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Die Kriminalitätsentwicklung in Deutschland wird dargestellt, wobei folgende Kriminalitätsbereiche detaillierter erörtert werden: (1) Gewaltkriminalität, (2) Sonstige Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung, (3) Eigentums- und Vermögensdelikte, (4) Wirtschaftskriminalität, (5) Korruption, (6) Umweltstraftaten, (7) Internetkriminalität, (8) Delikte im Zusammenhang mit Drogen, (9) Organisierte Kriminalität und (10) Politisch motivierte Kriminalität. Berichtet wird zudem von speziellen Tätergruppen, wie Zuwanderern/-innen und Schleusern/-innen. Die strafrechtlichen Reaktionen (u. a. Strafverfahren, Ermittlungsverfahren, gerichtliches Verfahren, Täter-Opfer-Ausgleich) werden besprochen. Die Verwahrung im Straf- und Maßregelvollzug wird diskutiert, bevor auf die Entlassung aus dem Strafvollzug und auf die Strafaussetzung eingegangen wird. Die Rolle der Bewährungshilfe, der Sozialen Dienste der Justiz und der Strafentlassenenhilfe wird erörtert. In diesem Zusammenhang wird die Rückfallstatistik kurz dargestellt, bevor die Entwicklungen in der Kriminalprävention diskutiert werden. In einem gesonderten Kapitel werden Jugendliche als Opfer und Täter/-innen betrachtet, bevor eine kriminal- und rechtspolitische Schlussfolgerung folgt.
Die Praxis der Strafrechtspflege in Deutschland wird mit Hilfe von Statistiken für die Staatsanwaltschaft, der Strafverfolgung und der Strafgerichte aus dem Jahr 2017 und für die Polizei sowie für den Bereich des Strafvollzugs aus dem Jahr 2018 anhand folgender Kriterien beschrieben: (1) Straftaten (angezeigte und aufgeklärte Fälle) und Tatverdächtige, (2) Strafverfolgung, (3) Strafzumessung und Strafsanktionen (u. a. Freiheitsstrafe, Geldstrafe, Maßregeln, Täter-Opfer-Ausgleich), (4) Bewährungshilfe und Führungsaufsicht, (5) Justizvollzug und Maßregelvollzug (u. a. Belegung und Dauer), (6) Wiederverurteilungen und (7) Europäischer Vergleich. Festgestellt wird, dass die Gesamtzahlen der Straftaten und Straftäter seit zwei Jahrzehnten tendenziell abnehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass dieser Trend in den Jahren 2015 bis 2017 unterbrochen wurde. Wird die Strafhärte – gemessen an der Gefangenenrate – betrachtet, kann Deutschland im europäischen Vergleich als weniger punitiv eingeordnet werden.
Die Täter-Opfer-Ausgleich-Statistik beruht auf freiwilligen Angaben von denjenigen Einrichtungen (2017: n = 76, 2018: n = 72), die die meisten Fälle (ca. 70 %) von Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) in Deutschland durchführen. Die TOA-Statistik wird prozessual produziert, indem die verantwortlichen Mediatoren/-innen die Software zur Bundesweiten TOA-Statistik zur Verwaltung der Ausgleichsfälle benutzen. Auf diese Weise werden simultan zum Dokumentationsprozess die Daten für die Statistik erhoben. Präsentiert werden Daten zu (1) Allgemeinen Fallmerkmalen, (2) den Geschädigten, (3) den Beschuldigten, (4) zur Ausgleichsbereitschaft der Beteiligten, (5) zu den Auswertungen zu den Ausgleichsverfahren und (6) zum Erfolg bzw. Nicht-Erfolg der Ausgleichsgespräche. Zudem wird die Erledigung der Fälle im Strafverfahren besprochen und abschließend die Deliktstruktur in der TOA-Statistik und der Polizeilichen Kriminalstatistik vergleichend untersucht.
Das am 10.03.2017 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung des Schutzes gegen Nachstellungen hat das Ziel, den Opfern von Stalking eine bessere Strafverfolgung zu ermöglichen, indem der bislang geltende Tatbestand der schwerwiegenden Beeinträchtigung der Lebensgestaltung des Opfers nicht mehr erforderlich ist. Mit dem neuen Gesetz ist es ausreichend, wenn das Täterverhalten dazu geeignet ist, die Lebensgestaltung des Opfers schwerwiegend zu beeinträchtigen. Zur Evaluation der geänderten Gesetzgebung werden drei Jahre nach Einführung der Gesetzesänderung die Justizverwaltungen der Länder sowie acht Opferschutzverbände postalisch befragt, wobei n = 15 Landesjustizverwaltungen und n = 5 Opferschutzverbände geantwortet haben. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Gerichte und Staatsanwaltschaften mehrheitlich aufgrund der gesetzgeberischen Änderungen eine erleichterte Beweisführung bei der Anwendung des § 238 StGB und die Möglichkeit eines frühzeitigen strafrechtlichen Einschreitens feststellen. Die weiterhin bestehende Problematik der unbestimmten Rechtsbegriffe (z. B. schwerwiegend, beharrlich) wird hervorgehoben. Zudem wird auf erhebliche praktische Probleme bei der strafrechtlichen Verfolgung von Stalking hingewiesen (z. B. fehlende Dokumentation von Seiten der Opfer, Verschleierung der Tathandlungen im Internet von Seiten der Täter/-innen, Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen). Einstellungsgründe bei Verfahrenserledigung werden diskutiert. Die Opferschutzverbände kritisieren Ermittlungsbehörden dahingehend, dass sie die betroffenen Personen nicht ernst nehmen. Zudem wird die hohe Einstellungszahl bei Ermittlungsverfahren, die lange Ermittlungsdauer und die Strafhöhe moniert. Weitere Verbesserungsvorschläge werden abschließend diskutiert.
Es wird aus dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten laufenden Projekt „Gewalt und Suizid im Jugendstrafvollzug“ berichtet. Zur Erhebung der Daten werden ab Mai 2011 zu vier Messzeitpunkten inhaftierte männliche Personen aus der thüringischen Anstalt Ichtershausen und den nordrhein-westfälischen Anstalten Heinsberg und Herford mit Hilfe von quantitativen Fragebögen und problemzentrierten Interviews befragt, sowie die Gefangenenpersonalakten analysiert. Bis dato liegen N = 1767 Fragebögen vor. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die befragten Inhaftierten in fünf Klassen eingeteilt werden können: (1) Kaum-Involvierte, (2) Opfer, (3) Täter, (4) Dominanzverhalten und (5) Täter/Opfer. Es zeigt sich ein Zusammenhang zwischen erlebter physischer Gewalt und ausgeübter physischer Gewalt über den Zeitverlauf. Sexualdelikte werden durchgehend wenig berichtet. Der Vergleich mit den Gefangenenpersonalakten deutet darauf hin, dass nur jede vierte bis fünfte Gewalttat von Vollzugsseite entdeckt und dokumentiert wird. Die Analyse der Gefangenenpersonalakten wird mit zwei Kontrollgruppen verglichen, wobei eine Gruppe Schüler und Studenten umfasst und die andere Gruppe Verurteilte, deren Strafe auf Bewährung ausgesetzt wurde. Die zweite Kontrollgruppe berichtet von hohen Werten bzgl. Täter- und Opfererfahrungen. Das Forschungsfeld der Suizidalität stellt sich als schwer erforschbar dar, da die gefangenen Personen darüber informiert werden, dass konkrete Hinweise auf Suizidgedanken der Anstalt gemeldet werden müssen. Die Ergebnisse zeigen dementsprechend, dass nur bereits auffällig gewordene Gefangene von Suizidgedanken und -versuchen berichten.
Ausgangspunkt der Analyse ist die Frage nach Justizkulturen, nach regionalen und lokalen Verfahrens- und Entscheidungsbesonderheiten im Bereich der Strafjustiz, die sich in der örtlichen Strafrechtspraxis unterhalb des geltenden Rechts gebildet haben. Eingegangen wird auf methodische Aspekte der Messung und des Nachweises der Unterschiede. Die festgestellte ungleiche Rechtsanwendung zieht rechts- und kriminalpolitische Probleme nach sich, die diskutiert werden. Neben Risiken der Ungleichheit werden auch Chancen der regionalen Disparität benannt.
