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Im Jahr 2006 wurden von einer Arbeitsgruppe (nicht verbindliche) Mindestanforderungen für Prognosegutachten formuliert, die bereits im Gutachtenauftrag Berücksichtigung finden sollen. Insbesondere sollen die Sachverständigen sich an folgenden vier prognostischen Fragestellungen orientieren: (1) der Wahrscheinlichkeit erneuter Straftaten, (2) der Art, Häufigkeit und des Schweregrades erneuter Straftaten, (3) möglicher risikoreduzierender Maßnahmen und (4) möglicher risikoerhöhender Umstände. In einer empirischen Studie werden N = 787 Prognosegutachten von Gewalt- und Sexualstraftätern, die zwischen 1999 und 2016 erstellt worden sind, hinsichtlich der richterlichen Auftragsstellung und deren Beantwortung analysiert. Einen Teil der Stichprobe bilden n = 412 externe Prognosegutachten der JVA Freiburg und n = 375 Prognosegutachten der Abteilung für Forensische Psychiatrie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Es wurden n = 407 (Freiburg: 253, München: 154) vor 2006 erstellt und n = 380 (Freiburg: 159, München: 221) nach 2006. Es zeigt sich, dass ab 2006 die Münchner Abteilung eine statistisch signifikant häufigere Beantwortung der Fragestellungen (1), (2) und (4) verzeichnet, wohingegen keine Veränderung bei den externen Prognosegutachten der JVA Freiburg festzustellen ist. Es wird argumentiert, dass in universitären Einrichtungen eher wissenschaftliche Empfehlungen aufgegriffen werden als in der allgemeinen Gutachterpraxis. Zudem wird die Bedeutung der Bezugnahme auf die prognostischen Fragestellungen bereits im richterlichen Gutachtenauftrag betont, da statistisch gezeigt werden kann, dass diese zu einer konkreteren Beantwortung durch die Sachverständigen führt.
Vor dem Hintergrund der Frage nach Möglichkeiten zur Qualitätssicherung in der strafrechtsrelevanten Begutachtungspraxis werden diverse Forschungsprojekte vorgestellt, die die Einhaltung der 2006/2007 publizierten "Mindestanforderungen" an Prognose- und Schuldfähigkeitsgutachten untersuchen. Der Fokus liegt hierbei auf einem 2023 abgeschlossenen iterativem Forschungsprojekt, in dem N = 1000 Prognose- und Schuldfähigkeitsgutachten über Sexual- und Gewaltstraftäter von 150 verschiedenen Sachverständigen retrospektiv analysiert werden. Der Erstellungszeitraum erstreckt sich von 1999 bis 2016. Es wird konstatiert, dass Gutachten nach dem Erscheinen der Mindestanforderungen stärker auf relevante prognostische Fragen eingehen und, dass die Mindestanforderungen auch bei Schuldfähigkeitsgutachten umgesetzt werden. Darüber hinaus bestätigen die Ergebnisse eine ausgeprägte Heterogenität von angewendeten testpsychologischen Verfahren in der Begutachtungspraxis. Nichtsdestoweniger scheint nach aktuellem Stand eine intuitive Vorgehensweise in der Praxis weiterhin verbreitet zu sein und das Fehlen einer (methodischen) Kontrolle bei der Urteilsbildung an der heterogenen Gutachtenqualität mitverantwortlich zu sein. Weitere Ergebnisse werden diskutiert. Abschließend werden Möglichkeiten der wissenschaftlichen Qualitätssicherung der Begutachtungspraxis erörtert, darunter postgraduale Ausbildungscurricula und interdisziplinär konzipierte Fragenkataloge.
