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Es wird eine Studie präsentiert, in der die psychodynamisch begründete Perversionstheorie von Robert D. Stoller (1979) empirisch überprüft wird. Nach Stoller können nach (früheren) traumatischen Erfahrungen aggressive Impulse in sexuell deviante Fantasien transformiert werden. Geprüft werden einzelne Aspekte dieser Theorie anhand einer umfangreichen Stichprobe von N = 954 Personen, die aufgrund sexuell motivierter Straftaten verurteilt und zwischen 2002 und 2018 an der Begutachtungs- und Evaluationsstelle für Gewalt- und Sexualstraftäter (BEST) im österreichischen Strafvollzug zu Vollzugszwecken ausführlich begutachtet worden sind. Dabei wurden u. a. der Fragebogen zur Erfassung von Aggressivitätsfaktoren (FAF) sowie der Grazer Assertivitätstest (GAT) verwendet. Die Ergebnisse zeigen, dass als paraphil diagnostizierte Probanden signifikant weniger spontane Aggression und weniger soziale Kompetenz als die Vergleichsgruppe ohne Paraphiliediagnose berichten. Die Ergebnisse lassen sich insofern mit der zentralen Annahme der Stoller’schen Perversionstheorie in Einklang bringen, als dass zwischen einer Paraphilie-Diagnose und selbstberichteter Aggression eine inverse Beziehung festgestellt wird.
Im forensisch-psychologischen Begutachtungsbereich haben kriminalprognostische Gutachten und Stellungnahmen einen hohen Stellenwert. Die Entwicklung der methodischen Zugänge zu kriminalprognostischen Einschätzungen wird beschrieben: vom (1) intuitiven Vorgehen zur (2) ersten statistisch-aktuarischen Prognose und (3) deren Weiterentwicklung um dynamische Risikofaktoren. Mit (4) der zusätzlichen Bereitstellung eines individuellen (idiografischen) Erklärungsmodells erfolgt eine Erweiterung von (3). Aktuelle Studienergebnisse mit Relevanz für die rechtspsychologische und forensisch-klinische Praxis werden referiert. Auf die Anwendung von Kriminalprognoseinstrumenten bei besonderen Gruppen (Sicherungsverwahrte, Patienten im Maßregelvollzug) wird ebenso eingegangen wie auf die kriminalprognostische Relevanz des Alters und klinischer Diagnosen wie sexuelle Präferenzstörungen oder Psychopathie. Abschließend wird auf die Bedeutung der Art und Weise der Risikokommunikation kriminalprognostischer Ergebnisse an den bzw. die Auftraggeber im Rahmen von Entscheidungen zur Verhängung, Aufrechterhaltung oder Beendigung freiheitsentziehender Maßnahmen eingegangen.
Der Beitrag betrachtet das Problemfeld Alkohol(missbrauch) und Kriminalität unter drei verschiedenen Gesichtspunkten. Nach einem kurzen historischen Rückblick zu Gustav Aschaffenburg (1900) werden in einem ersten empirischen Teil auf der Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik und anderer Datenquellen Angaben zu Umfang und Qualität der alkoholbeeinflussten Straffälligkeit in Deutschland vorgestellt. Der nächste Abschnitt behandelt fünf verschiedene Hauptbereiche der alkoholbezogenen Kriminalität, z.B. die Straffälligkeit Alkoholkranker sowie den Alkoholismus von Rückfalltätern. Den unterschiedlichen Möglichkeiten der Verknüpfung von Alkohol und Kriminalität ist ein weiterer Abschnitt gewidmet, wobei vier verschiedene Verbindungsarten, u.a. auch Scheinzusammenhänge, diskutiert werden. Bezüglich der Frage, welche präventiven Schritte gegen Alkoholmissbrauch unternommen werden können, werden abschließend drei Modelle (Beschränkung des Verkaufs, Information und Aufklärung, soziokulturelles Entwicklungsmodell) vorgestellt. Angesichts des Umfangs der alkoholbezogenen Kriminalität betont der Verfasser die Notwendigkeit, bei kriminalpräventiven Maßnahmen im Suchtbereich neben der Drogenkriminalität verstärkt auch dieses Gebiet zu berücksichtigen.