Untersucht wird der Einfluss von tragfähigen sozialen Beziehungen auf die Reintegration von Jugendstrafgefangenen in der sächsischen Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen. Dafür werden Auskünfte aus dem Bundeszentralregister sowie im Jugendstrafvollzug ausgefüllte Behandler- und Klienten-Fragebögen ausgewertet. Einbezogen werden N = 572 Jugendstrafgefangene, die 2011 in die Jugendstrafvollzugsanstalt gekommen sind, mindestens sechs Monate inhaftiert waren und zwischen 2013 und 2016 entlassen worden sind. Es zeigt sich, dass die Bereitschaft an der Mitwirkung am Vollzugsziel bereits ein Indikator für die spätere Rückfälligkeit darstellt. Signifikante Korrelationen zur Mitwirkung lassen sich bei sozialen Außenkontakten feststellen. Analog korrelieren förderliche Familien-, Freunde- und Partnerbeziehungen mit einer eventuellen späteren Rückfälligkeit. Keine signifikanten Korrelationen mit der Rückfälligkeit zeigen eine vorhandene Drogenproblematik, frühere Inhaftierungen und deviantes Verhalten in der Kindheit. Es wird empfohlen, die Familie bereits während der Behandlung im Jugendstrafvollzug mit Hilfe familienorientierter Angebote einzubeziehen und im Vollzug Angebote für die Jugendstrafgefangenen zur Stärkung von Beziehungs- und Bindungsfähigkeiten bereitzustellen.
Mit dem am 10. November 2016 in Kraft getretenen 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (50. StrÄndG) wurde vorrangig § 177 StGB grundlegend geändert. In der zuvor geführten Diskussion war eine zentrale Frage diejenige nach bestehenden Strafbarkeitslücken, also straffreien, aber als strafwürdig erachteten Sachverhalten, gewesen. Eine solche Schutzlücke wurde primär darin gesehen, dass keine Strafbarkeit nach § 177 StGB a. F. eintrat, wenn es zwar zu sexuellen Handlungen gegen den Willen Betroffener kam, dies aber ohne Nötigung durch eine andere Person geschah.
Das Gesetzgebungsverfahren enthielt nicht nur etliche kriminalpolitisch interessante Volten. Es zeigte auch auf, dass sich die eine oder andere bloße Annahme über die Zeit zu vermeintlicher Gewissheit verfestigte, ohne dass dieser empirisch-kriminologische Befunde zugrunde lagen. Das galt etwa hinsichtlich der Gründe für Einstellungen gemäß § 170 II StPO in Ermittlungsverfahren, in denen Tatverdächtigen die Begehung einer Straftat nach § 177 StGB a. F. vorgeworfen wurde.
Mit der vorliegenden Studie wurde diese Thematik deshalb aufgriffen. Da sich die dafür erhaltenen 343 Einstellungsverfügungen jedoch als zu ertragreich erwiesen, um sie lediglich unter der führenden Fragestellung zu analysieren, wurden nicht nur diese Abschlussentscheidungen als solche, sondern auch die in ihnen enthaltenen Angaben etwa zum Tatgeschehen und zu den vorgenommenen Ermittlungshandlungen erfasst.
Tätigkeitsbericht 2020
(2021)
Dieser Bericht dokumentiert das 35. Jahr der Arbeit der Kriminologischen Zentralstelle (KrimZ) seit dem Jahr 1986. Die KrimZ wird als Institution vorgestellt, ihre bisherige Entwicklung wird zusammenfassend geschildert. Der Bericht liefert weiter einen Überblick über alle im Berichtsjahr durchgeführten Forschungsprojekte und weiteren Aktivitäten. Für internationale Kooperationspartner und Kontaktpersonen wurde am Ende des Berichts eine Zusammenfassung in englischer Sprache angefügt.
Die Vollstreckung lebenslanger Freiheitsstrafen : Dauer und Gründe der Beendigung im Jahr 2019
(2021)
In der seit über fünfzehn Jahren laufenden Erhebungsreihe der KrimZ zur Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe setzt das Berichtsjahr 2019 die Folge der Jahre fort, in denen vergleichsweise viele Vollzugsaufenthalte beendet und Gefangene aufgrund einer nachträglichen Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung entlassen wurden. Bei den Entlassenen handelt es sich häufig um Personen, die den Strafvollzug nach besonders langen Verbüßungszeiten in entsprechend höherem Lebensalter verlassen haben.
Von den 118 Personen, deren lebenslange Freiheitsstrafe im Jahr 2019 beendet wurde, wurden 78 nach Aussetzung des Strafrestes gem. § 57a StGB in Freiheit entlassen bzw. begnadigt. Die Hälfte dieser Entlassenen hatte mehr als 16,6 Jahre im Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe verbracht. 24 Gefangene wurden ins Ausland ausgeliefert, ausgewiesen oder zur Vollstreckung der Strafe überstellt. 12 Personen verstarben während der Strafverbüßung.
Der deutsche Justizvollzug steht aktuell vor der Herausforderung, mit als islamistisch radikalisiert eingestuften Personen umgehen zu müssen, die aus dem Gebiet des sog. "Islamischen Staates" zurückkehren oder sonst im Zusammenhang mit islamistisch motivierten Straftaten verurteilt wurden. Zudem wird immer wieder diskutiert, ob bzw. wie die spezifischen Bedingungen im Gefängnis zu Radikalisierung beitragen. Gleichzeitig liegen bei weitem nicht in allen Haftanstalten Konzepte vor, wie mit Gefährdern, Sympathisanten und Gefährdeten umzugehen ist. Das 'Praxishandbuch Extremismus und Justizvollzug - islamistischer Radikalisierung begegnen' zielt darauf ab, zu einem verbesserten Verständnis von Präventionsmaßnahmen beizutragen, die Wirkung einzelner Interventionen zu analysieren und in einen ganzheitlichen Ansatz einzubetten. Es soll sich der Frage genähert werden, wie Deradikalisierungsarbeit im Gefängnis konkret aussehen kann und inwieweit Haftanstalten und die dort vorherrschenden Bedingungen als (De-)Radikalisierungsfaktoren zu bewerten sind. Zusätzlich zum theoretischen Teil beinhaltet das Handbuch eine interaktive Komponente. Praktikerinnen und Praktiker werden vom Überprüfen des Anfangsverdachts, über das Erstellen eines individuellen Handlungsplans, bis hin zur Auswahl geeigneter Maßnahmen angeleitet.
Um Maßnahmen der Qualifizierung und Beschäftigung von Strafgefangenen zielgerichtet einsetzen zu können, müssen zunächst die Voraussetzungen der Inhaftierten festgestellt und hieraus Bedarfe abgeleitet werden. Um die Bedarfe an Qualifizierungsmaßnahmen im sächsischen Vollzug zu bestimmen, wurde Februar bis August 2018 eine Erhebung in acht Justizvollzugsanstalten durchgeführt. In Vollzugsplankonferenzen wurde mit 1053 Inhaftierten ein Erhebungsbogen zu Schul- und Berufsabschlüssen der Inhaftierten sowie Maßnahmen in der aktuellen Haftsituation erhoben. Weiter wurden Gründe für Nichtbeschäftigung und den Abbruch von Maßnahmen erfasst. Abgefragt wurden darüberhinaus Einschätzungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Arbeitsmarkt- und Ausbildungstauglichkeit sowie der Inhaftierten zur erlebten Sinnhaftigkeit der Maßnahmen. Die vorgestellten Ergebnisse zeigen einige Bedingungen und Merkmale von Inhaftierten auf, die bei der Planung eines Angebotes von Qualifizierungs- und Arbeitsmaßnahmen im Justizvollzug relevant sind. Auf Grundlage der erhobenen Daten wird u.a. empfohlen, für die meisten Maßnahmen im Vollzug keine höhere Schulbildung als einen Hauptschulabschluss vorauszusetzen. Auch sollte ein Großteil der Angebote modular oder von kurzer Dauer sein, damit auch Inhaftierte mit kurzer Haftdauer davon profitieren können. Zusätzlich besteht ein erheblicher Bedarf an Maßnahmen für Inhaftierte, die nicht arbeitsmarkt-oder ausbildungstauglich sind.
