rückfallrisiko sowie Führungsaufsichtsprobanden/-innen mit negativer Sozialprognose. Die Betreuungsintensität der Probanden/-innen des SIMA II wird auf Basis initialer Risikoeinschätzungen bestimmt. Mit dieser Priorisierung orientiert sich der Fachbereich am international führenden Rehabilitationsmodell im Bereich der Behandlung straffälliger Personen – dem Risk-Need-Responsivity (RNR)-Modell. Ziel des Projektes war es, die Qualität der Risikoeinschätzungen (Projektteil 1) und die rückfallpräventive Wirksamkeit der risikoorientierten Betreuung (Projektteil 2) zu überprüfen. Darüber hinaus sollten anhand von Interviews die Perspektive der Bewährungshelfer/-innen des SIMA II und ggf. Optimierungspotentiale untersucht werden (Projektteil 3). Im Ergebnis erweisen sich beide im Fachbereich eingesetzten Risikoeinschätzungsinstrumente als reliabel und valide, lassen jedoch gleichzeitig Raum für Optimierung. Analysen von Auszügen aus dem Bundeszentralregister zeigen eine Reduktion allgemeiner sowie einschlägiger Rückfälligkeit der SIMA II-Klientel im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die vor Einführung des neuen Fachbereichs in der hessischen Bewährungshilfe betreut worden war. Auch die befragten Mitarbeiter/-innen des SIMA II beurteilen die spezialisierte, risikoorientierte und wissenschaftliche Ausrichtung des SIMA II mehrheitlich positiv, weisen jedoch gleichzeitig auf Verbesserungsmöglichkeiten hin. Insgesamt sprechen die Ergebnisse der Evaluation für die kriminalpräventive Wirksamkeit der Betreuung im SIMA II sowie für den Nutzen des Risikoprinzips im Kontext von Bewährungshilfe.
Ziel der Studie ist es zu überprüfen, ob Viktimisierungserfahrungen von sexuellem Missbrauch in der Kindheit (unter 16 Jahren) und frühe, nicht missbräuchliche sexuelle Erfahrungen und Verhaltensweisen (z. B. Masturbationsverhalten) mit der Entstehung pädosexueller Neigungen bei Männern zusammenhängen. Zu diesem Zweck werden biografische Daten von N = 223 aus Österreich stammenden Sexualstraftätern untersucht, die aufgrund sexueller Übergriffe gegen Kinder zwischen 2000 und 2008 zu einer Haftstrafe verurteilt wurden. Es wird konstatiert, dass eigene Viktimisierungserfahrungen mit der Entstehung pädosexueller Neigungen im späteren Lebensverlauf korrelieren. Nach hier vertretener Ansicht kann dies in einigen Fällen damit erklärt werden, dass im Zuge der Verarbeitung eigener Opfererfahrungen sich Sex mit Kindern zu einer für das Individuum akzeptablen Fantasie entwickelt. Bezüglich eigener Viktimisierungserfahrungen ist die Rate bei Männern, die von einer ausschließlich pädophilen Paraphilie betroffen sind, dreimal höher als bei Männern ohne pädophile Paraphilie. Darüber hinaus geht aus der Untersuchung hervor, dass die wöchentliche Masturbationsrate während der Pubertät und nicht missbräuchliches Sexualverhalten Indikatoren für pädosexuelle Paraphilien und für Rückfälligkeit darstellen. Männer, bei denen eine ausschließlich pädophile Paraphilie vorliegt, zeigen die höchste Rate an frühen sexuellen Erfahrungen und Verhaltensweisen. Abschließend werden Limitationen der Studie diskutiert.