Im deutschen Strafrecht haben kriminalprognostische Beurteilungen eine große Bedeutung und stellen einen wesentlichen Bestandteil der Aufgabenbereiche im Justiz- und Maßregelvollzug dar. In der Forschungsliteratur werden unterschiedliche methodische Zugänge zur Erstellung von Kriminalprognosen diskutiert, die sich in klinisch-intuitive, statistisch-aktuarische, klinisch-strukturierte sowie klinisch-idiographische Methoden gliedern lassen. Bisherige Studienergebnisse verdeutlichen die Vorzüge standardisierter Kriminalprognosen gegenüber der intuitiven unstrukturierten Urteilsbildung und verweisen auf die signifikant höhere Vorhersageleistung durch standardisierte Kriminalprognoseinstrumente. Der Einsatz aktuarischer sowie klinisch-strukturierter Prognoseinstrumente wird anhand 605 Prognosegutachten aus dem Zeitraum zwischen 1999 und 2016 in Abhängigkeit von Merkmalen des Gutachtens (Erstellungszeitpunkt, Institutionen, Profession Sachverständige/-r) sowie probandenbezogener Merkmale (Anlassdelinquenz, Diagnose, Inhaftierung bzw. Unterbringung) analysiert. Es zeigt sich trotz eines zunehmenden Einsatzes aktuarischer und klinisch-strukturierter Prognoseinstrumente im Zeitverlauf eine heterogene Anwendung in der kriminalprognostischen Begutachtungspraxis. Die Ergebnisse sprechen einerseits für eine zunehmende Standardisierung von Kriminalprognosen, andererseits für weiteren Handlungsbedarf im Hinblick auf die Qualitätssicherung klinischer Urteilsbildung in der Kriminalprognostik.
Vor dem Hintergrund der Veröffentlichung von "Mindestanforderungen an Prognosegutachten" in 2006 wird untersucht, inwieweit diese in der Praxis bei der Erstellung prognostischer Gutachten über Gewalt- und Sexualstraftäter umgesetzt werden und sich seither die Gutachtenqualität gemessen an der Trefferquote der prognostischen Entscheidungen verbessert hat. Dazu werden Prognosegutachten über Gewalt- und Sexualstraftäter aus der JVA Freiburg und der Abteilung für Forensische Psychiatrie der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der LMU München (N = 502) aus 1999 bis 2002 und 2008 bis 2011 analysiert und günstig gerichtete Prognosegutachten mit Ergebnissen aus dem Bundeszentralregisterauszug (Stand Juni 2016) validiert. Es zeigt sich, dass die Mindestanforderungen im Gegensatz zur universitären Institution in der externen gutachterlichen Praxis nur teilweise berücksichtigt werden. Die Einhaltung der Mindestanforderungen steht in positivem Zusammenhang mit der prognostischen Trefferquote günstig gerichteter Prognosegutachten. Die Ergebnisse werden diskutiert, auf weiteren Handlungsbedarf bei der gutachterlichen Qualitätssicherung verwiesen und Einschränkungen der Studie angeführt.
Schuldfähigkeitsgutachten dienen als Grundlage für die Beurteilung der Voraussetzungen einer freiheitsentziehenden Maßregel. Die Forschungsliteratur verweist auf eine heterogene Gutachtenqualität in der Praxis. Seit der Veröffentlichung von Mindestanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten einer interdisziplinären Arbeitsgruppe im Jahr 2007 liegen bislang nur wenige empirische Belege darüber vor, ob und in welcher Form diese auch in der Praxis umgesetzt werden. Analysiert wurde die Umsetzung der Mindestanforderungen und Gefährlichkeitsprognose in N = 230 Schuldfähigkeitsgutachten in Abhängigkeit des Erstellungszeitpunktes (vor bzw. nach der Publikation der Mindestanforderungen). Für eine Teilstichprobe (n = 136) lagen Auskünfte über die Verfahrensausgänge vor und konnten hinsichtlich der Berücksichtigung der sachverständigen Befunde im Urteil untersucht werden. Es zeigt sich eine zunehmende Umsetzung der Mindestanforderungen in der gutachterlichen Praxis im Zeitverlauf. Die Gefährlichkeitsprognose zur Frage der Unterbringung im Maßregelvollzug sowie die Berücksichtigung gutachterlicher Befunde im Urteil stellen sich hingegen nach wie vor äußerst heterogen dar. Die Ergebnisse sprechen einerseits für einen (Teil-)Erfolg, andererseits verdeutlichen sie weiteren Handlungsbedarf im Hinblick auf die Qualitätssicherung bei der Erstellung von Schuldfähigkeitsgutachten.