Der vorliegende Siebte Opferschutzbericht der Landesregierung geht - wie schon die bisherigen Berichte - auf den Beschluss des Landtages Rheinland-Pfalz aus dem Jahr 2007 zurück (zu LT-Drs. 15/1107), mit dem der Landtag die besondere Schutzbedürftigkeit der Opfer von Straftaten betont und zugleich die Landesregierung aufgefordert hatte, im Abstand von zwei Jahren einen Bericht über die zur Verbesserung des Opferschutzes ergriffenen Maßnahmen vorzulegen. In Fortschreibung der ersten sechs Berichte werden im vorliegenden siebten Opferschutzbericht im Wesentlichen die seit dem Vorbericht im Jahr 2018 eingetretenen Änderungen und Entwicklungen dargestellt. Der Aufbau des Berichtes orientiert sich an den Vorgaben des Landtags und geht auf folgende Punkte ein: (1) Veränderungen hinsichtlich der Rechtslage zur Rechtsstellung des Opfers seit dem letzten Opferschutzbericht, (2) Entwicklung der Opferzahlen in den Jahren 2010 bis 2019, einschließlich einer statistischen Erfassung und Auswertung der Opferspezifik, (3) Projekte und Maßnahmen bzw. Weiterentwicklung bestehender Programme sowohl in den Bereichen des vorsorgenden als auch des nachsorgenden Opferschutzes sowie ergänzend (4) zur ressortübergreifenden und interdisziplinären Vernetzung im Bereich des Opferschutzes.
Im 24. Jahr der Erhebungsreihe zur Situation in den sozialtherapeutischen Einrichtungen zeigt sich eine weitere Stabilisierung der strukturellen Gegebenheiten. In diesem Berichtsjahr eröffnete eine weitere sozialtherapeutische Einrichtung, so dass 72 Einrichtungen geringfügig mehr Haftplätze zur Verfügung stellen konnten als im Vorjahr. Dennoch wird weiterhin die Tendenz einer Versorgungssättigung gesehen, denn die Zahl der Gefangenen in sozialtherapeutischen Einrichtungen blieb auf konstantem Niveau. Dies hatte eine sinkende Belegungsquote zur Folge, ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortsetzt. Auch in diesem Jahr wuchs der Anteil der Gefangenen, die älter als 50 Jahre alt sind, wobei ebenso der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden leicht angestiegen war. Sexualstraftäter/innen stellten wieder knapp die Hälfte der Inhaftierten in der Sozialtherapie. Der Anteil der Gefangenen, die keine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen innehatten oder höchstens zu Ausführungen zugelassen waren, betrug in diesem Jahr knapp 81%, was einem neuen Höchststand entspricht. Die Fachdienstausstattung blieb auf gleichbleibend günstigem Niveau mit lediglich 5,7 Haftplätzen auf einer Fachdienststelle. Weitere Ergebnisse und Entwicklungen werden im Bericht dargestellt.
Die Täter-Opfer-Ausgleich-Statistik beruht auf Angaben von denjenigen Einrichtungen (n = 72), die die meisten Fälle (ca. 70 %) von Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) in Deutschland durchführen. Neben der TOA-Statistik werden für den Bericht die Ergebnisse einer Online-Befragung von Mediatoren und Mediatorinnen (N = 1244) herangezogen. Präsentiert werden Daten zu (1) den Geschädigten, (2) den Beschuldigten, (3) zur Ausgleichsbereitschaft der Beteiligten und (4) zum Erfolg bzw. Nicht-Erfolg der Ausgleichsgespräche. Zudem wird die Erledigung der Fälle im Strafverfahren besprochen. Die Durchführung eines TOA bei Straftaten gegen das Leben wird gesondert diskutiert.
Die Kriminalitätsentwicklung in Deutschland wird sowohl im Längs- und Querschnitt als auch im europäischen und internationalen Kontext dargestellt. Detaillierter erörtert werden folgende Kriminalitätsbereiche: (1) Gewaltkriminalität und ausgewählte Beziehungsdelikte, (2) politisch motivierte Kriminalität und Terrorismus, (3) Eigentums- und Vermögensdelikte, (4) Wirtschafts-, Umwelt- und Korruptionsdelikte, (5) Delikte im Zusammenhang mit Alkohol und Drogen und (6) Straßenverkehrsdelikte. Berichtet wird zudem von speziellen Täter- und Opfergruppen, wie Kinder und Jugendliche, Zuwanderer und professionelle Tätergruppen bzw. Organisierte Kriminalität. Das Sicherheitsgefühl und die Kriminalitätsfurcht der Bevölkerung werden besprochen. Die Kriminalitätskontrolle durch die Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte wird dargestellt, wobei insbesondere auf die Verwirklichung von Sanktionen und die Legalbewährung nach den strafrechtlichen Sanktionen eingegangen wird, bevor die Entwicklungen in der Kriminalprävention diskutiert werden.
Übertragung opferschützender Normen aus dem Strafverfahrensrecht in andere Verfahrensordnungen
(2017)
Es werden die Opferschutzbestimmungen im Strafprozessrecht, welche bereits durch intensive gesetzgeberische Tätigkeit sehr ausdifferenziert sind, mit anderen Verfahrensordnungen (Zivilprozessordnung, Arbeitsgerichtsgesetz, Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Sozialgerichtsgesetz) verglichen, in denen die Opfer bislang weniger Aufmerksamkeit vom Gesetzgeber erfahren haben. Es werden Vorschläge für ein konsistentes justizielles Opferschutzkonzept entwickelt, um für alle wesentlichen gerichtlichen Angelegenheiten vergleichbare Schutzstandards garantieren zu können, unabhängig von einer aktiven oder passiven Verfahrenspartizipation der geschädigten Person. Empfohlen wird (1) Aufwertung bzw. Funktionserweiterung des Adhäsionsverfahren, (2) Minimierung bzw. Freistellung von Kostenrisiken, (3) Erweiterung der einfachen bzw. psychosozialen Prozessbegleitung, (4) opfersensible Beschränkung der Anordnung des persönlichen Erscheinens, der Parteivernehmung und des Umgangs mit Schriftsätzen und Dokumenten und (5) opfersensible Behandlung von Zeugen.
Die Praxis der Strafrechtspflege in Deutschland wird mit Hilfe von Statistiken für die Polizei, die Staatsanwaltschaft, der Strafverfolgung und der Strafgerichte aus dem Jahr 2013, für die Bewährungshilfe aus dem Jahr 2011 und für den Bereich des Strafvollzugs aus dem Jahr 2014 anhand folgender Kriterien beschrieben: (1) Straftaten (angezeigte und aufgeklärte Fälle) und Tatverdächtige, (2) Strafverfolgung, (3) Strafzumessung und Strafsanktionen (Freiheitsstrafe, Geldstrafe, Maßregeln, Täter-Opfer-Ausgleich), (4) Bewährungshilfe, (5) Justizvollzug und Maßregelvollzug (u. a. Belegung und Dauer), (6) Wiederverurteilungen und (7) Europäischer Vergleich. Es wird darauf hingewiesen, dass die Gesamtzahlen der Straftaten und Straftäter seit zwei Jahrzehnten tendenziell abnehmen.
Im Zeitraum von Ende 2008 bis Mitte 2010 wurden in einem ersten Schritt durch Recherche und Versandaktionen alle Einrichtungen, die einen Täter-Opfer-Ausgleich (TOA) anbieten, angeschrieben und in einem zweiten Schritt, durch Mithilfe der ermittelten Einrichtungen weitere Institutionen in diesem Tätigkeitsgebiet gefunden. Insgesamt existierten Mitte 2010 mindestens N = 438 TOA-Einrichtungen in Deutschland. 238 TOA-Einrichtungen haben anhand von standardisierten Fragebögen Angaben zu den Institutionen (u. a. Art und Weise der Durchführung des TOA, Kontext zu häuslicher Gewalt, Zielgruppen, Anzahl von Fällen, Auswahl der TOA-Fälle, Zusammenarbeit mit Polizei und Justiz) und zu den vermittelnden Personen (u. a. Qualifikation, Grad der Spezialisierung, Kontrollformen, Kooperationen, Ressourcenbedarf, Erfolgskriterien, rechtspolitische bzw. kriminalpolitische Einstellungen zum TOA) gemacht.