Das Durchschnittsalter der in der Sicherungsverwahrung untergebrachten Personen steigt aufgrund der allgemeinen demographischen Entwicklung sowie der restriktiven Entlassungspraxis kontinuierlich an. In der von der Kriminologischen Zentralstelle durchgeführten Stichtagserhebung "Vollzug der Sicherungsverwahrung und der vorgelagerten Freiheits- und Jugendstrafe" von 2019 wurden N = 511 Sicherungsverwahrte mit einem Durchschnittsalter von 54,6 Jahren erfasst, das Alter der Gefangenen mit vorbehaltener oder angeordneter Sicherungsverwahrung (N = 454) lag bei 49,0 Jahren. Die Vollzugsanstalten und insbesondere das Anstaltspersonal werden dadurch mit unterschiedlichen altersbedingten Einschränkungen der älteren Klientel (z. B. physische und kognitive Funktionseinschränkungen, chronische Krankheiten) konfrontiert, die zum einen bauliche (Umbau-)Maßnahmen erfordern und zum anderen personelle Qualifikationen. Abschließend werden die Vor- und Nachteile einer separierten bzw. einer integrativen Unterbringung diskutiert und Verlegungs- bzw. Entlassungsmöglichkeiten für lebensältere Untergebrachte erörtert. Empfohlen wird die wissenschaftliche Erforschung der bereits bestehenden spezifischen Maßnahmen und Unterstützungsangebote für ältere Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in den föderal organisierten Justizvollzugsanstalten.
Mittels einer Retrospektivbefragung im Zeitraum vom 02. Mai bis zum 21. August 2021 (16 Wochen) untersucht die vorliegende Studie Angriffsprävalenzen in Arbeitsbereichen mit normdurchsetzenden und helfenden Tätigkeiten. Zu diesem Zweck wurden wöchentlich Daten über Angriffe bzw. Gewalterfahrungen im Arbeitsalltag erhoben und hinsichtlich einer einwöchigen bzw. vierwöchigen Prävalenz untersucht. Diese umfassen: (1) verbale Angriffe, (2) körperliche Angriffe, (3) Gewalt gegen Sachgegenstände, (4) Diebstahl von Material oder Ausrüstung und (5) bewusstes Behindern bzw. Stören der Maßnahme. Die Stichprobe setzt sich zu 85,8 % (n = 609) aus Teilnehmenden normdurchsetzender Arbeitsbereiche (z. B. Polizei und kommunaler Ordnungsdienst) und zu 14,6 % (n = 104) aus Teilnehmenden helfender Arbeitsbereiche (z. B. Feuerwehr und Rettungsdienst) zusammen. Bei Betrachtung der Teilnehmenden, die mindestens eine Woche an der Befragung teilgenommen haben, ergibt sich eine Zusammensetzung aus 72,7 % männlichen und 27,3 % weiblichen Befragten. In allen Berufsgruppen zeigt sich, dass verbale Angriffe den größten Teil der gemeldeten Angriffe darstellen. Trotz der unterschiedlichen Aufgabenbereiche ist die Gruppe der helfenden Funktionsträger/-innen (bei einer Prävalenz von einer Woche) nur geringfügig seltener von Angriffen betroffen als die Gruppe der normdurchsetzenden. Der größte Unterschied ist bei körperlichen Angriffen mit 3,5 Prozentpunkten zu verzeichnen. Abschließend werden methodische Vorzüge und Einschränkungen der Studie diskutiert.