Die vorliegende Studie untersucht, inwiefern kriminalprognostische Verfahren sich auch zur Vorhersage von Lockerungsmissbräuchen und intramuralen Regelverstößen in Justizvollzugsanstalten eignen. Es werden die Validität der dritten Version der Offender Group Reconviction Scale (ORGS 3) und des Screeninginstruments des Gewaltrisikos (SVG-5) und weiterer Prädiktoren, darunter Suchtproblematik, stabile Lebenssituation und Verstöße gegen Bewährungsauflagen, untersucht. Die analysierte Gesamtstichprobe (N = 200) besteht aus männlichen Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Frankenthal im Durchschnittsalter von M = 37,98 Jahren zum Untersuchungszeitpunkt im Sommer des Jahres 2019. Die Auswahl der Gesamtstichprobe erfolgte zweistufig: (1) es wurden n = 100 Gefangenenpersonalakten von Straftätern mit genehmigten Vollzugslockerungen und (2) n = 100 Gefangenenpersonalakten ohne gewährte Lockerungen ausgewählt. Für die Prognoseinstrumente ergeben sich überwiegend geringe bis maximal moderate Effektstärken: für die ORGS 3: AUC = 0,522 bis 0,556 und für das SVG-5: AUC = 0,561 bis 0,653. Es wird geschlussfolgert, dass beide Instrumente bezüglich der Vorhersage von Lockerungsmissbräuchen und intramuralen Verstößen im Regelvollzug als nicht prädiktiv einzustufen sind. Abschließend wird konstatiert, dass die Untersuchung trotz methodischer Einschränkungen das Potenzial aktuarischer Prognoseinstrumente für die Prädiktion von Lockerungsmissbräuchen und intramuralem Fehlverhalten aufzeigen konnte.
Vorgelegt wird eine empirische Untersuchung zur Verurteilungspraxis bei Delikten im Zusammenhang mit Schleusungskriminalität. Die strafrechtliche Seite dieses Phänomens wird in §§ 96 und 97 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (früher§§ 92a und 92b des Ausländergesetzes) als Beihilfe oder Anstiftung zur unerlaubten Einreise beziehungsweise zum unerlaubten Aufenthalt umschrieben. Diese abstrakte gesetzliche Umschreibung der Schleuserkriminalität wird durch die vorliegende Untersuchung veranschaulicht, indem dargestellt wird, welche Lebenssachverhalte in der Vergangenheit vor deutschen Gerichten zu einer rechtskräftigen Entscheidung wegen des Einschleusens von Ausländern führten. Hierzu wurden die Akten von rund 200 Strafverfahren aus Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen ausgewertet. Die Ergebnisse werden nach Fallgruppen unterteilt dargestellt. Daneben finden sich Ausführungen zu einzelnen Rechtsproblemen, die das Phänomen der Schleuserkriminalität mit sich bringt, sowie eine kritische Würdigung der untersuchten Entscheidungen im Lichte der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ferner wird untersucht, ob sich statistische Zusammenhänge zwischen bestimmten Umständen der Taten oder der Strafverfahren (z. B. Anzahl der Geschleusten, Dauer der Untersuchungshaft) und dem Strafmaß ausmachen lassen.