Zur Diskussion stehen Beweisverbote, die im deutschen Strafprozessrecht nach hier vertretener Meinung nur singulär und wenig systematisch gesetzlich geregelt sind und auf einer unübersichtlichen obersten und obergerichtlichen Rechtsprechung basieren. Beweisverbote im europäischen Ausland und völkerrechtliche Auslegungen werden bei der Diskussion berücksichtigt. Empfohlen wird die Einführung einer gesetzlich verankerten Generalklausel zur Verwertbarkeit von unter Rechtsverstößen erlangten Beweisen durch den Gesetzgeber. Kontrovers diskutiert wird die sogenannte Widerspruchserfordernis beim Beweisverwertungsverbot. Es wird für eine gesetzliche Regelung des Verwertungswiderspruchs plädiert.
Das Verhältnis von Gericht, Staatsanwaltschaft und Polizei wird sowohl historisch als auch gegenwartsbezogen dargestellt, wobei insbesondere der Status der Staatsanwaltschaft diskutiert wird. Ein europäischer Überblick wird gegeben. Das Verhältnis von Justiz und Polizei wird hinsichtlich ausgewählter Kriminalitätsfelder, verschiedener beruflicher Kooperationsfelder und ausgewählter Alltagssituationen dargestellt. Strukturelle Probleme bei der Zusammenarbeit wie die Verlagerung des Schwerpunktes der Ermittlung auf die Polizei und Defizite bei einer effektiven richterlichen Kontrolle staatlicher Eingriffsbefugnisse (Richtervorbehalte) werden benannt. Ursachen werden v. a. in einer ungleichen Ressourcenverteilung (u. a. Personal, IT-Standard) von Justiz und Polizei zum Nachteil der Justiz gesehen. Die Einsetzung eines Untersuchungsrichters wird diskutiert, aber von der Kommission abgelehnt. Konkurrenzkonflikte werden hinsichtlich der Zusammenarbeit mit den Medien benannt und in diesem Zusammenhang ein Professionalitätsgefälle zwischen Polizei und Justiz zum Nachteil der Justiz festgestellt. Es wird u. a. eine stärkere Einbindung der Staatsanwaltschaft in das Ermittlungsverfahren, eine bessere Ressourcenausstattung der Justiz und die Sachherrschaft im Hinblick auf die Medieninformation gefordert.
Die bundesweite Untersuchung der Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen wurde im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht und der Abteilung für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug der Universität Göttingen durchgeführt. Nach dem Konzept der Rückfalluntersuchung werden alle in einem sogenannten Bezugsjahr strafrechtlich Sanktionierten oder aus der Haft Entlassenen während eines festgelegten Risikozeitraums daraufhin überprüft, ob sie wieder straffällig werden. Datenbasis hierfür sind die personenbezogenen Eintragungen im Zentral-und Erziehungsregister, die in der Regel mindestens fünf Jahre erhalten bleiben. Die Daten des Zentralregisters werden in drei Erhebungswellen erfasst, sodass für die Bezugsjahre 2004, 2007 und 2010 das Rückfallverhalten in einem jeweils dreijährigen Beobachtungszeitraum untersucht werden kann. Außerdem können die Daten der einzelnen Erhebungswellen so miteinander verknüpft werden, dass für das Bezugsjahr 2004 der Beobachtungszeitraum mit der dritten Erhebungswelle auf 9 Jahre erweitert werden konnte. Für die Bezugszeiträume 2004 bis 2013, 2007 bis 2013 und 2010 bis 2013 werden die Ergebnisse zu ausgewählten Kategorien dargestellt: zu Folgeentscheidungen im Verhältnis zu den Bezugsentscheidungen sowie Folgeentscheidungen im Einzelnen, zu persönlichen Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität, Rückfallraten nach Sanktionsart der Bezugsentscheidung sowie Folgeentscheidungen in Abhängigkeit von den Voreintragungen. Anhand ausgewählter Deliktbereiche werden Bezugs-, Vor- und Folgeentscheidung deliktbezogen ausgewertet. Abschließend werden die Folgeentscheidungen differenziert nach Bundesländern betrachtet.
Die bundesweite Untersuchung der Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen wurde im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz vom Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht und der Abteilung für Kriminologie, Jugendstrafrecht und Strafvollzug der Universität Göttingen durchgeführt. Nach dem Konzept der Rückfalluntersuchung werden alle in einem sogenannten Bezugsjahr strafrechtlich Sanktionierten oder aus der Haft Entlassenen während eines festgelegten Risikozeitraums daraufhin überprüft, ob sie wieder straffällig werden. Datenbasis hierfür sind die personenbezogenen Eintragungen im Zentral- und Erziehungsregister, die in der Regel mindestens fünf Jahre erhalten bleiben. Mit der vorliegenden zweiten Erhebungswelle wurden die Daten für den Zeitraum 2007 bis 2010 erfasst, sodass für die Bezugsjahre das Rückfallverhalten in einem dreijährigen Beobachtungszeitraum untersucht werden kann. Verknüpft mit den Daten der ersten Erhebungswelle für das Bezugsjahr 2004 kann der Beobachtungszeitraum entsprechend erweitert werden. Die Ergebnisse für die Bezugszeiträume 2007 bis 2010 und 2004 bis 2010 werden anhand ausgewählter Kategorien dargestellt: zu Folgeentscheidungen im Verhältnis zu den Bezugsentscheidungen sowie Folgeentscheidungen im Einzelnen, zu persönlichen Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität, Rückfallraten nach Sanktionsart der Bezugsentscheidung sowie Folgeentscheidungen in Abhängigkeit von den Voreintragungen. Anhand ausgewählter Deliktbereiche werden Bezugs-, Vor- und Folgeentscheidung deliktbezogen ausgewertet. Abschließend werden die Folgeentscheidungen differenziert nach Bundesländern betrachtet.
Legalbewährung nach strafrechtlichen Sanktionen: Eine bundesweite Rückfalluntersuchung 2004 bis 2007
(2010)
Mit einer im Jahr 2003 vorgelegten Studie für das Bezugsjahr 1994 wurde erstmals für Deutschland die Forderung nach einer alle strafrechtlich Sanktionierten einbeziehenden Rückfalluntersuchung erfüllt. Dieses Konzept bildet die Basis für die vorliegende Erhebung für das Bezugsjahr 2004. Für alle im Jahr 2004 strafrechtlich Sanktionierten oder aus der Haft Entlassenen wird während eines dreijährigen Zeitraums (bis 2007) überprüft, ob erneut Eintragungen in das Bundeszentralregister bzw. in das Erziehungsregister erfolgt sind. Die Datenziehung erfolgte im Jahr 2008. Dargestellt werden die Ergebnisse zu Folgeentscheidungen im Verhältnis zu den Bezugsentscheidungen sowie Folgeentscheidungen im Einzelnen, zu persönlichen Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität, Rückfallraten nach Sanktionsart der Bezugsentscheidung sowie Folgeentscheidungen in Abhängigkeit von den Voreintragungen. Anhand ausgewählter Deliktbereiche werden Bezugs-, Vor- und Folgeentscheidung deliktbezogen ausgewertet. Abschließend werden die Folgeentscheidungen differenziert nach Bundesländern betrachtet.
Evaluiert wird die Umsetzung der Weisung der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) in der Praxis anhand einer Aktenanalyse von Fällen der Führungsaufsicht mit angeordneter EAÜ aus dem Jahr 2014 (N = 74). Darüber hinaus wurden statistische Daten der Gemeinsamen Überwachungsstelle der Länder in die Analyse einbezogen. Die Erfahrungen und Einstellungen von Akteuren der Führungsaufsicht (Bewährungshilfe, Führungsaufsichtsstellen, polizeiliche Risikoprogramme, Richter*innen) wurden sowohl mittels Experteninterviews als auch in einer Fragebogenerhebung eruiert. Zusätzlich wurden vier Einzelinterviews mit betroffenen Personen der EAÜ geführt. Empfohlen wird die Beibehaltung der aktuellen Praxis bei der EAÜ als Ultima Ratio bei der Gefahr der Begehung schwerster Katalogstraftaten. Vorgeschlagen wird ein Sachverständigengutachten vor Erteilung einer EAÜ-Weisung und die Verkürzung der zweijährlichen Überprüfungsfrist. Es wird für eine bessere Koordination bei länderübergreifenden Fällen plädiert.