Sozialtherapeutische Einrichtungen des Justizvollzugs (SothEn) dienen der Behandlung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern bzw. Straftäterinnen aus dem Deliktsbereich der Gewalt- und Sexualstraftaten, um das Rückfallrisiko nachhaltig zu reduzieren. Die Kriminologische Zentralstelle führt seit 1997 jährlich eine Stichtagserhebung zur Sozialtherapie durch, wobei 2021 der Standardfragebogen durch einen Zusatzfragebogen ergänzt wurde. Dieser erfasste unterschiedliche Merkmale zur Aufnahme, Verbleib und Beendigung einer sozialtherapeutischen Behandlung in allen 71 SothEn in Deutschland. Aufnahmen erfolgten im gleichen Maße nach aktuell geltenden gesetzlichen Regelungen für Sexual- und Gewaltstraftäter/-innen sowie durch Einzelfallentscheidungen. Eine Diagnostik der Gefangenen bei der Aufnahme war die Regel und erfolgte meist in der eigenen Einrichtung. Darüber hinaus fanden in drei Viertel der Einrichtungen vorab vereinbarte Probephasen zur Aufnahme statt. In der Regel fanden Behandlungsabbrüche meist in den ersten zwölf Monaten statt. Eine Nachbetreuung in Form von Bewährung oder Führungsaufsicht war im Großteil der Fälle gegeben. Obwohl Probephasen mit Motivationsmaßnahmen bei der Aufnahme in die SothEn vorhanden waren, war die Zahl der Abbrüche aufgrund unzureichender Behandlungsmotivation unverändert hoch, weshalb insbesondere die Motivationsförderung der Hochrisikoklientel weiterhin empfohlen wird.
In der jüngeren Vergangenheit wird medial und politisch über die Frage eines Anstiegs der sog. Messerkriminalität sowie über einen mutmaßlichen Zusammenhang mit der Staatsangehörigkeit der Täter/-innen diskutiert. Anhand von Daten aus Rheinland-Pfalz werden aktuelle empirische Ergebnisse über das Phänomen der Messerkriminalität berichtet. Ausgehend von einer Erhebung des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Justiz wurden zu diesem Zweck Urteilstexte von insgesamt N = 519 rechtskräftig wegen schwerer Gewaltkriminalität abgeurteilten Personen ausgewertet, die sich auf Aburteilungen des Jahres 2013 (n = 253) und des Jahres 2018 (n = 266) beziehen. Die Ergebnisse zeigen, dass es keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen Messerkriminalität und schwerer Gewaltkriminalität insgesamt hinsichtlich der untersuchten Variablen, insbesondere der Staatsangehörigkeit, gibt. Auch ein massiver Anstieg der Messergewalt von 2013 auf 2018 konnte nicht nachgewiesen werden. Lediglich der Unterschied zwischen Messerkriminalität und genereller schwerer Gewaltkriminalität hinsichtlich der Schuldfähigkeitsbeurteilung war für beide Jahrgänge hochsignifikant. Es wird geschlussfolgert, dass auf Grundlage der vorliegenden Ergebnisse kein unmittelbarer kriminalpolitischer Handlungsbedarf abgeleitet werden kann.
Anschließend an die Studie zur Untersuchung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Sozialtherapeutischen Einrichtungen (SothEn) im Jahr 2020 hat der Arbeitskreis für Sozialtherapeutische Einrichtungen im Justizvollzug e. V. für das Jahr 2021 eine Folgestudie initiiert und gemeinsam mit der Kriminologischen Zentralstelle e. V. realisiert. Die Leiter/-innen der 71 SothEn in Deutschland wurden schriftlich befragt. Die Rücklaufquote lag bei 67,6 % (N = 48). Der Fragebogen erfasst folgende Themenfelder: (1) Corona-Erkrankungen des Personals sowie der Inhaftierten, (2) Einführung der Maskenpflicht, (3) Einschränkungen der therapeutischen Arbeit und des Tagesgeschäfts, (4) Innovationen, (5) strukturelle Veränderungen im Organisationsaufbau bzw. Personalstruktur, (6) Auswirkungen auf das Beziehungsverhältnis Behandlungsteam vs. Patient/-in, (7) Auswirkungen auf die Behandlungsbereitschaft der Patienten bzw. Patientinnen, (8) Auswirkungen auf das Behandlungsteam bzgl. Motivation und Optimismus, (9) Auswirkungen auf Risikofaktoren und Kriminalprognose, (10) Gesamteinschätzung. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt ein heterogenes Bild zwischen den verschiedenen SothEn. Es werden sowohl geringe als auch starke Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf therapeutische Maßnahmen, Gefangenenarbeit, Sportangebote, Beziehungsverhältnis, Behandlungscompliance sowie Berufsmotivation berichtet. Hinsichtlich der Realisierung von Gefangenenbesuch und vollzugsöffnenden Maßnahmen haben alle SothEn Einschränkungen verhängt. Zudem wird die Vorbereitung auf die Haftentlassung von allen SothEn als ungenügend bezeichnet. Eine Folgestudie wird als sinnvoll erachtet.