Die Kriminologische Zentralstelle führt seit 1997 im Auftrag ihrer Mitglieder eine regelmäßige Stichtagserhebung in sozialtherapeutischen Anstalten und Abteilungen des Justizvollzugs durch, um Stand und Entwicklung der Sozialtherapie im Justizvollzug zu dokumentieren. Die Stichtagserhebung basiert auf einem Fragebogen, der in enger Zusammenarbeit mit den sozialtherapeutischen Einrichtungen sowie mit dem Arbeitskreis „Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug“ erstellt wurde. Der vorliegende Bericht wertet die elfte derartige Grunddatenerhebung aus. An der diesjährigen Befragung nahmen alle 47 am Stichtag existierenden sozialtherapeutischen Einrichtungen Deutschlands teil. Neben den vorhandenen Haftplätzen und der Belegung wurden diverse Angaben zu den Gefangenen (u.a. Alter, Haftdauer, Straftaten), spezielle institutionelle Vorgänge (Zu- und Abgänge, Nachbetreuungsformen, Lockerungen) sowie Angaben zum Personal der Einrichtungen erfasst. Wie bereits in den Vorjahren wurden bei einzelnen Fragebereichen auch Zeitreihen ermittelt. In Ergänzung zu der Grunddatenerhebung wurde zum Stichtag am 31.03.2007 eine Umfrage zu den vom Arbeitskreis „Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug“ formulierten Mindestanforderungen an sozialtherapeutische Einrichtungen durchgeführt.
Für die Vollzugsplanung benötigt jede Landesjustizverwaltung Kenntnisse über zukünftige Entwicklungen der Belegungszahlen im Strafvollzug. Im Rahmen einer kriminologischen und statistischen Zeitreihenanalyse von Einflussgrößen der Gefangenenentwicklung werden fünf ausgewählte Reihen der Strafverfolgungsstatistik für das Bundesland Hessen modelliert. Die Entwicklung der Strafgefangenen im Vollzug der Freiheitsstrafe kann über längere Zeiträume ex post prognostiziert werden. So zeigt sich, dass die Vollzugsbelegung weitgehend dem Trend der registrierten Kriminalität folgt, von demographischen Entwicklungen abhängig ist und von ökonomischen Prozessen beeinflusst wird. Ebenso zeigt sich, dass bei einer Zeitverzögerung von etwa 4 Jahren die adjustierte Reihe der Tatverdächtigen ein zuverlässiger Prädiktor für die Trendentwicklung der hessischen Strafgefangenen darstellt. Langfristige Schwankungen im Strafvollzug hängen nach hier vertretener Auffassung mit der sanktionierten schweren Kriminalität zusammen.
Es werden einschlägige Rückfalluntersuchungen und Sekundäranalysen aus den angloamerikanischen Ländern ausgewertet. Im Vordergrund stehen Arbeiten zu Sexualdelikten, die mit (physischer) Gewalt verbunden sind. Es zeigt sich, dass nur nach einer Klärung maßgeblicher Variablen wie Delikte, Tat- und Tätereigenschaften, Maßstab der erneuten Straffälligkeit, Dauer des Beobachtungszeitraumes sowie Behandlungs- bzw. Kontrolldaten sinnvolle Aussagen über Rückfallquoten möglich sind. Folgende Ergebnisse lassen sich u.a. hervorheben: Sexualstraftäter treten in geringerem Maße als andere Straftäter erneut strafrechtlich in Erscheinung. Die einschlägige Rückfälligkeit von Sexualstraftätern ist im Allgemeinen geringer als ihre sonstige erneute strafrechtliche Auffälligkeit. Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Straftat steigt durch eine (schwere) strafrechtliche Vorbelastung erheblich. Junge (gewalttätige) Sexualstraftäter rezidivieren häufiger als ältere, insbesondere wenn spezielle Persönlichkeitsmerkmale vorliegen. Die Persönlichkeitsmerkmale von Vergewaltigern, die Mehrfach- oder Rückfalltäter sind, weichen von denen durchschnittlicher Männer häufig gravierend ab. In der Behandlung von Sexualstraftätern werden in den letzten Jahren zunehmend Erfolge bei der Rückfallvermeidung berichtet. Für die Gruppe der Vergewaltiger sind solche Effekte vergleichsweise bescheidener oder nicht vorhanden. Eine generelle Intensivierung ambulanter Kontrollmaßnahmen für Sexualstraftäter - als Ergänzung oder Alternative zum Strafvollzug oder in Verbindung mit therapeutischen bzw. sozialintegrativen Programmen - findet vor allem in den USA statt; die hierauf bezogene Rückfallforschung steckt noch in den Anfängen.