Zusammengefasst dargestellt werden Ergebnisse eines Projektes, das am Institut für Kriminologie der Universität Tübingen im Auftrag des Bundesamtes für Justiz unter dem Namen „Bundesweite Evaluation der Führungsaufsicht unter besonderer Berücksichtigung der Reformen 2007 und 2011“ durchgeführt wurde. Für die empirische Untersuchung wurden auf Basis einer ausführlichen rechtswissenschaftlichen Analyse zunächst die vorliegenden statistischen Daten zur Führungsaufsicht ausgewertet, daneben erfolgte im Jahr 2012 eine bundesweit angelegte Aktenanalyse von Führungsaufsichtsfällen (N = 606 Verfahrensakten mit laufenden oder beendeten Führungsaufsichten). Ergänzend wurde eine Befragung von verschiedenen Akteuren der Führungsaufsicht (Führungsaufsichtsstellen, Bewährungshilfe, Strafvollstreckungsgerichte, forensische Ambulanzen, Maßregeleinrichtungen nach § 63 StGB und § 64 StGB) sowie Einzelinterviews und Expertendiskussionen mit insgesamt 52 Führungsaufsichtsakteuren durchgeführt. Die Ergebnisse werden diskutiert und rechtspolitisch eingeordnet.
Während des Berliner Symposiums im April 2016 werden verschiedene Fragen des Jugendkriminalrechts und seiner Praxis erörtert. Das Programm des Symposiums teilte sich in vier thematische Blöcke: (1) „Stärkung des Gedankens der Wiedergutmachung gegenüber Kriminalitätsopfern im Jugendstrafrecht“, (2) „Impulse und Vorgaben für das Jugendstrafverfahren aus Europa“, (3) „Empirische Forschung zum Jugendkriminalrecht“ und (4) „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – eine (besondere) Zielgruppe des Jugendkriminalrechts?“. Zu jedem Block gab es im Anschluss an die Vorträge Gelegenheit zur Diskussion im Plenum. Der Tagungsband dokumentiert neben den Vorträgen in zusammengefasster Form die sich anschließenden Diskussionen.
In der vorliegenden Zusammenfassung der Bachelorarbeit der Erstautorin Franziska Oette wird am Beispiel der Anti-Gewalt- bzw. Anti-Aggressivitätsmaßnahmen (AGAA-Maßnahmen) der Frage nachgegangen, ob durch die Einführung der Modularen Behandlung in der sächsischen Jugendstrafvollzugsanstalt (JSA) Regis-Breitingen im Jahr 2015 eine höhere Quote der Teilnahme an den Behandlungsmaßnahmen erreicht werden konnte. Gefragt wurde, ob ein Jugendstrafgefangener (JSG), bei dem ein Bedarf festgestellt wird, die entsprechende Behandlung bekommt. Weiterhin wurde untersucht, ob die Behandlung dem eingeschätzten Rückfallrisiko angepasst wird und ob die Umstellung auf die Modulare Behandlung geeignet ist, die Behandlungsmotivation der JSG zu erhöhen. Die Untersuchung beruht auf Falldaten von JSG, die im Rahmen eines bundesländerübergreifenden Evaluationsprojekts seit 2011 in der JSA Regis-Breitingen erhoben wurden, sowie auf Daten aus dem Dokumentationssystem für die 2015 eingeführte Modulare Behandlung. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass der Bedarf der JSG tendenziell passend zum Rückfallrisiko erhoben wird und dass diese Passung seit Einführung der Modularen Behandlung verbessert wurde. Ein Einfluss der Umstellung auf die Abbrecherquote oder die Behandlungsmotivation der JSG konnte anhand der vorliegenden Daten (geringe Fallzahlen) nicht nachgewiesen werden.
Es wird vergleichend betrachtet, welche Merkmale Jugendstrafgefangene (JSG), die innerhalb von 3 Jahren nach Haftentlassung wieder im sächsischen Justizvollzug inhaftiert wurden (WI), von den JSG unterscheiden, die im gleichen Zeitraum nicht wieder inhaftiert wurden (NWI). Die Auswertungen basieren auf Daten über JSG, die seit dem 01.01.2011 in der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen inhaftiert waren. Einbezogen wurden nur JSG, die bis Ende 2016 aus der Bezugshaft entlassen wurden. Anhand allgemeiner Merkmale wie Alter, Staatsangehörigkeit und Bildungsabschluss werden die Gruppen WI und NWI vergleichend betrachtet. Analysiert werden zudem die Delikte der JSG nach Deliktart und Deliktschwere. Die Ergebnisse zeigen u.a., dass JSG ohne Schulabschluss und ohne berufliche Qualifikation mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut inhaftiert werden als solche, die einen Schul- oder beruflichen Abschluss vorweisen können. Ein Großteil der WI wird in den ersten 2 Jahren nach der Entlassung rückfällig, überwiegend im ersten Jahr. Bei Diebstahls-, Betrugs- und Körperverletzungsdelikten werden über die Hälfte der JSG einschlägig rückfällig. Ausgewertet wurden darüber hinaus die in den Zugangsbögen erfassten subjektiven Einschätzungen der JSG zu den Gründen für eine erneute Inhaftierung. Am häufigsten genannt wurden: Verletzung der Bewährungsauflagen, Drogen und Einfluss des Freundeskreises. Probleme bereiten den JSG insbesondere das Einhalten von Auflagen wie das Wahrnehmen von Terminen oder das Leisten von Arbeitsstunden. Auf Implikationen der Ergebnisse für die Praxis wird hingewiesen.
Der 2013 in Kraft getretene § 16a JGG ermöglicht die Verhängung von Jugendarrest bei Jugendlichen und bei Heranwachsenden, auf die nach § 105 JGG Jugendstrafrecht angewendet wird, in Kombination mit verschiedenen Varianten der Bewährungsstrafe. Zentrales Anliegen der von Beginn 2014 bis Mai 2016 durchgeführten Studie war es, zu untersuchen, wie das neue Sanktionsinstrument von den Gerichten angewendet wird (Analyse der verfügbaren amtlichen Daten und Analyse von Jugendstrafakten aus 27 zufällig ausgewählten Landgerichtsbezirken aus zwölf Bundesländern). Weiter wurde die Einstellung von Praktikern (Jugendrichter, Jugendstaatsanwälte, Bewährungshelfer, Arrestvollzugsleiter und Jugendgerichtshelfer) zur Anwendung und Praxis des § 16a-Arrestes mittels schriftlicher Befragung erfasst. Ehemalige Arrestanten wurden zu ihrem eigenen Erleben des Arrestvollzugs befragt. Anhand von Auskünften aus dem Bundeszentralregister wurde die Rückfallwahrscheinlichkeit bei den verschiedenen Gruppen von Bewährungsprobanden erhoben. Aus den Ergebnissen werden u.a. folgende Befunde abgeleitet: Der Arrest nach § 16a JGG wird insgesamt eher zurückhaltend, dabei regional sehr unterschiedlich genutzt; der Arrest nach § 16a JGG wird dort intensiv genutzt, wo der Einsatz freiheitsentziehender Sanktionen insgesamt hoch ist; zu einem § 16a-Arrest Verurteilte unterscheiden sich kaum von den ausschließlich zu einer Jugendstrafe mit Bewährung Verurteilten; der Aspekt der Unrechtsverdeutlichung als Zwecksetzung für den Arrest nach § 16a JGG spielt in der Praxis der Entscheidungen und in der Wahrnehmung der Befragten eine nicht unwesentliche Rolle. Für den untersuchten Zeitraum zeigt die Verhängung eines § 16a-Arrestes zusätzlich zu einer Jugendstrafe mit Bewährung keine Auswirkungen auf Ausmaß, Geschwindigkeit, Häufigkeit oder Schwere des Rückfalls.
