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Im 27. Jahr der Erhebungsreihe zur Situation in den sozialtherapeutischen Einrichtungen zeigt sich eine weitere Stabilisierung der strukturellen Gegebenheiten. In diesem Berichtsjahr wurde eine sozialtherapeutische Einrichtung geöffnet und eine geschlossen, sodass weiterhin 71 Einrichtungen vorhanden sind, die geringfügig mehr Haftplätze zur Verfügung stellen konnten als im Vorjahr. Es wird weiterhin die Tendenz einer Versorgungssättigung gesehen, obwohl die Zahl der Gefangenen in sozialtherapeutischen Einrichtungen zum Stichtag 2023 geringfügig anstieg. Insgesamt lässt sich eine leicht sinkende Belegungsquote im Vergleich zum Vorjahr beobachten, ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortsetzt. In diesem Berichtsjahr stieg der Anteil der Gefangenen, die älter als 50 Jahre alt sind im Gegensatz zum Vorjahr wieder leicht an, während der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden sich, sowie bereits in den vergangenen zwei Erhebungsjahren, auch zum Stichtag 2023 weiter verringerte. Sexualstraftäter*innen stellten etwas mehr als die Hälfte der Inhaftierten in der Sozialtherapie. Der Anteil der Gefangenen, die keine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen innehatten oder höchstens zu Ausführungen zugelassen waren, betrug in diesem Jahr etwas mehr als 81%. Die Fachdienstausstattung blieb auf gleichbleibend günstigem Niveau mit lediglich 5,6 Haftplätzen auf einer Fachdienststelle. Weitere Ergebnisse und Entwicklungen werden im Bericht dargestellt.
Anschließend an die Studie zur Untersuchung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Sozialtherapeutischen Einrichtungen (SothEn) im Jahr 2020 hat der Arbeitskreis für Sozialtherapeutische Einrichtungen im Justizvollzug e. V. für das Jahr 2021 eine Folgestudie initiiert und gemeinsam mit der Kriminologischen Zentralstelle e. V. realisiert. Die Leiter/-innen der 71 SothEn in Deutschland wurden schriftlich befragt. Die Rücklaufquote lag bei 67,6 % (N = 48). Der Fragebogen erfasst folgende Themenfelder: (1) Corona-Erkrankungen des Personals sowie der Inhaftierten, (2) Einführung der Maskenpflicht, (3) Einschränkungen der therapeutischen Arbeit und des Tagesgeschäfts, (4) Innovationen, (5) strukturelle Veränderungen im Organisationsaufbau bzw. Personalstruktur, (6) Auswirkungen auf das Beziehungsverhältnis Behandlungsteam vs. Patient/-in, (7) Auswirkungen auf die Behandlungsbereitschaft der Patienten bzw. Patientinnen, (8) Auswirkungen auf das Behandlungsteam bzgl. Motivation und Optimismus, (9) Auswirkungen auf Risikofaktoren und Kriminalprognose, (10) Gesamteinschätzung. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt ein heterogenes Bild zwischen den verschiedenen SothEn. Es werden sowohl geringe als auch starke Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf therapeutische Maßnahmen, Gefangenenarbeit, Sportangebote, Beziehungsverhältnis, Behandlungscompliance sowie Berufsmotivation berichtet. Hinsichtlich der Realisierung von Gefangenenbesuch und vollzugsöffnenden Maßnahmen haben alle SothEn Einschränkungen verhängt. Zudem wird die Vorbereitung auf die Haftentlassung von allen SothEn als ungenügend bezeichnet. Eine Folgestudie wird als sinnvoll erachtet.
Vorgestellt wird der 2020 veröffentlichte achte Bericht des Justizvollzugsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 2019. Die Anzahl der Eingaben bzw. vorgebrachter Anliegen ist im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 % gesunken (2018: 364; 2019: 340). Die von Bediensteten ausgehenden Anliegen sind hingegen geringfügig gestiegen (2018: 5; 2019: 13). Diese betreffen vor allem das Beförderungs- und Beurteilungswesen, thematisieren aber auch Mängel an der medizinischen Versorgung von Gefangenen. Auch die Eingaben der Gefangenen beanstanden die medizinische Versorgung. Hierbei rückt die JVA Hagen in den Fokus, für die aktuell kein Anstaltsarzt zur Verfügung steht. Ähnlich wie im Vorjahr sind Anliegen bezüglich nicht gewährter vollzugsöffnender Maßnahmen in den Eingaben stark vertreten. Eine Verbesserung wird hingegen bei der Aushändigung schriftlicher Bescheide für negative Entscheidungen konstatiert. Ein Großteil der von ausländischen Gefangenen vorgebrachten Anliegen bezieht sich auf Alltagsfragen, medizinische und psychologische Anliegen sowie Kontakte zur Familie. Weitere Themengebiete wie Radikalisierungsprävention im Strafvollzug, Jugendarrest, Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen sowie Vollzug und Öffentlichkeit werden erörtert.