In einer 2002 bis Anfang 2003 durchgeführten Befragung wurde der Sachstand zu Maßnahmen der Landesjustizverwaltungen zur Bekämpfung und Prävention von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Gewalt erhoben. Die Auswertung berücksichtigt alle bis Ende Juli 2003 eingegangenen Fragebögen und Materialien aus 15 von 16 Bundesländern. Ziel der Befragung ist es, eine Bestandsaufnahme zu erstellen, wie die Justiz der gesellschaftlichen Herausforderung des Rechtsextremismus begegnet. Sie dient dem Informationsaustausch und der Verständigung der Landesjustizverwaltungen.
Ein durch die Kriminologische Zentralstelle e.V. im Auftrag des Bundesjustizministeriums erstelltes Gutachten zur kurzen Freiheitsstrafe (KFS; hier: Freiheitsstrafe bis zwei Jahre) wird zusammenfassend dargestellt. Eine ergänzende Beschreibung und Bewertung von Zeitreihen basiert auf einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes von Datenbeständen der Strafverfolgungsstatistik und Strafvollzugsstatistik. Unter Hinweis auf zum Teil starke regionale Unterschiede wird ein allgemeiner Zuwachs in den 1990er Jahren festgehalten, vor allem beruhend auf der entsprechenden Entwicklung bei den zur Bewährung ausgesetzten KFS. Einem Rückgang bei den KFS unter sechs Monaten steht ein Anstieg bei den (ausgesetzten) KFS von 6 bis 24 Monaten gegenüber. Hingewiesen wird auch auf Erkenntnisse zu Straftatengruppen und zur Vorstrafenbelastung. Das korrespondierende Bild im Strafvollzug zeigt zwischen 1992 und 1999 einen erheblichen Anstieg der mit einer voraussichtlichen Vollzugsdauer von bis zu zwei Jahren Einsitzenden um 43,5 %, ebenso wie eine stark gewachsene Belastung der Klientel mit Vorstrafen.
Anhand einer Online-Befragung wurde die Prävalenz sexueller und physischer Viktimisierung in der Studienzeit differenziert nach den Kategorien feste Beziehung, Date und One-Night-Stand an einer Stichprobe 167 männlicher und weiblicher Studierender der Universität Mainz (Befragungszeitraum: Juli 2014). Die Gewalterfahrungen wurden in zwei Schweregraden erfasst. Von den Befragten berichteten 41,1 % minderschwere und 8,9 % schwere Gewalterfahrungen. Während die Prävalenz sexueller Viktimisierung für Studentinnen signifikant höher war, gab für beide Schweregrade ein höherer Prozentsatz männlicher Teilnehmer an, körperliche Gewalt erfahren zu haben. Minderschwere Gewalterfahrungen kamen generell am häufigsten in festen Beziehungen, schwere sexuelle Gewalterfahrungen am häufigsten bei Dates vor. Der Zusammenhang zwischen Viktimisierungserfahrungen in verschiedenen Beziehungstypen war moderat bis hoch. Am stärksten war die Assoziation sexueller Viktimisierung zwischen Dates und One-Night-Stands. Obwohl durch den geringen Stichprobenumfang nur bedingt von generalisierbaren Ergebnissen ausgegangen werden kann, ähneln die Prävalenzen denen anderer Studien. Die Ergebnisse legen demnach u. a. nahe, Dates als Risikosituationen sexueller Viktimisierung zu untersuchen.