Auf eine Vereinbarung im Rahmen des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode hin wurde vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas im Juli 2014 die Expertenkommission zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des allgemeinen Strafverfahrens und des Jugendstrafverfahrens einberufen. Der Expertenkommission gehörten Vertreter der Wissenschaft und der juristischen Praxis sowie Experten aus den Landesjustizverwaltungen, dem Bundesministerium des Innern und dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz an. Die Expertenkommission hat alle Verfahrensabschnitte des Strafverfahrens – vom Ermittlungsverfahren bis zur Strafvollstreckung – daraufhin untersucht, inwieweit sie unter Berücksichtigung rechtsstaatlicher Grundsätze in ihrer heutigen strukturellen Ausgestaltung den Anforderungen an ein effektives, praxistaugliches und modernes Strafverfahren noch entsprechen. Juli 2014 bis September 2015 hat sich die Expertenkommission zu acht Sitzungen im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zusammengefunden. In sieben weiteren jeweils zweitägigen Arbeitssitzungen hat die Expertenkommission die Fragestellungen anhand von schriftlichen Gutachten ihrer Mitglieder beraten. Auf der Grundlage ihrer Beratungen hat die Expertenkommission die in diesem Bericht dargestellten Empfehlungen formuliert und begründet.
Die Gutachten sowie die Protokolle der Arbeitssitzungen sind dem Bericht als Anlagenband I und II beigefügt.
Im Februar 2015 wurde vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz eine
Reformkommission mit Experten aus Wissenschaft und Praxis eingesetzt, um Vorschläge zur Überarbeitung und Neusortierung der Vorschriften des 13. Abschnitts des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches zu erarbeiten. Ziel war es, die Empfehlungen der Reformkommission in die Erstellung eines Referentenentwurfs zur Reform des Sexualstrafrechts im Herbst 2016 einfließen zu lassen. Im vorliegenden Bericht werden die Empfehlungen der Reformkommission zu einzelnen Themenkomplexen des Sexualstrafrechts wiedergegeben. In der Anlage enthalten sind darüber hinaus die Sitzungsprotokolle der Kommission sowie die themenbezogenen Impulsreferate der Experten.
Eine im Mai 2014 vom Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzte Expertengruppe befasste sich mit dem Reformbedarf im Bereich der Tötungsdelikte nach §§ 211 und 212 StGB und erarbeitete Lösungsvorschläge für eine entsprechende Reform des Strafrechts. Diskutiert wird u.a. das systematische Verhältnis zwischen § 211 und § 212 StGB, die verwendete Terminologie sowie die Rechtsfolge der Lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Expertengruppe setzt sich aus Vertretern der Wissenschaft, der Justiz, der Rechtsanwaltschaft, der strafrechtlichen Praxis sowie der Landesjustizverwaltungen zusammen. Der vorliegende Bericht fasst die Beratungsergebnisse der Expertengruppe zusammen. Enthalten sind die der Diskussion zugrundeliegenden Referate der Experten sowie von Kommissionsmitgliedern erarbeitete Konzepte zur Gesamtreform der Tötungsdelikte. Der Verlauf der Beratungen lässt sich anhand von Protokollen der einzelnen Sitzungen nachvollziehen. Wesentliche Argumente und Empfehlungen der Expertengruppe werden zusammengefasst dargestellt.
Jedes Land steht vor der Herausforderung, wie es seine Bevölkerung vor höchstgefährlichen Straftätern schützen und gleichzeitig die Würde der Straftäter/-innen wahren kann. Deutschland stellt sich dieser Herausforderung mit einem zweispurigen Strafrechtssystem: Neben Freiheitsstrafen existiert die Maßregel der Sicherungsverwahrung, welche im Anschluss an die zeitige Freiheitsstrafe vollstreckt wird und zeitlich unbegrenzt andauern kann.
Die vorliegende Arbeit untersucht den politischen Aushandlungsprozess, der im Deutschen Bundestag über fünf Legislaturperioden hinweg unter wechselnden Regierungskoalitionen intensiv und teilweise hitzig geführt worden ist. Im Diskurs zur Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung werden Grundwerte verhandelt, die die Freiheit von uns allen tangieren. Was ist uns die individuelle Freiheit wert? Welche Bedeutung soll der Sicherheit der Allgemeinheit zugemessen werden? Wie sehr können und wollen wir uns auf prognostizierte Gefährlichkeitswerte verlassen?
Der Entscheidungsdiskurs zur Maßregel der Sicherungsverwahrung wird dabei aus sicherheitskultureller Sicht analysiert. Die dem Diskurs zugrunde liegenden Wissensordnungen bzw. Wertesysteme der politischen Parteien werden mit Hilfe der artikulierten Überzeugungen rekonstruiert. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf die im Zeitverlauf differierenden Konstellationen Regierungs- vs. Oppositionspartei gelegt.
Die Vorhersage von Rückfall bei Jugendstrafgefangenen: Vergleich dreier statistischer Verfahren
(2020)
In der vorliegenden Zusammenfassung der Masterarbeit der Erstautorin werden drei mögliche statistische Verfahren zur Vorhersage von Rückfall anhand verschiedener Prädiktoren bei jugendlichen Strafgefangenen analysiert: (1) Logistische Regression (LR), (2) "Random Forest" (RF) und (3) "Boosted Classification Trees" (BCT). Grundlage der Analyse sind die Daten männlicher Jugendstrafgefangener, die mehr als ein halbes Jahr in der Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen eine Haftstrafe verbüßten und zwischen den Jahren 2013 und 2016 entlassen wurden. Die drei genannten statistischen Methoden wurden an einem Datenpool mit Daten über 643 Jugendstrafgefangene und 138 Variablen angewandt. Die Ergebnisse werden diskutiert. Festgestellt wird, dass Vor- und Nachteile der Methoden zur Bestimmung des Rückfallrisikos abhängig von der Zieldefinition der Rückfalluntersuchung sind. Zur Bestimmung der Vorhersagekraft einzelner Variablen wird auf LR verwiesen. Für die Vorhersagegenauigkeit werden Vorteile bei RF und besonders BCT gesehen.
Das Selbstregulationsmodell sexueller Rückfälligkeit („self-regulation model of the relapse process“, SRM) stellt eine Theorie zur Ätiologie sexueller Delinquenz und Rückfälligkeit dar, bei der sexuell motivierte Straftaten und Täter unterschiedlichen Rückfallpfaden und Entscheidungswegen zugeordnet werden, von denen aus wiederum auf individuelle Motive, Defizite und Ressourcen geschlossen werden kann. In der vorliegenden Studie wurde eine Stichprobe von N = 68 Männern, die mindestens eine sexuell motivierte Straftat gegen Kinder begangen haben, in Bezug auf die SRM-Typologisierung beurteilt und hinsichtlich verschiedener klinischer, demografischer und kriminologischer Merkmale verglichen. Unter Verwendung des SRM konnten 25 % (n = 17) dem annähernd-expliziten, 25 % (n = 17) dem vermeidend-passiven, 22,1 % (n = 15) dem annähernd-automatischen und 13,2 % (n = 9) dem vermeidend-aktiven Rückfallpfad zugeordnet werden. Männer mit Annäherungszielen wiesen im Vergleich zu denen mit Vermeidungszielen höhere Werte im Static-99 und ein entsprechend höheres Rückfallrisiko auf. Außerdem wurde bei Männern mit Annäherungszielen häufiger die Diagnose einer Pädophilie gestellt. Die Ergebnisse liefern erste Hinweise dafür, dass das SRM ein nützliches theoretisches Modell sein kann, um Gemeinsamkeiten zwischen Männern, die aufgrund eines Kindesmissbrauchsdelikt verurteilt wurden, aufzudecken.