Vorgestellt wird der am 17. Juni 2019 veröffentlichte siebte Tätigkeitsbericht des Justizvollzugsbeauftragten des Landes NRW für das Jahr 2018. Die Anzahl der Eingaben bzw. vorgebrachter Anliegen ist 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 11 % gestiegen (insgesamt 328 für das Jahr 2017, 364 für das Jahr 2018). Bei den Eingaben der Gefangenen fällt vor allem die Unzufriedenheit hinsichtlich der medizinischen Versorgung auf. Die unterbliebene Gewährung von vollzugsöffnenden Maßnahmen und die untersagte Verlegung in eine Einrichtung des offenen Vollzugs stellen ebenfalls häufige Beschwerdegründe dar. Weiterhin wird konstatiert, dass aufgrund fehlender Fachkräfte und geeigneter Behandlungsmaßnahmen die adäquate Vorbereitung auf den offenen Vollzug nicht gewährleistet werden kann. Ungefähr 30 % der Gefangenenanliegen wurde von ausländischen Gefangenen vorgebracht. Diese beziehen sich u. a. auf Alltagsfragen, medizinische und psychische Versorgung sowie Kontakt zu Familie und Freunden. 2018 wurden sechs Eingaben vonseiten der Bediensteten registriert. Diese betreffen primär das Beförderungs- und Beurteilungswesen. Weitere Themengebiete wie der offene Vollzug und der Jugendarrest werden erörtert. Abschließend wird die Planung für das Jahr 2019 kurz umrissen. Diese umfasst u. a. die Wiederaufnahme der Tätigkeit der Arbeitsgruppe „Umgang mit psychisch-auffälligen Gefangenen“.
Vorgestellt wird der 2016 veröffentlichte sechste Tätigkeitsbericht des Justizvollzugsbeauftragten des Landes NRW für das Jahr 2015. Die Anzahl der Eingaben bzw. vorgebrachter Anliegen hat sich leicht erhöht (460 für das Jahr 2014 und 470 für das Jahr 2015). Ähnlich wie im Vorjahr liegt der Fokus der Eingaben auf der Ausgestaltung von Außenkontakten, vollzugsöffnenden Maßnahmen, Verlegungen, Beschwerden im Umgang mit Gefangenen und der medizinischen Versorgung. Als neue Tätigkeitsschwerpunkte kommen hinzu: (1) Der Umgang mit Lebensälteren, (2) Frauen im Strafvollzug und (3) Jugendarrest. Für die Gewährleistung einer altersbezogenen Vollzugsgestaltung wurde z. B. in der JVA Rheinbach eine Abteilung für Lebensältere eingerichtet. Es wird konstatiert, dass für schwangere Frauen im Strafvollzug der Zugang zur Gesundheitsfürsorge erheblich erschwert ist. Vor diesem Hintergrund wird empfohlen, den Zeitpunkt für den Strafantritt bei schwangeren Frauen genauer zu bedenken. Die im vorigen Bericht empfohlene Einrichtung einer ärztlichen Schlichtungsstelle hat sich nach eingehender Prüfung als untauglich erwiesen. Aus der Beurteilung des Jugendarrests wird u. a. geschlussfolgert, dass pädagogische Gestaltungsgrundsätze im Vollzug besser in die anschließende Bewährungssituation übergeleitet werden müssen. Weitere Themen wie die Nutzung neuer Medien durch Gefangene, Migranten im Vollzug und familiensensible Gestaltung des Strafvollzugs werden erörtert.
