364 Kriminologie
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Das Leugnen der Tatvorwürfe bei Sexualstraftätern gilt
vielfach als Behandlungshindernis und als Indikator für ein erhöhtes
Rückfallrisiko. Dieser Zusammenhang wird jedoch zunehmend in Frage gestellt. Die vorgestellte Untersuchung sollte folgende Fragen klären, (1) wie häufig das Leugnen bei verschiedenen Gruppen von Sexualstraftätern ist, (2) ob es Merkmale gibt, die dem Leugnen zeitlich vorhergehen oder mit ihm korrelieren, (3) welche Auswirkungen das Leugnen auf den Vollzugsverlauf hat (Behandlungsteilnahme, prognostische Beurteilung, Vollzugslockerungen, vorzeitige Entlassung) und (4) ob es einen Zusammenhang zwischen der Rückfälligkeit nach der Entlassung mit dem Leugnen der Sexualstraftat gibt. Es wurden die Daten von 1381 Sexualstraftätern analysiert, die zwischen 2004 und 2012 aus dem bayerischen Justizvollzug entlassen worden sind. Im Ergebnis nehmen Leugner selten an Behandlungsmaßnahmen teil, erhalten seltener Vollzugslockerungen und werden seltener vorzeitig entlassen. Der Anteil der Leugner war größer bei Zuwanderern, Verheirateten und älteren Tätern. Von 833 bis Ende 2008 Entlassenen lagen Daten zur Rückfälligkeit vor: Es ergaben sich keinerlei Zusammenhänge zwischen dem Leugnen und verschiedenen Rückfallkriterien. Diskutiert werden die Implikationen dieser Ergebnisse für die Vollzugspraxis, insbesondere der Bedarf an Behandlungsmaßnahmen, die auch für leugnende Täter geeignet sind.
Seit April 2013 wird das neu entwickelte Erhebungsinstrument
"Behandlungsbedarf bei jungen Straftätern" (BB-JuST) im bayerischen
Jugendstrafvollzug eingesetzt. Es dient der Erfassung des Behandlungs-
und Förderungsbedarfs junger Straftäter und der Dokumentation der
Ergebnisse der Behandlungsuntersuchung. Das Erhebungsinstrument enthält
23 Merkmale, die behandlungsbedürftige Defizite darstellen. Die sieben
Bereichen zugeordneten Merkmale werden einzeln beschrieben. Sie
beziehen sich auf (1) schulische Kenntnisse und berufliche
Qualifikationen, (2) Suchtproblematiken, (3) kriminalitätsbegünstigende
Dispositionen, (4) psychische Fehlentwicklungen und Störungen, (5)
Einstellung zur Straftat, (6) den Lebensstil und (7) das soziale
Umfeld. Zur Untersuchung der Reliabilität (Beurteilerübereinstimmung)
wurden 42 junge Straftäter sowohl regulär von den Fachdiensten der
jeweiligen Anstalten als auch von 2 externen Forschern mit diesem
Instrument untersucht. Der Vergleich der Beurteilungen zeigt hohe
Übereinstimmungen bei den externen Forschern, aber nur mäßige
Übereinstimmungen mit den Fachdiensten. Nach hier vertretener Ansicht
stellt BB-JuSt damit ein zuverlässiges Untersuchungsinstrument dar, das
gleichermaßen für die Vollzugsplanung wie für Forschungszwecke geeignet
ist, jedoch intensiven Trainings bedarf.
Einführend werden gesetzliche Regelungen und psychologische
Kriterien erläutert, die eine Behandlung in der Sozialtherapie
indizieren. Anschließend wird analysiert, welche Merkmale in der Praxis
tatsächlich entscheidend sind und welche Personengruppe infolgedessen
häufig von der Behandlung auszuschließen ist. Anschließend werden
Ergebnisse der bayerischen Sexualtätererhebung dargestellt, bei der es
sich um eine annähernde Vollerhebung der zwischen 2004 und 2013
entlassenen Sexualstraftäter handelt und bei der zwischen Behandelten
(n = 712) und Unbehandelten (n = 760) differenziert wird. Es zeigt
sich, dass häufiger Gefangene behandelt werden, die die Tat nicht
abstreiten und keinen Migrationshintergrund aufweisen, ferner solche
Täter, die ausschließlich wegen Kindesmissbrauchs verurteilt wurden und
eine Berufsausbildung aufweisen. Gründe für eine Nichtbehandlung sind
zumeist fehlende Motivation und mangelhafte Sprachkenntnisse. Auch
innerhalb der Gruppe der behandelten Täter bestehen Unterschiede
zwischen Abbrechern und Vollteilnehmern. Ursachen hierfür und
Konsequenzen werden abschließend diskutiert.