Ausgehend von einem kurzen Rückblick auf die Entwicklung der Sozialtherapeutischen Anstalten im Justizvollzug werden in diesem Beitrag aktuelle Problembereiche der Sozialtherapie diskutiert. Langjährige praktische Erfahrungen wie auch wissenschaftliche Evaluationsstudien sprechen für eine Konsolidierung und hinreichende Bewährung dieses Behandlungsansatzes. Dennoch verweist eine aktuelle Umfrage unter den bestehenden Einrichtungen auf zahlreiche Probleme und Mängel konzeptioneller und struktureller Art. Es wird die Ausarbeitung eines verbindlichen Rahmenkonzepts empfohlen.
Das Bekanntwerden von Missbrauchsvorfällen in pädagogischen Institutionen, auch der katholischen Kirche, löste 2010 eine bundesweite öffentliche Debatte über die Gefahren sexualisierter Gewalt und körperlicher Misshandlungen im institutionellen Kontext aus. Vor diesem Hintergrund befasst sich der vorliegende Beitrag mit der psychologischen Betrachtung von Belastungserleben und dem Prozess der sekundären Viktimisierung bei Fällen des Missbrauchs im institutionellen Kontext. In einer November 2015 bis Januar 2016 durchgeführten Befragung von N = 21 betroffenen ehemaligen Internatsschülern der Regensburger Domspatzen wurden die Schwere der traumatischen Kindheitserfahrung, der Zusammenhang mit akuten psychischen Belastungen von Betroffenen und der Einfluss des Umgangs der katholischen Kirche mit der Thematik erhoben. Die Erlebnisse der Vergangenheit sowie das aktuelle Erleben der Studienteilnehmer, insbesondere im Hinblick auf den Umgang der Kirche mit den Missbrauchsvorwürfen, wurden anhand standardisierter und psychometrisch geprüfter Verfahren erfasst und die Ergebnisse mit denen anderer Stichproben verglichen und umfassend diskutiert.
Im Rahmen des Projektes AMBOSafe ("Angriffe auf Mitarbeiter/-innen und Bedienstete von Organisationen mit Sicherheitsaufgaben") wurden konfliktreiche Einsatzsituationen von Polizei- und Rettungskräften untersucht. Vorgestellt werden Ergebnisse, die durch Befragungen von N = 1.763 Polizeibedienstete erhoben wurden. Zusätzlich haben N = 538 Polizeikräfte bis zu 16 Wochen ihren Arbeitsalltag standardisiert dokumentiert sowie Ereignisprotokolle für besondere Vorkommnisse verfasst. Neben der Häufigkeit und der Art der Angriffe werden die angreifende(n) Person(en) beschrieben und eruiert, ob die problematische Einsatzlage von den betroffenen Polizeikräften bereits im Vorfeld erkannt wurde, oder sich für diese überraschend ereignet hat. In diesem Zusammenhang werden auch persönliche Stressfaktoren der Einsatzkräfte als mögliche Risikofaktoren für eine Viktimisierung im Dienst diskutiert und potentielle Strategien zur Entschärfung von konfliktreichen Einsatzsituationen besprochen. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen der Einsatzkräfte gefördert werden sollte, z. B. in Form von gemeinsamen Einsatznachbesprechungen und gemeinsamen Fortbildungen. Im Rahmen des Projekts AMBOSafe wurden bereits berufsgruppenübergreifende Übungen (z. B. Einsatzszenario "Häusliche Gewalt") realisiert, die von den verschiedenen Berufsgruppen als positiv eingeschätzt wurden.