Vorgestellt wird der 2015 veröffentlichte fünfte Tätigkeitsbericht des Justizvollzugsbeauftragten des Landes Nordrhein-Westfalen für die Jahre 2013 und 2014. Es wird konstatiert, dass 75 % der Eingaben bzw. vorgebrachten Anliegen während des Bearbeitungszeitraums (389 im Jahr 2013 und 349 im Jahr 2014) von Gefangenen aus dem geschlossenen Vollzug stammen. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf Aspekten des Umgangs mit den Gefangenen, der Ausgestaltung von Außenkontakten und der medizinischen Versorgung von Gefangenen. Es werden u. a. Defizite im transparenten Umgang mit den Gefangenen festgestellt. Hiernach erhalten Gefangenen regelmäßig keine Belege bezüglich der Abgabe von Anträgen. Empfohlen wird die Aushändigung einer Eingangsbestätigung zur Gewährleistung von Zufriedenheit und allgemeiner Zugänglichkeit bei den Untergebrachten. Um den schädlichen Folgen des Freiheitsentzuges entgegenzuwirken wird z. B. dafür plädiert, familiäre Besuchskontakte vorrangig zu gewähren und Außenkontakte durch Telefonate und Ausgänge zu fördern. Beanstandet wird zudem die unzureichende Anzahl von Behandlungsplätzen für psychisch auffällige Gefangene. Eine Erweiterung des Angebots sowie die Kooperation mit auswärtigen Kliniken wird angeregt. Die Einrichtung einer ärztlichen Schlichtungsstelle für den Justizvollzug zur Gewährleistung einer transparenten Gesundheitsfürsorge wird empfohlen. Weitere Aufgaben- und Themenschwerpunkte werden besprochen.
Islamistische Radikalisierung erkennen und vermeiden : Präventionsmöglichkeiten im Justizvollzug
(2021)
Das von 2018 bis 2020 an der Kriminologischen Zentralstelle durchgeführte Projekt "Islamistische Radikalisierung erkennen und vermeiden - Prävention im Justizvollzug" und das daraus resultierende "Praxishandbuch Extremismus und Justizvollzug - Islamistischer Radikalisierung begegnen" werden vorgestellt. Das Praxishandbuch unterstützt die Mitarbeitenden des Allgemeinen Vollzugsdienstes darin, im Rahmen der Ressourcen der eigenen Justizvollzugsanstalt einen speziell auf den Einzelfall ausgerichteten individuellen Handlungsplan zur deradikalisierenden Intervention zu erstellen. Das Vorgehen erstreckt sich über vier Schritte: (1) Konkretisierung des Anfangsverdachts, (2) Bildung eines Interventionsteams und Durchführung einer Bestands- und Bedarfsanalyse der Anstalt, (3) Auswahl von Deradikalisierungsmaßnahmen, (4) Berücksichtigung von Qualitätsmerkmalen. Deradikalisierungsmaßnahmen können dabei bei den Inhaftierten (Mikroebene), bei den Bediensteten (Mesoebene) und auf Anstaltsebene (Makroebene) ansetzen. Auf Mikroebene nehmen neben Einzelmaßnahmen vor allem ein strukturierter Vollzugsalltag mit ausreichender Freizeitgestaltung sowie die originäre Resozialisierungsarbeit eine wichtige Rolle ein. Auf Mesoebene rücken insbesondere die Wissensvermittlung, das Kompetenztraining und die Anerkennung der geleisteten Arbeit in den Fokus und auf Makroebene ein positives Anstaltsklima. Abschließend wird konstatiert, dass der multifaktoriell bedingte Phänomenbereich Extremismus einen komplexen Präventionsansatz erfordert.
Vorgestellt werden der am 7. Januar 2020 veröffentlichte Evaluationsbericht der Landesregierung Nordrhein-Westfalen (NRW) über das nordrhein-westfälische Strafvollzugsgesetz sowie die zentralen Forschungsergebnisse des vom Kriminologischen Dienst NRW durchgeführten Forschungsprojektes EVALiS (Evaluation im Strafvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen). Gegenstand der Untersuchung sind: (1) Belegungsentwicklung im Strafvollzug, (2) Motivierungsgebot und Behandlungsauftrag im Strafvollzug, (3) Behandlungsmaßnahmen im Strafvollzug, und (4) weitere Behandlungsmaßnahmen und Übergangsmanagement. Es wird konstatiert, dass seit der Jahrtausendwende bis zum Jahr 2015 ein Rückgang in der Vollzugsbelegung zu verzeichnen ist, von 2015 bis 2018 wird hingegen ein leichter Anstieg registriert. Darüber hinaus wird u. a. dargelegt, dass mit einer wachsenden Zahl weiblicher Gefangener zu rechnen sein wird und weniger junge, aber mehr ältere Strafgefangene untergebracht werden müssen. Nach aktueller Datenlage besteht kein Bedarf zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes hinsichtlich der Umsetzung des Motivationsgebotes, damit einhergehend steht aber auch die Forderung nach beispielsweise personellen und finanziellen Ressourcen. Bezüglich des Behandlungsangebots der Vollzugsanstalten wird konstatiert, dass therapeutischen und deliktorientierten Angeboten nur ein geringer Wert zukommt und diese in einzelnen Justizvollzugsanstalten gänzlich fehlen. Für die Angebote zum Übergangsmanagement werden im Bereich „Arbeit und Ausbildung“ gute Ergebnisse ermittelt, während für die Bereiche „Sucht“ und „Schulden“ noch Erweiterungsbedarf festgestellt wird.