Die Etablierung des Internets als sozialer Raum stellt die größte Umwälzung menschlicher Kommunikations- und Interaktionsformen der letzten Jahrzehnte dar. Bekannte Delinquenzformen wurden an die digitale Welt angepasst, entstanden sind aber auch neue, strafrechtlich relevante Äußerungsformen in der digitalen Kommunikation. Im Überblick werden kriminologische und forensische Erkenntnisse aus dem deutschsprachigen Raum zu Formen der Cyberkriminalität dargestellt, die im Kontext von Partnerschaft, Sexualität und Peerbeziehungen auftreten: Neben dem Cyberstalking und Cybergrooming wird auf Cyberbullying (oder -mobbing) sowie das (Love- oder Romance‑)Scamming eingegangen und es werden zentrale Forschungsergebnisse referiert. Die Darstellung dieser cyberkriminellen Ausdrucksformen verdeutlicht den stetigen Zuwachs an Bedeutung, den dieser Delinquenzbereich in den letzten Jahren verzeichnet, und unterstreicht gleichzeitig die Notwendigkeit einer spezifischen Cyberkriminologie dieser und anderer digitalen Delinquenzformen.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz geht in ihrem ersten Opferschutzbericht insbesonders auf folgende Punkte ein: (1) geltende Rechtslage hinsichtlich der unterschiedlichen Bereiche des Opferschutzes, (2) Maßnahmen zur Verbesserung des geltenden Opferentschädigungsgesetzes, (3) Entwicklung der Opferzahlen in den Jahren 1998 bis 2007, (4) Projekte und Maßnahmen sowohl im vorsorgenden als auch im nachsorgenden Opferschutzbereich und (5) beabsichtigte Bundesratsinitiativen im Bereich Opferschutz.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz geht in ihrem zweiten Opferschutzbericht insbesonders auf folgende Punkte ein: (1) Veränderungen hinsichtlich der Rechtslage zur Rechtsstellung des Opfers in den vergangenen zwei Jahren, (2) Entwicklung der Opferzahlen der Jahre 2000 bis 2009, (3) neu hinzugekommene Projekte und Maßnahmen bzw. Weiterentwicklung bestehender Programme sowohl im vorsorgenden als auch im nachsorgenden Opferschutzbereich und (4) Bundesratsinitiativen zur Verbesserung des Opferschutzes.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz geht in ihrem dritten Opferschutzbericht insbesonders auf folgende Punkte ein: (1) Veränderungen hinsichtlich der Rechtslage zur Rechtsstellung des Opfers in den vergangenen zwei Jahren, u. a. Umsetzungen europäischer Vorgaben im Berichtzeitraum, (2) Entwicklung der Opferzahlen der Jahre 2002 bis 2011, (3) neu hinzugekommene Projekte und Maßnahmen bzw. Weiterentwicklung bestehender Programme sowohl im vorsorgenden als auch im nachsorgenden Opferschutzbereich und (4) ressortübergreifende und interdisziplinäre Vernetzung im Bereich Opferschutz.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz geht in ihrem vierten Opferschutzbericht insbesonders auf folgende Punkte ein: (1) Veränderungen hinsichtlich der Rechtslage zur Rechtsstellung des Opfers in den vergangenen zwei Jahren, u. a. Umsetzungen europäischer Vorgaben im Berichtzeitraum, (2) Entwicklung der Opferzahlen der Jahre 2004 bis 2013, inklusive einer statistischen Erfassung und Auswertung der Opferspezifik, (3) neu hinzugekommene Projekte und Maßnahmen bzw. Weiterentwicklung bestehender Programme sowohl im vorsorgenden als auch im nachsorgenden Opferschutzbereich und (4) ressortübergreifende und interdisziplinäre Vernetzung im Bereich Opferschutz.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz geht in ihrem fünften Opferschutzbericht insbesonders auf folgende Punkte ein: (1) Veränderungen hinsichtlich der Rechtslage zur Rechtsstellung des Opfers in den vergangenen zwei Jahren, u. a. Umsetzungen europäischer Vorgaben im Berichtzeitraum, (2) Entwicklung der Opferzahlen der Jahre 2006 bis 2015, inklusive einer statistischen Erfassung und Auswertung der Opferspezifik, (3) neu hinzugekommene Projekte und Maßnahmen bzw. Weiterentwicklung bestehender Programme sowohl im vorsorgenden als auch im nachsorgenden Opferschutzbereich und (4) ressortübergreifende und interdisziplinäre Vernetzung im Bereich Opferschutz.
Die Landesregierung von Rheinland-Pfalz geht in ihrem sechsten Opferschutzbericht insbesonders auf folgende Punkte ein: (1) Veränderungen hinsichtlich der Rechtslage zur Rechtsstellung des Opfers in den vergangenen zwei Jahren, u. a. Umsetzungen europäischer Vorgaben im Berichtzeitraum, (2) Entwicklung der Opferzahlen der Jahre 2008 bis 2017, inklusive einer statistischen Erfassung und Auswertung der Opferspezifik, (3) neu hinzugekommene Projekte und Maßnahmen bzw. Weiterentwicklung bestehender Programme sowohl im vorsorgenden als auch im nachsorgenden Opferschutzbereich, z. B. Bestellung eines Opferbeauftragten auf Landesebene und Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung besonders schutzbedürftiger Verletzter bestimmter Straftaten und (4) ressortübergreifende und interdisziplinäre Vernetzung im Bereich Opferschutz.
Es wird der Fall eines Sicherungsverwahrten geschildert, der die Hälfte seines Lebens in Haftanstalten oder Einrichtungen des Maßregelvollzugs verbracht hat. Die Kasuistik dient als Beispiel für einen milden Fall innerhalb der Klientel der Sicherungsverwahrten, zeigt aber gerade dadurch, wie schwierig sich die Umsetzung der vom BGH geforderten Behandlungs- und Entlassungsperspektiven in der Realität gestaltet.
Im sächsischen Strafvollzug wird ein Anstieg der Anzahl von Strafgefangenen, die 60 Jahre und älter sind, verzeichnet - ein Trend, der sich bundesweit in Justizvollzugsanstalten zeigt. Vorgestellt werden ausgewählte Ergebnisse einer schriftlichen Befragung dieser Gefangenengruppe im sächsischen Strafvollzug sowie von Interviews mit Vollzugsmitarbeitern. Von den 65 zum festgelegten Stichtag 11.01.2010 im sächsischen Vollzug Einsitzenden im Alter von über 60 Jahren nahmen 48 an der Befragung teil. Anhand eines Fragebogens wurden die Teilnehmenden zu ihren familiären Verhältnissen, ihren sozialen Kontakten, ihrem Gesundheitszustand und ihren Vorstellungen hinsichtlich der Zeit nach der Entlassung aus dem Strafvollzug befragt. Darüber hinaus wurden mit einigen Gefangenen Gespräche geführt, um zusätzliche Informationen zu erhalten. Im Fokus stand die Frage, welche spezifischen Problemfelder diese Gefangenengruppe aufweist und wie diesen im Rahmen der Entlassungsvorbereitung oder eines Übergangsmanagements begegnet werden kann. Im Ergebnis zeigt sich eine sehr heterogene Gruppe von Inhaftierten, die sich in Strataten und Vorbelastungen unterscheiden. Vielen gelingt es, während der Inhaftierung regelmäßigen Kontakt zu ihrem sozialen Umfeld zu halten. Die meisten Befragten werden nach der Entlassung einen festen Wohnort haben und auch über eine ausreichende finanzielle Grundsicherung verfügen. Drogen- und Alkoholproblematiken spielen bei der untersuchten Altersgruppe keine bzw. kaum eine Rolle. Es gibt jedoch eine Gruppe älterer Gefangener, die weder über gefestigte soziale Kontakte noch über einen eigenen Wohnraum für die Zeit nach der Entlassung verfügen. Auf Implikationen der Ergebnisse für die Frage der Entlassungsvorbereitung bzw. des Übergangsmanagement wird hingewiesen.