Thematisiert wird das Konzept der Deliktorientierung in der
Behandlung von Straftätern. Dabei werden die Aufarbeitung der Straftat
und die damit verbundenen Variablen (Tatleugnung,
Verantwortungsübernahme und Opferempathie) unter dem Gesichtspunkt des
Zusammenhanges mit der Legalprognose betrachtet. Bezüge zur aktuellen
Straftäterbehandlung werden analysiert und Lösungsmöglichkeiten für die
Praxis diskutiert. Nach hier vertretener Auffassung sollte sich die
Rechtspsychologie in Forschung und Praxis nicht ohne empirisch
abgesicherte Befunde auf sog. "state of the art" Konzepte wie die
deliktorientierte Vorgehensweise einlassen. Kritisiert werden u.a.
mögliche demotivierende oder stigmatisierende Wirkungen. Auch könnte
das Gruppensetting, in dem die Straftataufarbeitung üblicherweise
erfolgt, schädliche Effekte haben.
Es werden Aufbau, Normierung und Testgütekriterien der deutschsprachigen Adaptation der Psychopathy Checklist-Revised (PCL-R) berichtet und diskutiert. Das Verfahren besteht aus 20 Items, die mittels einer dreistufigen Ratingskala bearbeitet werden. Im Vergleich zur Originalversion sind einige Items an das deutsche Rechtssystem angepasst und werden durch theoretische Erläuterungen sowie empirische Erkenntnisse ergänzt. Hinweise und Empfehlungen zur diagnostischen Anwendung des Verfahrens werden im Manual gegeben. Die untersuchte Normstichprobe besteht aus n = 118 erwachsenen, männlichen Untergebrachten bzw. Strafgefangenen. Bei der Reliabilitätsschätzung werden schwankende, teils niedrige Werte festgestellt. Nach hier vertretener Ansicht bestehen neben mangelnder Messgenauigkeit einzelner Items weitere methodische Mängel des Instruments. Dazu gehören u. a. eine geringe Repräsentativität der Normstichprobe, rechtliche Verwertungsverbote genutzter Information und unzureichende Interpretationshilfen.
Zunächst wird die aktuelle Dokumentationspraxis in den sozialtherapeutischen Einrichtungen Bayerns skizziert, wobei festgestellt wird, dass in der Mehrzahl der Einrichtungen keine standardisierte Dokumentation der Behandlung stattfindet. Dies ist für weitergehende Forschungsarbeiten oder Evaluationsstudien ineffektiv, da eigentlich vorhandene Daten nochmals mit standardisierten Instrumenten erhoben werden müssen, um eine Vergleichbarkeit zu gewährleisten. Weiter werden die Anforderungen an eine Basisdokumentation im Allgemeinen genannt und dann die Grundsätze sowie Aufbau, Gliederung und Anwendungsbereich des bayerischen Dokumentationssystems dargestellt.