Die Etablierung des Internets als sozialer Raum stellt die größte Umwälzung menschlicher Kommunikations- und Interaktionsformen der letzten Jahrzehnte dar. Bekannte Delinquenzformen wurden an die digitale Welt angepasst, entstanden sind aber auch neue, strafrechtlich relevante Äußerungsformen in der digitalen Kommunikation. Im Überblick werden kriminologische und forensische Erkenntnisse aus dem deutschsprachigen Raum zu Formen der Cyberkriminalität dargestellt, die im Kontext von Partnerschaft, Sexualität und Peerbeziehungen auftreten: Neben dem Cyberstalking und Cybergrooming wird auf Cyberbullying (oder -mobbing) sowie das (Love- oder Romance‑)Scamming eingegangen und es werden zentrale Forschungsergebnisse referiert. Die Darstellung dieser cyberkriminellen Ausdrucksformen verdeutlicht den stetigen Zuwachs an Bedeutung, den dieser Delinquenzbereich in den letzten Jahren verzeichnet, und unterstreicht gleichzeitig die Notwendigkeit einer spezifischen Cyberkriminologie dieser und anderer digitalen Delinquenzformen.
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, mit welchen Maßstäben Bewährungshelfer den Erfolg ihrer Bemühungen um den Probanden einschätzen. Auf der Basis der Angaben von 1120 Bewährungshelfern lässt sich erkennen, dass Kriterien der Legalbewährung nur einen Teil der Ziele darstellen, die die Bewährungshelfer in der Probandenarbeit verfolgen. Freilich zeigt die Vielzahl der Antworten auch, dass es derzeit eher einen Kanon unterschiedlicher Zielvorstellungen gibt, und es an einer übergreifenden, die Angaben von möglichst vielen Bewährungshelfern berücksichtigenden Erfolgsbestimmung justitieller Sozialarbeit noch fehlt.
Einleitend wird zunächst ein Überblick über das bundesweite Forschungsprojekt "Soziale Dienste" gegeben, das die Kriminologische Zentralstelle zwischen 1991 und 1998 beschäftigt hat. Auf der Grundlage von Befragungsergebnissen von Bewährungshelfern, ihren Dienstaufsichten und von Strafrichtern werden Fragen des beruflichen Selbstverständnisses der Bewährungshilfe thematisiert. In jeweils eigenständigen Kapiteln werden die Interpretation des Hilfeaspektes und Betreuungsaspektes, die Doppelfunktion der Bewährungshilfe von Hilfe und Aufsicht, die Strategien im Umgang mit einer hohen Fallbelastung, die im Umgang mit den Probanden einzusetzenden Methoden und Vorgehensweisen und die Frage fachlicher Kontrolle aus der Sicht der Beteiligten behandelt. Abschließend werden die Ergebnisse im Hinblick auf die Konsequenzen für die Projektfragestellungen zusammengefasst und der erforderliche Handlungsbedarf zur Fortentwicklung der Bewährungshilfe aus der persönlichen Sicht des Verfassers benannt.
Der Beitrag behandelt die unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in der Arbeit der Bewährungshelfer mit ihren Probanden im Hinblick auf den Hilfeaspekt und Betreuungsaspekt. Nach Einschätzung der weitaus meisten Bewährungshelfer ist diese Arbeit derzeit stark durch die Vermittlung sozio-ökonomischer Hilfen zur Verbesserung der Lebenssituation geprägt. Der psychosozialen Beratung und Betreuung sollte ihrer Meinung nach ein höherer Stellenwert als bisher eingeräumt werden. Diese Sichtweise wird tendenziell auch von den Dienstaufsichten mit der Einschränkung geteilt, daß ein ungefähres Gleichgewicht beider Aufgabenbereiche anzustreben ist.