Berichtet wird über die erste Kreuzvalidierung des "Ontario Domestic Assault Risk Assessment" (ODARA) in Deutschland. Als Datenbasis dienen Akten der Staatsanwaltschaft Landau zu den 2009 registrierten Fällen, in denen Beschuldigte aufgrund eines häuslichen Gewaltdelikts gegenüber dem Partner bzw. der Partnerin polizeilich in Erscheinung getreten sind (n = 283). Die Prognoseleistung des ODARA wurde über einen Nachbeobachtungszeitraum von fünf Jahren (bis 2014) überprüft. Je nach Subgruppe, Rückfallkriterium und Instrumentenversion erzielt der ODARA eine Vorhersageleistung, die sich nicht signifikant von einer Zufallsprognose unterscheidet, bis hin zu als moderat einzustufenden Effektstärken. Weitere Analysen zeigen, dass nur wenige Items tatsächlich mit häuslicher Gewaltrückfälligkeit zusammenhängen, woraus mögliche Verbesserungen des Instruments abgeleitet werden.
Nach § 67a II StGB kann eine zu Sicherungsverwahrung verurteilte Person in den Vollzug einer anderen Maßregel überwiesen werden, sofern das Gericht der Auffassung ist, dass ihre Resozialisierung dort besser gefördert werden kann. Seit der Reform der Sicherungsverwahrung ist dies sowohl aus dem Vollzug der vorgelagerten Freiheitsstrafe als auch nach Antritt der Sicherungsverwahrung möglich.
Der vorliegende Forschungsbericht liefert grundlegende personen- und verfahrensbezogene Informationen dazu, in welchen Fällen § 67a II StGB zur Anwendung kommt. Die Datenbasis lieferte eine bundesweite Abfrage der Einrichtungen des forensisch-psychiatrischen Maßregelvollzugs zu einschlägigen Unterbringungen nach dem 01.01.2014 und eine daran anschließende Aktenanalyse.
Die Kriminologische Zentralstelle führt seit 1997 im Auftrag ihrer Mitglieder eine regelmäßige Stichtagserhebung in sozialtherapeutischen Anstalten und Abteilungen des Justizvollzugs durch, um Stand und Entwicklung der Sozialtherapie im Justizvollzug zu dokumentieren. Die Stichtagserhebung basiert auf einem Fragebogen, der in enger Zusammenarbeit mit den sozialtherapeutischen Einrichtungen sowie mit dem Arbeitskreis „Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug“ erstellt wurde. Der vorliegende Bericht wertet die neunte derartige Grunddatenerhebung aus. An der diesjährigen Befragung nahmen alle 45 am Stichtag existierenden sozialtherapeutischen Einrichtungen Deutschlands teil. Neben den vorhandenen Haftplätzen und der Belegung wurden diverse Angaben zu den Gefangenen (u.a. Alter, Haftdauer, Straftaten), spezielle institutionelle Vorgänge (Zu- und Abgänge, Nachbetreuungsformen, Lockerungen) sowie Angaben zum Personal der Einrichtungen erfasst. In Ergänzung zu der Grunddatenerhebung wurde zum Stichtag am 31.03.2005 eine Umfrage zu den vom Arbeitskreis „Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug“ formulierten Mindestanforderungen an sozialtherapeutische Einrichtungen durchgeführt.
Es wird die Frage erörtert, inwieweit die aktuelle Einweisungspraxis in den Maßregelvollzug nach StGB § 63 unter forensischen, methodischen und kriminalpolitischen Aspekten als sicher bewertet werden kann. Dazu werden die Entwicklung der Belegungszahlen sowie die Situation im Maßregelvollzug dargestellt. Im Hinblick auf einen Diskussionsentwurf zur Reform des StGB § 63 werden vier Bestandteile der (juristischen) Prüfung bei einer möglichen Einweisung untersucht: (1) das Vorliegen eines Eingangskriteriums des § 20 StGB, (2) die Einschätzung der Einsichts- und Steuerungsfähigkeit, (3) das Überdauern der psychischen Störung sowie (4) die Frage der zukünftigen Gefährlichkeit. Aufgrund der Analyse dieser Prüfungspunkte sowie Studien zur Qualität von Sachverständigengutachten wird gefolgert, dass die aktuelle Begutachtungs- und Einweisungspraxis bezüglich des Maßregelvollzugs als wenig fundiert eingeschätzt werden muss.