Im Anschluss an einen Beitrag in Forum Strafvollzug 2/2018 werden Ergebnisse einer empirischen Untersuchung des Kriminologischen Dienstes des bayerischen Justizvollzugs zu Gewalt von Gefangenen gegen Vollzugsbedienstete referiert. Hierzu werden n = 109 Berichte zu besonderen Vorfällen der Aufsichtsbehörde aus den Jahren 2015 bis 2016 ausgewertet und um im Jahr 2017 geführte Interviews mit n = 13 Bediensteten sowie n = 3 Gefangenen nordbayerischer Justizvollzugsanstalten ergänzt. Die Mehrheit der Übergriffe erfolgte einmalig infolge eines Eskalationsprozesses durch einen Alleintäter und richtete sich gegen einzelne Bedienstete. Reaktive Aggression wird daher als häufiges Motiv vermutet. Ein auffälliges Täterprofil ist jedoch nicht erkennbar. Bei der Betrachtung der zeitlichen und institutionellen Verteilung der Vorfälle wird u.a. ein Anstieg von 2015 auf 2016 festgestellt. In der zusätzlichen Befragung werden verschiedene kritische Situationen im Vollzug, geeignete Präventionsmaßnahmen sowie die wahrgenommene Entwicklung der Vorfälle erfragt und bewertet. Daraus abgeleitet werden Überlegungen zur Gewaltprävention im Vollzug skizziert.
In einem ersten Teil einer Beitragsreihe zu Gewalt von Gefangenen gegen Gefängnispersonal werden zunächst empirische Befunde der deutschen und internationalen Forschung angeführt und theoretisch eingeordnet. Die meisten körperlichen Übergriffe auf deutsches Justizvollzugspersonal gehen mit keinen oder leichten Verletzungen einher. Verbale Aggression wird wesentlich häufiger erlebt. Auch Untersuchungen aus den USA, Kanada und Großbritannien werden referiert. Ausgehend von einer theoretischen Einteilung in expressive und instrumentelle Gewalt werden verschiedene Strategien zur Reduktion von Gelegenheiten und begünstigenden Bedingungen für Gewalt in Gefängnissen dargestellt. Klare Wirksamkeitsnachweise situativer Kriminalpräventionsmaßnahmen stehen jedoch weiterhin aus.
Es werden Inhalte sowie Ergebnisse einer Evaluation des Modellprojekts "Therapie mit Langstrafigen zu Beginn der Haftzeit" der Sozialtherapeutischen Abteilung für Gewaltstraftäter in der JVA München-Stadelheim berichtet. Das Programm besteht aus achtmonatiger modularer Gruppentherapie, Einzelgesprächen sowie ergänzenden Freizeitangeboten. Es werden zu drei Messzeitpunkten (t1 n = 17, t2 n = 15, t3 n = 12) Merkmale zu Therapie- und Behandlungsbereitschaft sowie gewaltbezogenen Einstellungen und subkulturellen Verhaltensweisen der Teilnehmer im Selbstbericht erhoben. Festgestellt werden u.a. Verbesserungen der Therapiemotivation, emotionalen Stabilität und Bewertung der Haftumgebung zwischen erstem und zweitem Messzeitpunkt. Ferner zeigt sich ein Rückgang der positiven Bewertung von Gewalt, Gewaltbereitschaft und subkulturellen Haltungen. Keine Veränderungen ergeben Skalen, die sich auf die Deliktverarbeitung beziehen. Grenzen der Untersuchung und Möglichkeiten sowie Einschränkungen der Maßnahme werden diskutiert.
Seit einigen Jahren ist die Gefangenenrate in Deutschland rückläufig. Dies gilt auch für den Jugendstrafvollzug, der einen Rückgang in der Belegung für das gesamte Bundesgebiet in den Jahren 2000 bis 2014 um etwa ein Drittel verzeichnet. Es werden mögliche Faktoren, die diese Entwicklung beeinflussen, benannt und auf Ergebnisse bisheriger Prognoseforschung hingewiesen. Gründe für den festgestellten Rückgang der Gefangenenrate im Jugendstrafvollzug sind hiernach neben der Bevölkerungsentwicklung (Abnahme des Anteils der kriminalitätsbelasteten Gruppe junger Männer an der Gesamtbevölkerung) ein allgemeiner Trend zum Kriminalitätsrückgang. Vor dem Hintergrund der Flüchtlings- und Migrationswelle wird sich dieser Trend nach hier vertretener Ansicht abschwächen und mit einem Anstieg der Kriminalitätsbelastungszahl junger Tatverdächtiger sowie der Zahl der Jugendstrafgefangenen zu rechnen sein. Die Aussagen werden anhand von Zahlenbeispielen aus den Kriminal- und Vollzugsstatistiken belegt.