Bewährungshilfe. Straffälligenhilfe. Ambulante Maßnahmen
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Der Beitrag referiert Ergebnisse einer Analyse der landesrechtlichen Vorschriften zu den Sozialen Diensten in der Justiz (hier: Gerichtshilfe, Bewährungshilfe, Führungsaufsicht, Sozialarbeit im Vollzug). Diese Arbeit bildet den ersten Teil einer umfassenden Untersuchung zur Praxis dieser Sozialen Dienste durch die Kriminologische Zentralstelle in Wiesbaden. Die ermittelten Strukturen betreffen in erster Linie grundsätzliche Fragen der Organisation, der Aufgaben und des Geschäftsganges der einzelnen Dienste. Im Mittelpunkt dieses Aufsatzes stehen neben Grundfragen der Regelung (Überblick über Regelungsinhalte, Regelungsumfang und Regelungstechniken) Aspekte der Organisation - vor allem die Anbindung an die Justiz sowie interne Strukturen - und der Aufgaben der Gerichts- und Bewährungshilfe.
Der Beitrag untersucht die rechtlichen Strukturen der ehrenamtlichen Bewährungshilfe. Neben allgemeinen Aussagen zur Art und zum Umfang der Vorschriften auf Bundes- und Landesebene gilt das besondere Augenmerk den aktuellen Entwicklungen dieses Themenbereiches. Einzelne Regelungsbereiche der ehrenamtlichen Bewährungshilfe wie Bestellung, Aufgaben und Auslagenerstattung werden anhand der jeweiligen Ländervorschrift ausführlich dargestellt und teilweise wörtlich zitiert. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass die ehrenamtliche Bewährungshilfe in vielen Ländern nur recht knapp und bruchstückhaft geregelt ist. In Vorschriften neueren Datums findet sie kaum mehr Erwähnung, vielmehr beinhalten diese die Figur des ehrenamtlichen Mitarbeiters. Jedoch unterstützt letzterer lediglich den hauptamtlichen Bewährungshelfer bei der Erfüllung seiner Aufgaben.
Vorgestellt werden - in aktualisierter und überarbeiteter Fassung - die Ländervorschriften zu den Sozialen Diensten in der Justiz. Der Begriff der "Sozialen Dienste" dient als Sammelbezeichnung für die Bewährungshilfe, Gerichtshilfe, Führungsaufsicht und den Sozialdienst im Vollzug. Die außerhalb der Justiz angesiedelte Jugendgerichtshilfe bleibt hierbei außer Betracht. Grundlage der Darstellung bilden alle erfaßbaren Ländervorschriften, die bis zum 30.6.1997 in Kraft waren. Anhand einer differenzierten Gliederung werden sämtliche Regelungsbereiche im Überblick dargestellt. Der Schwerpunkt der Analyse liegt in den Bereichen der Organisation, Koordination und Kooperation. Durch einen Vergleich der verschiedenen Ländervorschriften werden unterschiedliche Strukturen und spezifische Besonderheiten herausgearbeitet. Die vorliegende zweite Auflage nimmt zugleich insbesondere die Vorschriften der neuen Länder und die Veränderungen der letzten Jahre in den Blick.
Die Nachsorge entlassener Sexualstraftäter erfolgt in Hessen durch einen Verein, der bis 2015 dezentral ambulante Behandlungen vermittelte und finanzierte. Zur Evaluation dieses Modells wurden 47 beteiligte Therapeuten schriftlich befragt, wovon 35 antworteten. Sie wandten zur Therapie von Kindesmissbrauchstätern und Konsumenten von Kinderpornographie vor allem kognitiv-behaviorale und gesprächspsychotherapeutische Ansätze an, nur selten speziell für Sexualstraftäter entwickelte Therapien. Kritisiert wird, dass sich bei der Auswahl einer Therapie nur 30 % der Befragten am sog. RNR-Modell (Risk - Need - Responsivity) nach Andrews und Bonta orientierten, dessen Bedeutung für die effektive Behandlung betont wird. 63 % gaben an, zu Therapiebeginn immer eine diagnostische Abklärung durchzuführen, 51 % mittels ICD-10. Andere angewandte standardisierte testpsychologische Untersuchungen bringen nicht zwingend kriminologisch relevante Erkenntnisse. 91 % der Therapeuten formulierten Weiterbildungsbedarf, vor allem in der kriminologischen Prognose und Diagnose. Vor- und Nachteile der dezentralen Behandlungsorganisation werden diskutiert, wobei die Wichtigkeit professioneller Standards für den Behandlungserfolg betont wird. Seit 2015 ist mit der Einrichtung einer Fachambulanz auch eine flächendeckende Orientierung am RNR-Modell vorgesehen.