Sozialtherapeutische Einrichtungen des Justizvollzugs (SothEn) dienen der Behandlung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern bzw. Straftäterinnen aus dem Deliktsbereich der Gewalt- und Sexualstraftaten, um das Rückfallrisiko nachhaltig zu reduzieren. Die Kriminologische Zentralstelle führt seit 1997 jährlich eine Stichtagserhebung zur Sozialtherapie durch, wobei 2021 der Standardfragebogen durch einen Zusatzfragebogen ergänzt wurde. Dieser erfasste unterschiedliche Merkmale zur Aufnahme, Verbleib und Beendigung einer sozialtherapeutischen Behandlung in allen 71 SothEn in Deutschland. Aufnahmen erfolgten im gleichen Maße nach aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen für Sexual- und Gewaltstraftäter/-innen sowie durch Einzelfallentscheidungen. Eine Diagnostik der Gefangenen bei der Aufnahme war die Regel und erfolgte meist in der eigenen Einrichtung. Darüber hinaus fanden in drei Viertel der Einrichtungen vorab vereinbarte Probephasen zur Aufnahme statt. In der Regel fanden Behandlungsabbrüche meist in den ersten zwölf Monaten statt. Eine Nachbetreuung in Form von Bewährung oder Führungsaufsicht war im Großteil der Fälle gegeben. Obwohl Probephasen mit Motivationsmaßnahmen bei der Aufnahme in die SothEn vorhanden waren, war die Zahl der Abbrüche aufgrund unzureichender Behandlungsmotivation unverändert hoch, weshalb insbesondere die Motivationsförderung der Hochrisikoklientel weiterhin empfohlen wird.
Der vorliegende Bericht zur Evaluation der Behandlungsmaßnahmen hat zum Ziel, die jeweilige Vollzugspopulation näher zu beschreiben, die im Vollzug vorgehaltenen Behandlungsprogramme zu strukturieren und zu analysieren sowie auf weitere Möglichkeiten der Evaluation hinzuweisen. Nach einem Überblick über die Grundlagen der Evaluationsforschung sowie der Besonderheiten der Evaluation von Behandlungsmaßnahmen im Vollzug werden die Bereiche Strafvollzug und Jugendstrafvollzug in eigenen Abschnitten dargestellt (Teil I: Strafvollzug, Teil II: Jugendstrafvollzug). Die Abschnitte behandeln jeweils methodische Hinweise und Datenquellen, Ergebnisse der Erhebungen und Auswertungen sowie Schlussfolgerungen. Teil I (Strafvollzug) stellt die Ergebnisse der Strukturdatenanalyse sowie der Erhebung der Behandlungsmaßnahmenverläufe dar und geht auf besondere Vorkommnisse im Vollzug wie Gewalt unter Strafgefangenen und Suizid ein. Für Teil II (Jugendstrafvollzug) werden zusätzlich zu den Strukturdaten und Behandlungsmaßnahmen die Ergebnisse der durchgeführten Falldatenerhebung dargestellt. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf den (Jugend-)Strafvollzug diskutiert.