Bewährungshelfer haben einerseits dem Verurteilten helfend und betreuend zur Seite zu stehen, andererseits den Verurteilten zu überwachen und dem Gericht Bericht zu erstatten. Diese Doppelfunktion der Bewährungshilfe von Hilfe und Aufsicht wird von bundesweit etwa 460 befragten Strafrichtern und Dienstaufsichten deutlich zugunsten des Hilfeaspektes interpretiert. Eine weitere Verselbständigung und Fortentwicklung des beruflichen Selbstverständnisses der Bewährungshilfe wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass die befragten Strafrichter ihre Anweisungsbefugnis gemäß § 56d Abs 4 StGB auch auf die betreuende und helfende Tätigkeit des Bewährungshelfers beziehen.
Eine intensive Auseinandersetzung mit der Problematik der zu betreuenden Klientel ist der Bewährungshilfe angesichts der hohen Fallzahlen nur eingeschränkt möglich. Der Beitrag diskutiert Strategien im Umgang mit einer hohen Fallbelastung aus Sicht der Bewährungshelfer, ihrer Dienstaufsichten und der unterstellenden Strafrichter. Dabei wird deutlich, daß insbesondere Anregungen vorzeitiger Beendigungen einer Unterstellung vergleichsweise selten praktiziert werden. Die prinzipiell positive Resonanz derartiger Vorschläge bei den Strafrichtern sollte für die Bewährungshelfer Anlass sein, Anregungen zur Verkürzung der Unterstellungszeiten auch im Hinblick auf eine gewisse Fallentlastung künftig häufiger vorzuschlagen.
Im Umgang des Bewährungshelfers mit seinen Probanden sind eine Vielfalt von Vorgehensweisen und Methoden vorstellbar. Der Beitrag beschäftigt sich mit der Bedeutung einzelner Vorgehensweisen für die Arbeit des Bewährungshelfers. Bei der Gegenüberstellung dieser Befunde mit den Vorstellungen von Dienstaufsichten und Strafrichtern zur Arbeitsweise der Bewährungshilfe wird deutlich, dass die Zielsetzungen der Bewährungshelfer auch den Erwartungen der Strafjustiz entsprechen. Hervorhebenswert ist dabei, dass von justitieller Seite der Bewährungshilfe keine Orientierung an Repressionsaspekten abverlangt wird.
Der Beitrag beschäftigt sich mit der Handhabung der Dienstaufsicht und Fachaufsicht für das Tätigkeitsgebiet der Bewährungshilfe aus Sicht der befragten Bewährungshelfer und ihrer Dienstaufsichten. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass Dienstaufsicht und Fachaufsicht unter Beteiligung von Sozialarbeitern anders ausgeübt wird. Die allerdings nur tendenziell erkennbaren Unterschiede sprechen dafür, dass fachliche Aspekte beruflichen Handelns durch die Beteiligung von Sozialarbeitern an Aufsichtsbelangen stärkere Berücksichtigung finden. Freilich ist auch darauf zu verweisen, daß eine konsequente Verknüpfung fachlicher und dienstrechtlicher Weisungsbefugnisse nicht den Vorstellungen der befragten Bewährungshelfer entspricht.
Unter Heranziehung verschiedener Forschungsberichte werden Resozialisierungsoptionen und niedrigere Gefangenenraten in Ländern mit Behandlungsmaßnahmen als mögliche Gründe für das neue Interesse an behandlungsorientierten Sanktionen diskutiert. Vollzugsrechtliche Ansätze der Europäischen Union werden anhand von Völkerrechtsnormen, Strafvollzugsgrundsätzen und Rechtsprechungsbeispielen erläutert. Unter dem Aspekt vollzugsrechtlicher Ansprüche auf Behandlung in Deutschland werden Verlegungen in sozialtherapeutische Einrichtungen, Behandlungsangebote in Zusammenhang mit Sicherungsverwahrung und individuelle Vollzugsplangestaltungen infolge von Behandlungsuntersuchungen erörtert. Als Fazit wird festgehalten, dass Behandlungsmaßnahmen grundsätzlich nützlich sind und nur in Ausnahmefällen nicht angeboten werden dürfen.