Im Rahmen eines zweijährigen Projektes wurde eine Betreuungsstruktur der hessischen Bewährungshilfe evaluiert. Das Sicherheitsmanagement (SIMA) II betreut wegen Gewaltdelikten verurteilte Personen mit erhöhtem Rückfallrisiko sowie Führungsaufsichtsprobanden/-innen mit negativer Sozialprognose. Die Betreuungsintensität der Probanden/-innen des SIMA II wird auf Basis initialer Risikoeinschätzungen bestimmt. Mit dieser Priorisierung orientiert sich der Fachbereich am international führenden Rehabilitationsmodell im Bereich der Behandlung straffälliger Personen – dem Risk-Need-Responsivity (RNR)-Modell. Ziel des Projektes war es, die Qualität der Risikoeinschätzungen (Projektteil 1) und die rückfallpräventive Wirksamkeit der risikoorientierten Betreuung (Projektteil 2) zu überprüfen. Darüber hinaus sollten anhand von Interviews die Perspektive der Bewährungshelfer/-innen des SIMA II und ggf. Optimierungspotentiale untersucht werden (Projektteil 3). Im Ergebnis erweisen sich beide im Fachbereich eingesetzten Risikoeinschätzungsinstrumente als reliabel und valide, lassen jedoch gleichzeitig Raum für Optimierung. Analysen von Auszügen aus dem Bundeszentralregister zeigen eine Reduktion allgemeiner sowie einschlägiger Rückfälligkeit der SIMA II-Klientel im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die vor Einführung des neuen Fachbereichs in der hessischen Bewährungshilfe betreut worden war. Auch die befragten Mitarbeiter/-innen des SIMA II beurteilen die spezialisierte, risikoorientierte und wissenschaftliche Ausrichtung des SIMA II mehrheitlich positiv, weisen jedoch gleichzeitig auf Verbesserungsmöglichkeiten hin. Insgesamt sprechen die Ergebnisse der Evaluation für die kriminalpräventive Wirksamkeit der Betreuung im SIMA II sowie für den Nutzen des Risikoprinzips im Kontext von Bewährungshilfe.
Im Frühjahr 2007 ist das Gesetz zur Reform der Führungsaufsicht und zur Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung (BGBl. I 513) in Kraft getreten. Die wesentlichen Änderungen im Bereich der Führungsaufsicht werden vorgestellt und aus kriminologischer Sicht bewertet. Begrüßt wird die Intention des Gesetzgebers, die Führungsaufsicht zu vereinfachen und in der Praxis zu effektivieren. In Frage gestellt werden dagegen das Festhalten an der praktisch kaum relevanten Strafvorschrift des StGB § 145a, die empirisch nicht zu begründenden Sonderregelungen für Sexualstraftäter sowie Tendenzen, die Anwendung der Maßregel ohne Rücksicht auf die begrenzten Ressourcen auszuweiten. Nach hier vertretener Auffassung ist es aufgrund entsprechender Katamnesestudien grundsätzlich angemessen, unter engen Voraussetzungen auch die Möglichkeit einer unbefristeten Führungsaufsicht zu schaffen.