Die vorliegende Studie untersucht, inwiefern kriminalprognostische Verfahren sich auch zur Vorhersage von Lockerungsmissbräuchen und intramuralen Regelverstößen in Justizvollzugsanstalten eignen. Es werden die Validität der dritten Version der Offender Group Reconviction Scale (ORGS 3) und des Screeninginstruments des Gewaltrisikos (SVG-5) und weiterer Prädiktoren, darunter Suchtproblematik, stabile Lebenssituation und Verstöße gegen Bewährungsauflagen, untersucht. Die analysierte Gesamtstichprobe (N = 200) besteht aus männlichen Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Frankenthal im Durchschnittsalter von M = 37,98 Jahren zum Untersuchungszeitpunkt im Sommer des Jahres 2019. Die Auswahl der Gesamtstichprobe erfolgte zweistufig: (1) es wurden n = 100 Gefangenenpersonalakten von Straftätern mit genehmigten Vollzugslockerungen und (2) n = 100 Gefangenenpersonalakten ohne gewährte Lockerungen ausgewählt. Für die Prognoseinstrumente ergeben sich überwiegend geringe bis maximal moderate Effektstärken: für die ORGS 3: AUC = 0,522 bis 0,556 und für das SVG-5: AUC = 0,561 bis 0,653. Es wird geschlussfolgert, dass beide Instrumente bezüglich der Vorhersage von Lockerungsmissbräuchen und intramuralen Verstößen im Regelvollzug als nicht prädiktiv einzustufen sind. Abschließend wird konstatiert, dass die Untersuchung trotz methodischer Einschränkungen das Potenzial aktuarischer Prognoseinstrumente für die Prädiktion von Lockerungsmissbräuchen und intramuralem Fehlverhalten aufzeigen konnte.
Im 26. Jahr der Erhebungsreihe zur Situation in den sozialtherapeutischen Einrichtungen zeigt sich eine weitere Stabilisierung der strukturellen Gegebenheiten. In diesem Berichtsjahr wurde eine sozialtherapeutische Einrichtung geöffnet und eine geschlossen, sodass weiterhin 71 Einrichtungen vorhanden sind, die geringfügig weniger Haftplätze zur Verfügung stellen konnten als im Vorjahr. Dennoch wird weiterhin die Tendenz einer Versorgungssättigung gesehen, obwohl die Zahl der Gefangenen in sozialtherapeutischen Einrichtungen geringfügig sank. Folglich lässt sich auch eine sinkende Belegungsquote beobachten, ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortsetzt. In diesem Jahr sank der Anteil der Gefangenen, die älter als 50 Jahre alt sind leicht, wobei der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden sich ebenfalls weiter verringerte. Sexualstraftäter*innen stellten wieder die Hälfte der Inhaftierten in der Sozialtherapie. Der Anteil der Gefangenen, die keine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen innehatten oder höchstens zu Ausführungen zugelassen waren, betrug in diesem Jahr etwas mehr als 82%, was einem neuen Höchststand entspricht. Die Fachdienstausstattung blieb auf gleichbleibend günstigem Niveau mit lediglich 5,7 Haftplätzen auf einer Fachdienststelle. Weitere Ergebnisse und Entwicklungen werden im Bericht dargestellt.
Die vorliegende Forschungsdokumentation zu vollzugsbezogenen Projekten ist in Zusammenarbeit mit GESIS - Leibniz Institut für Sozialwissenschaften entstanden. Dokumentiert werden Studien aus den Jahren 1987 bis 2010, die in den einschlägigen Fachdatenbanken der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) und des GESIS - Leibniz-Instituts für Sozialwissenschaften nachgewiesen sind. Die Dokumentation enthält u.a. Forschungsarbeiten zu den Gefangenen (psychosoziale Lage, Drogen, Gewalt und Suizid, junge Männer, Frauen, Ausländer, Sexualstraftäter, Rückfällige), zu Aspekten von Planung und Gestaltung (Soziales Training, Behandlung, Bildung und Arbeit, Sport, Entlassungsvorbereitung und Vollzugslockerungen), Vollzugspersonal und externen
Helfern sowie Gefängnisarchitektur und historischen Fragen.
Die im Band enthaltenen Beiträge gehen auf eine von der KrimZ 2007 in Wiesbaden veranstaltete Fachtagung zurück. Sie geben einen praxisbezogenen Überblick mit kritischen Stellungnahmen zu aktuellen Entwicklungen in der Strafrechtspflege, die man mit dem Stichwort „Privatisierung" zusammenfassen kann. Dabei geht es auch um Vergleichsmöglichkeiten zwischen verschiedenen Praxisfeldern, gehen Überlegungen zur Modernisierung und Optimierung öffentlicher Aufgaben doch weit über den Strafvollzug hinaus. Zwar werden Privatisierungen auch im sensiblen Bereich des Strafrechts in einigen Ländern eher als selbstverständlich angesehen als in Deutschland. Dennoch werden für die Sozialen Dienste der Justiz je nach Bundesland gegenwärtig recht unterschiedliche Reformen angestrebt. Im Strafvollzug erproben die Länder verschiedene Modelle der Kooperation mit privaten Unternehmen. Am weitesten gediehen sind die Privatisierungsbestrebungen im Bereich psychiatrischer Krankenhäuser einschließlich des Maßregelvollzugs.