Polizei und Staatsanwaltschaft sind zur Zusammenarbeit verpflichtet. Allerdings soll auch bei einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit die gesetzliche Leitungsfunktion der Staatsanwaltschaft garantiert sein. Dies führt dazu, dass die handelnden Akteure sich im Spannungsfeld von vertrauensvoller Zusammenarbeit bis hin zum Kontrollverlust der Staatsanwaltschaft bewegen und zurechtfinden müssen. Untersucht wird, wie sie das tun und welche Wirkungsmechanismen dabei eine Rolle spielen. Im theoretischen Teil werden arbeits- und sozialpsychologische Ansätze in ein gemeinsames Modell der interorganisatorischen Zusammenarbeit integriert. Mit Hilfe einer empirischen Untersuchung nach dem qualitativen Forschungsansatz, speziell nach der Grounded Theory, wird die gegenstandsbegründete Theorie des Statusarrangements von Polizei und Staatsanwaltschaft entwickelt. Abschließend werden Handlungsempfehlungen für Praktiker aus den Bereichen Polizei und Staatsanwaltschaft gegeben.
Forschungsprojekt AMBOSafe: Angriffe auf Rettungsdienstpersonal : Charakteristika und Prävention
(2022)
Im Rahmen des Projektes AMBOSafe ("Angriffe auf Mitarbeiter/-innen und Bedienstete von Organisationen mit Sicherheitsaufgaben") wurden konfliktreiche Einsatzsituationen von Polizei- und Rettungskräften untersucht. Vorgestellt werden Ergebnisse, die durch Befragungen von N = 1.144 Rettungskräften erhoben wurden. Zusätzlich haben N = 60 Rettungskräfte bis zu 16 Wochen ihren Arbeitsalltag standardisiert dokumentiert sowie Ereignisprotokolle für besondere Vorkommnisse verfasst. Es werden Häufigkeiten zu verbalen und körperlichen Angriffen berichtet und Tätermerkmale beschrieben. Zudem werden die Begleitumstände der Konfliktsituation (z. B. Stressmerkmale) untersucht sowie die Konsequenzen erfragt. Aus der Untersuchung geht hervor, dass eine Anzeige durch Rettungskräfte in den seltensten Fällen erfolgt. Bedeutsam ist auch, dass in den meisten Fällen die Rettungskräfte von der Eskalation der Einsatzsituation überrascht wurden und die wenigsten Rettungskräfte Maßnahmen zur Eigensicherung (z. B. Absprachen mit Kollegen bzw. Kolleginnen, Festlegung von Codewörtern oder eines Notfallplans) vorgenommen hatten. Empfohlen wird, Aspekte der Eigensicherung und Selbstverteidigung sowie Deeskalationsstrategien in Aus- und Fortbildungen aufzugreifen.
Die Etablierung des Internets als sozialer Raum stellt die größte Umwälzung menschlicher Kommunikations- und Interaktionsformen der letzten Jahrzehnte dar. Bekannte Delinquenzformen wurden an die digitale Welt angepasst, entstanden sind aber auch neue, strafrechtlich relevante Äußerungsformen in der digitalen Kommunikation. Im Überblick werden kriminologische und forensische Erkenntnisse aus dem deutschsprachigen Raum zu Formen der Cyberkriminalität dargestellt, die im Kontext von Partnerschaft, Sexualität und Peerbeziehungen auftreten: Neben dem Cyberstalking und Cybergrooming wird auf Cyberbullying (oder -mobbing) sowie das (Love- oder Romance‑)Scamming eingegangen und es werden zentrale Forschungsergebnisse referiert. Die Darstellung dieser cyberkriminellen Ausdrucksformen verdeutlicht den stetigen Zuwachs an Bedeutung, den dieser Delinquenzbereich in den letzten Jahren verzeichnet, und unterstreicht gleichzeitig die Notwendigkeit einer spezifischen Cyberkriminologie dieser und anderer digitalen Delinquenzformen.