Behandelt wird der gestiegene Qualifizierungs- und Gutachtenbedarf in der Kriminalprognostik in den vergangenen Jahren und wie diesem Bedarf ohne Qualitätseinbußen nachgekommen werden kann. Nach dem Hinweis auf das Erfordernis einer besonderen Sachkunde von Prognosesachverständigen werden Prognosebezüge und Zuständigkeiten einzelner Fachdisziplinen behandelt. Daraus wird abgeleitet, dass die benötigte Prognosesachkunde im Wesentlichen durch Zusatzqualifizierungen statt in grundständigen Studiengängen erworben wird und die kriminalprognostische Begutachtung auf eine Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachdisziplinen angewiesen ist. Es wird geschlussfolgert, dass die Bemühungen um eine solche Zusammenarbeit in der Begutachtungspraxis und bei der Aus- bzw. Fortbildung sowie dem Qualitätsmanagement intensiviert werden sollten.
Im Zentrum der kriminalprognostischen Begutachtung steht der individuelle Beurteilungsfall. Aus straf- und verfassungsrechtlichen Grundprinzipien wird das Erfordernis einer Berücksichtigung individueller Besonderheiten hergeleitet. Herausgearbeitet wird, dass zur Herstellung des gebotenen Einzelfallbezugs kontext- und veränderungsintensive Methoden einzusetzen sind. Insbesondere hängt die - jeweils gesondert zu prüfende - Kriminorelevanz festgestellter Einzelumstände vom Lebenskontext ab. Deshalb müssen auch prognostische Einschätzungen selbst die dafür maßgeblichen Kontextvariablen benennen, wobei diese Variablen unter Umständen von der Prognosebeurteilung selbst mitbestimmt werden.
Untersucht wird der Zusammenhang zwischen einem Heimaufenthalt in der Kindheit und dem aktuellen Rückfallrisiko für erneute Sexualstraftaten sowie ob der Zusammenhang durch potenziell traumatisierende Kindheitserfahrungen (sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung, emotionale Vernachlässigung) vermittelt wird. Die Stichprobe setzt sich aus N = 159 männlichen Sexualstraftätern zusammen, die zwischen 2010 und 2018 in der Sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg inhaftiert waren. Die verwendeten Daten basieren auf Akteninformationen (u. a. Urteil, Bundeszentralregisterauszüge, Gutachten) und semistrukturierten Interviews. Die Gruppe mit einem Heimaufenthalt in der Kindheit wies einen niedrigeren sozioökonomischen Status, mehr familiäre Risikofaktoren sowie eine frühere und stärker delinquente Entwicklung auf. Zudem erzielte sie ein höheres Rückfallrisiko. Für das stabil-dynamische, nicht jedoch für das statische Rückfallrisiko wurde dieser Zusammenhang durch den kumulativen Effekt der Anzahl unterschiedlicher potenziell traumatisierender Kindheitserfahrungen vermittelt. Dies deutet darauf hin, dass ein erheblicher Anteil von inhaftierten Sexualstraftätern, die negativen Kindheitserfahrungen ausgesetzt und im Kinderheim untergebracht waren, ein höheres Rückfallrisiko aufweisen und im Erwachsenenalter einer besonderen Betreuung und Kontrolle bedürfen.
Im Rahmen des Forschungsprojekts "Evaluation der sozialtherapeutischen Anstalt Hamburg (SothA-HH)" wurden zu mehreren Messzeitpunkten von 2010 bis 2015 Daten von n = 193 männlichen Straftätern erhoben. Hierzu wurden die Probanden aus der SothA-HH anhand verschiedener Instrumente der standardisierten Diagnostik und Risikoeinschätzung durch externe Personen beurteilt. Die ermittelten Werte werden mit anderen Straftäterstichproben aus dem deutschsprachigen Raum verglichen. Die Auswertung soziodemographischer und biographischer Daten weist auf eine insgesamt psychosozial hochbelastete Population hin. Sexualstraftaten und sonstige nicht sexuell motivierte Gewaltstraftaten stellen die Mehrheit der Indexdelikte dar. Bei der Gegenüberstellung der kriminalprognostischen Daten dieser Tätergruppen werden vor Beginn der Therapie bei den nicht sexuell motivierten Gewaltstraftaten höhere Werte in der Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R) sowie ein erhöhtes Rückfallrisiko festgestellt. Gründe hierfür werden diskutiert.