Der Übergang vom Strafvollzug bzw. von der Unterbringung im psychiatrischen Maßregelvollzug in die Entlassung zur Bewährung ist für die Resozialisierung von Gefangenen bzw. Untergebrachten und damit nicht zuletzt auch für die Sicherheit der Bevölkerung von entscheidender Bedeutung. Die ambulante Nachsorge im Anschluss an den stationären Aufenthalt stellt hierbei ein wichtiges Bindeglied dar. Schließlich sind die Ursachen der (erneuten) Straffälligkeit in aller Regel nicht eng umgrenzte Störungen, die nach intramuraler Behandlung beseitigt sind, vielmehr bedürfen stationäre Maßnahmen der Ergänzung und Fortsetzung durch nachgehende, extramurale Betreuung und Hilfsangebote, namentlich bei Straftätern mit erhöhtem Rückfallrisiko. Der Band dokumentiert die Ergebnisse einer 2003 von der KrimZ in Wiesbaden veranstalteten Fachtagung, in deren Rahmen das komplexe Thema aus der Sichtweise und Erfahrung mehrerer Experten aus Praxis und Wissenschaft vorgestellt und diskutiert wurde.
Neue Wege des (offenen) Vollzuges sowie die damit verbundenen Erfahrungen in Ost- und Westdeutschland standen im Mittelpunkt einer bundesweiten Fachtagung, die vom 5. bis 8. September 2000 in der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern, durchgeführt wurde und deren Ergebnisse dieser Band dokumentiert. Die Veranstaltung wurde organisiert von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Kooperation mit der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) und dem Justizministerium Mecklenburg-Vorpommern. Die Beiträge vermitteln zum einen wesentliche kriminalpolitische Grundpositionen zur Öffnung des Vollzuges und zu Fragen der Resozialisierung sowie aktuelle kriminologische Erkenntnisse bezüglich der Praxis und Entwicklung des Strafvollzuges in Ost und West und zu punitiven Einstellungen der Bevölkerung. Den Schwerpunkt des Bandes bilden Berichte aus verschiedenen Bundesländern über praktische Erfahrungen bei der Gestaltung des Strafvollzuges, namentlich hinsichtlich des offenen Vollzuges sowie von Vollzugslockerungen.
Die Umsetzung der vom Arbeitskreis Sozialtherapeutischer Anstalten im Justizvollzug (AK SothA) 2016 formulierten Mindestanforderungen an die sozialtherapeutischen Einrichtungen im Justizvollzug (SothEn) wird anhand einer Abfrage bei den 71 aktiven SothEn im Rahmen der von der Kriminologischen Zentralstelle durchgeführten jährlichen Stichtagserhebung erfasst. Der jährliche Fragebogen wird hierfür um einen Zusatzbogen ergänzt und von den jeweiligen zuständigen Personen in den SothEn ausgefüllt. Erfasst werden folgende Themenschwerpunkte: (1) Aufnahme der Gefangenen, (2) besondere Anforderungen an Sozialtherapeutische Abteilungen, (3) organisatorische und strukturelle Mindestanforderungen, (4) räumliche und (5) personelle Mindestanforderungen, (6) Mindestanforderungen an Dokumentation und Evaluation. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere im Bereich der besonderen Anforderungen an sozialtherapeutische Abteilungen (z. B. Arbeitsbereich, Finanzmittel, Verwaltungskräfte) Defizite bestehen. Zudem fällt auf, dass mehr als zwei Drittel der SothEn nicht als Praktikumsstätte dienen und die Behandlungsdokumentation in ca. der Hälfte der SothEn nicht oder selten wissenschaftlich ausgewertet wird. Es wird konstatiert, dass viele der Mindestanforderungen in den SothEn umgesetzt werden, es jedoch weiterhin Optimierungsbedarf gibt. Insbesondere die Trennung der SothEn vom Regelvollzug wird als bedeutsam eingestuft und als zukünftige Umsetzungsmaßnahme empfohlen.