Die aktuelle Entwicklung der Führungsaufsicht hinsichtlich der beteiligten Akteure, einer Flexibilisierung der Maßnahme und der kriminalpolitischen Verbindung mit der Sicherungsverwahrung sowie Anhaltspunkten für eine mittlerweile höhere Akzeptanz der Führungsaufsicht werden erörtert. Die Einbindung forensischer Ambulanzen und der Polizei zur Ergänzung der Führungsaufsichtsstellen wird beschrieben. Als Regelungen für eine Flexibilisierung der Maßnahme werden kürzere Freiheitsentziehungen als stationäre Krisenintervention und weitere Fallgruppen für eine unbefristete Führungsaufsicht eingeführt. Die Auswirkungen einer stationären Krisenintervention auf die Führungsaufsicht werden diskutiert. Die Verknüpfung mit der Sicherungsverwahrung wird insbesondere unter dem Gesichtspunkt der elektronischen Aufenthaltsüberwachung dargestellt.
Ausgehend von einem historischen Rückblick bis ins 19. Jahrhundert, wo die Vorstufe der Führungsaufsicht noch Polizeiaufsicht bedeutete, wird die Diskussion um die Einführung der Führungsaufsicht in den 1970er Jahren dargestellt. Neben empirischen Untersuchungsergebnissen werden die Reformgesetze von 2007 und 2011 sowie deren Auswirkungen in den Bereichen (1) forensische Ambulanzen, (2) Krisenintervention, (3) unbefristete Führungsaufsicht, (4) Sicherungsverwahrung und (5) elektronische Überwachung erörtert. Eine vollständige statistische Erfassung über die Anzahl von der Führungsaufsicht unterstellten Personen existiert nicht. Auf Schwierigkeiten bei internationalen Vergleichen, insbesondere sprachliche und nationale Besonderheiten, wie auch einen anhaltend hohen Forschungsbedarf wird hingewiesen.
Die Verfasser berichten über ein Modellprojekt zur Reorganisation der Sozialen Dienste in der Strafrechtspflege in Schleswig-Holstein. Dabei wurden im Landgerichtsbezirk Flensburg die Gerichtshilfe und die Bewährungshilfe für die Dauer von zwei Jahren (1997 bis 1998) zusammengelegt. Die wesentlichen Ergebnisse werden anhand der wissenschaftlichen Begleitforschung der Kriminologischen Zentralstelle dargelegt. Vor dem Hintergrund der in Flensburg gemachten Erfahrungen werden Perspektiven für die Entwicklung der Sozialen Dienste in der Justiz entwickelt. So befürworten die Autoren grundsätzlich die Zusammenlegung der Dienste, weisen jedoch auf die Nachteile hin, die entstehen könnten, falls die Gerichtshilfe ihre Anbindung an die örtliche Staatsanwaltschaft verlieren würde. Voraussetzung für den Erfolg einer solchen Maßnahme sei auch ein Umdenken bei den Fachkräften. Diese müssten erkennen, dass sie gemeinsam berufen seien, die anfallenden Aufgaben zu erledigen.
Aufgrund aktueller gesetzlicher Bestimmungen wird die Mehrheit der entlassenen Sexualstraftäter in Deutschland nach ihrer Entlassung ambulant nachversorgt. Daten von insgesamt 47 Einrichtungen, die Bestandteil dieser extramuralen Versorgungsstruktur sind, werden vorgestellt und diskutiert. Die an der Untersuchung teilnehmenden Institutionen werden mehrheitlich durch das Justizministerium bzw. justiznahe Behörden finanziert. Zwei Drittel der Gesamtklientel sind Sexualstraftäter, die sich größtenteils unter Führungsaufsicht mit Therapieweisung befanden. Darüber hinaus werden Informationen über die Anwendung von Rehabilitationsmodellen, therapeutische Ansätze und die Implementierung von standardisierten diagnostischen Verfahren sowie Kriminalprognoseinstrumenten dargestellt. Schließlich werden die Ergebnisse von Evaluationsstudien zu den teilnehmenden Einrichtungen vorgestellt.