Studie „Gewalt im Gefängnis“
(2017)
Untersucht werden Gewaltvorkommnisse in sächsischen Justizvollzugsanstalten (JVAen). Ziel ist es, diese zu dokumentieren, zu beschreiben und Prädiktoren von Gewalt im Vollzug zu ermitteln. Für die Untersuchung wurden von Mai 2010 bis April 2014 Gewaltvorkommnisse innerhalb sächsischer JVAen systematisch erhoben: Merkmale zu der Tat selbst sowie Merkmale zu jeder direkt beteiligten Person, ergänzt durch Daten aus dem EDV-System des Justizvollzugs. Die Ergebnisse beschreiben u.a. die Anzahl der Taten und beteiligten Personen, die Taten selbst (Formen ausgeübter Gewalt und Tatmittel, Ort der Gewaltvorkommnisse), die Folgen für die beteiligten Inhaftierten sowie Täter-Opfer-Konstellationen. Zur Bestimmung möglicher Prädiktoren, die mit der Häufigkeit des Aufkommens von Gewalt - ob als Täter, Opfer oder als Beteiligter - korrelieren, werden alle Inhaftierten, die im Beobachtungszeitraum in sächsischen JVAen inhaftiert waren, betrachtet. Hiernach zeigt sich, dass Gewaltausübung und Gewalterfahrung nur eine Minderheit der Inhaftierten direkt betreffen. Als Merkmale, die statistisch für eine höhere Wahrscheinlichkeit von Gewalttäterschaft in Haft sprechen, wurden u.a. identifiziert: niedriges Alter, Gewaltdelikte als Anlassdelikt, Vermerk des medizinischen Dienstes der JVA „Einzelunterbringung erforderlich“, nicht-deutsche Staatsangehörigkeit. Folgende Merkmale stehen u.a. für eine statistisch höhere Wahrscheinlichkeit, in Haft Opfer von Gewalt zu werden: niedriges Alter, Sexualdelikt, Erstinhaftierung, niedrige Körpergröße, Vermerk „Einzelunterbringung erforderlich“ durch den Medizinischen Dienst. Abschließend werden Anregungen für Maßnahmen gegen Gewalt im Vollzug gegeben.
Nach dem rheinland-pfälzischen Landesjustizvollzugsgesetz vom 1.6.2013 sind Behandlungsmaßnahmen für Strafgefangene und Jugendstrafgefangene "auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konzipieren, zu standardisieren und auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen". Der vorliegende Bericht zur Evaluation der Behandlungsmaßnahmen hat zum Ziel, die jeweilige Vollzugspopulation näher zu beschreiben, die im Vollzug vorgehaltenen Behandlungsprogramme zu strukturieren und zu analysieren sowie auf weitere Möglichkeiten der Evaluation hinzuweisen. Nach einem Überblick über die Grundlagen der Evaluationsforschung sowie der Besonderheiten der Evaluation von Behandlungsmaßnahmen im Vollzug werden die Bereiche Strafvollzug und Jugendstrafvollzug in eigenen Abschnitten dargestellt (Teil I: Strafvollzug, Teil II: Jugendstrafvollzug). Die Abschnitte behandeln jeweils methodische Hinweise und Datenquellen, Ergebnisse der Erhebungen und Auswertungen sowie Schlussfolgerungen. Zum Teil konnte hierbei auf Erfahrungen und Erhebungsinstrumente der länderübergreifend durch die Kriminologischen Dienste seit 2009 entwickelten Instrumente zur Evaluation des Jugendstrafvollzugs zurückgegriffen werden. Teil I (Strafvollzug) stellt die Ergebnisse der Strukturdatenanalyse sowie der Erhebung der Behandlungsmaßnahmenverläufe dar und geht auf besondere Vorkommnisse im Vollzug wie Gewalt unter Strafgefangenen und Suizid ein. Für Teil II (Jugendstrafvollzug) werden zusätzlich zu den Strukturdaten und Behandlungsmaßnahmen die Ergebnisse der durchgeführten Falldatenerhebung dargestellt.
Auf Grundlage eines länderübergreifenden Evaluationskonzepts werden Behandlungsprogramme für Jugendstrafgefangene vom Kriminologischen Dienst Rheinland-Pfalz wissenschaftlich evaluiert. Nach Landesjugendstrafvollzugsgesetz ist dem Landtag Rheinland-Pfalz über die Ergebnisse der Evaluation alle fünf Jahre Bericht zu erstatten. Grundlage des vorliegenden Berichts sind Datenerhebungen aus den Jahren 2010, 2011 und 2012. Ziel ist es, einen Überblick über die Struktur des rheinland-pfälzischen Jugendstrafvollzugs und die dort vorgehaltenen Behandlungs-, Erziehungs- und Fördermaßnahmen zu geben. In die Untersuchung einbezogen werden die Jugendstrafvollzugsstandorte Schifferstadt, Wittlich und teilweise Zweibrücken. Nach einer Erörterung des Untersuchungsdesigns und der Vorgehensweise bei der Evaluation werden die Strukturdaten des Jugendstrafvollzugs in Rheinland-Pfalz anhand unterschiedlicher statistischer Daten dargestellt. Anschließend werden kategorisierte Maßnahmenverläufe (Gruppenmaßnahmen) untersucht. Die Zusammenstellung erlaubt Aussagen zur Konzipierung von Maßnahmen im Jugendstrafvollzug anhand standardisierter Strukturierungsmerkmale sowie zur Wirksamkeit der Maßnahmen bei den Teilnehmenden nach der Leitfrage: welche Maßnahmen zeigen bei welchen Gefangenen welche, bereits im Vollzug messbaren Ergebnisse. Darüber hinaus wurde die Bedarfssituation der Jugendstrafgefangenen bezogen auf einzelne Maßnahmetypen erfasst und untersucht, inwieweit dieser Bedarf erfüllt wird.
Untersucht werden Behandlungsmaßnahmen bei Jugendstrafgefangenen (JSG) der Jugendstrafanstalt Regis-Breitingen (JSA). Gefragt wird danach, welche Behandlungsbedarfe bestehen, wie diese Bedarfe durch Behandlungsmaßnahmen gedeckt werden und wie erfolgreich diese Maßnahmen nach fachdienstlicher Einschätzung sind. Die Analyse bezieht sich hierbei auf eine bundesländerübergreifend entwickelte Systematik. Zur Beantwortung der Fragen wird seit Anfang 2011 für alle Zugänge in die JSA ein Datenbogen angelegt, der bei Vollzugsplanungen und nach dem Verlassen der JSA von MitarbeiterInnen des Sozialdienstes ausgefüllt, aktualisiert bzw. vervollständigt wird. Der vorliegenden Auswertung liegen Daten aus 382 Erhebungsbögen von JSG, welche die JSA bereits verlassen haben, zugrunde. Zunächst wird für einzelne Maßnahmekategorien jeweils erhoben, für welchen Anteil der JSG ein Bedarf festgestellt wurde, bei welchem Anteil der JSG eine Maßnahme (a) mit und (b) ohne Bedarf begonnen wurde und welcher Anteil derjenigen JSG, die eine Maßnahme begonnen haben, diese abgebrochen haben. Weiter wird differenziert, aus welchen Gründen Maßnahmen nicht begonnen wurden. Einzelne ausgewählte Ergebnisse werden erläutert. Es zeigt sich, dass zahlreiche Maßnahmen durchgeführt werden und dies in hohem Maße bedarfsorientiert erfolgt. Für einige Bereiche wird Verbesserungsbedarf festgestellt. Dies gilt auch für den Grad der Zielerreichung, der von den Fachdiensten unterschiedlich eingeschätzt wird, sowie für die teilweise hohen Abbruchquoten.
Die Untersuchung analysiert Einschätzungen von Jugendstrafgefangenen zur Wirksamkeit der Zeit der eigenen Inhaftierung und ihrer Vollzugserfahrung vor dem Hintergrund des Vollzugsziels, zukünftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Grundlage der Auswertung sind Daten aus einem Abgangsfragebogen von männlichen Jugendstrafgefangenen (JSG), die seit dem 1.1.2011 in die Jugendstrafvollzugsanstalt Regis-Breitingen (JSA) gekommen sind, diese vor April 2014 wieder verlassen haben und mindestens 60 Tage in der JSA inhaftiert waren. Zu verschiedenen Aussagen wurden die JSG gefragt, wie sehr sie diesen zustimmen, z. B. "Ich bin gut mit meinen Mithäftlingen ausgekommen", "den Bediensteten habe ich vertraut", "Man muss sich in Haft jeden Tag aufs neue behaupten". Abgefragt wurden auch Gewalterfahrungen in Haft sowie die Einschätzung und Bewertung einzelner Angebote und Maßnahmen. Ergänzend konnten in Freitext Angaben zur Einschätzung von Unterstützung, zur Veränderung des Selbst sowie zur Nennung von Verbesserungs- oder Änderungsvorschlägen gemacht werden.