Die vorliegende Studie, die gemeinsam vom Arbeitskreis für Sozialtherapeutische Einrichtungen e. V. und der Kriminologischen Zentralstelle initiiert und ausgewertet wurde, erfasst Veränderungen und Konsequenzen in den sozialtherapeutischen Einrichtungen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben haben. Mithilfe eines Fragebogens werden Daten von 40 sozialtherapeutischen Einrichtungen aus 13 Bundesländern zum Stichtag 08.05.2020 erhoben. Erfasst werden folgende Daten und Arbeitsbereiche: (1) Corona-Fälle, (2) Bestehen einer Maskenpflicht, (3) Einschränkungen in Therapie und Tagesgeschäft, (4) Innovationen, (5) strukturelle Veränderungen, (6) Beziehung zwischen Inhaftierten und Behandlungsteams und (7) Gesamteinschätzung. Insgesamt geben die Befragten eine moderate bis sehr starke Veränderung durch die Corona-Situation an, beispielsweise mussten Arbeits- und Wohngruppen umorganisiert werden, Gruppentherapien wurden ganz oder teilweise eingestellt, Kontaktsportarten wurden verboten, vollzugsöffnende Maßnahmen und Besuche ausgesetzt. Teilweise erhielten die Inhaftierten die Möglichkeit, Kontakt zu Bezugspersonen außerhalb der Einrichtung per Telefon und Skype aufrecht zu halten. In einigen Einrichtungen wurden die Sozialtherapeutischen Einrichtungen ganz oder teilweise geschlossen, da die Räumlichkeiten für Quarantäne-Abteilungen benötigt wurden bzw. das Personal anderweitig eingesetzt wurde. Durch Kohortenbildung sowohl beim Personal als auch bei den Inhaftierten wurde der fachliche Austausch bzw. die Kommunikation stark eingeschränkt. Empfohlen wird eine zweite Erhebung, um nachhaltige Veränderungen und Bewältigungsstrategien zu erfassen.
Berichtet wird über zwei Teilbereiche eines 2016/2017 durchgeführten Forschungsprojektes der Kriminologischen Zentralstelle zu politischem bzw. religiösem Extremismus und Justizvollzug. Als Teil einer Analyse wissenschaftlicher Fachliteratur werden zu Fachbeiträgen Abstracts angefertigt, die in die Datenbank KrimLit eingespeist werden sollen. Zudem wird eine synoptische Übersicht der gewonnenen Erkenntnisse erstellt. In einem weiteren Projektteil werden in einer quantitativen Erhebung alle deutschen Jugendstrafanstalten schriftlich zu bisherigen konkreten Erfahrungen zum Thema befragt. Der islamistische Extremismus bildet einen Schwerpunkt des Projekts. Auf erste Forschungserkenntnisse wird hingewiesen.
Sozialtherapie in den 90er Jahren : gegenwärtiger Stand und aktuelle
Entwicklung im Justizvollzug
(1993)
Der vorliegende Band gliedert sich in zwei Hauptteile: In einem ersten Teil werden einzelne Aufsätze aus Wissenschaft und Praxis zur Sozialtherapie im Justizvollzug verzeichnet, so zur Entwicklung und Zukunft der Sozialtherapeutischen Anstalten (einschließlich "Mindestanforderungen an Sozialtherapeutische Einrichtungen"), zum aktuellen Stand der deutschen und internationalen Forschung zur Evaluation der Straftäterbehandlung, zur Praxis im sozialtherapeutischen Vollzug (Entscheidungen, Regeln, Anstaltsorganisation) sowie zur sozialtherapeutischen Behandlung von Frauen und Männern. Ein Fall aus der Behandlungspraxis sowie eine Abhandlung zum sexuell abweichenden Verhalten schließen den ersten Teil ab. Der zweite Teil widmet sich in einer synoptischen Darstellung zahlreichen formalen und inhaltlichen Aspekten der Sozialtherapie, die nach den Ergebnissen einer im Sommer 1992 durchgeführten Umfrage unter allen 14 derzeit existierenden sozialtherapeutischen Anstalten und Abteilungen erstellt wurde. Ergänzt wird die Synopse durch die Auswertung einer zeitgleich durchgeführten Anfrage bei den Landesjustizverwaltungen aller 16 Bundesländer zu ihrer Praxis und Bewertung der Sozialtherapie im Justizvollzug. Im Anhang findet sich eine Literaturübersicht zur Sozialtherapie aus den Jahren 1980 bis 1992.