Strafrecht. Strafverfolgung. Sanktionen
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Das generelle Spannungsverhältnis, in dem das Strafverfahren steht, erfährt auf dem Gebiet, in dem Verdeckte Ermittler und V-Personen eingesetzt werden, eine Zuspitzung. Es gibt wohl kaum einen anderen Bereich im Strafverfahrensrecht, möglicherweise sogar im Recht überhaupt, in dem die Auffassungen über die Legitimität staatlich zurechenbaren Handelns so weit auseinandergehen. Dabei ist die Problematik Verdeckter Ermittlungen in Anbetracht mehrerer unlängst ergangener obergerichtlicher Entscheidungen gegenwärtig von ganz besonderer Aktualität. Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Kriminologische Zentralstelle (KrimZ) vom 20. - 21. Juni 2000 in Wiesbaden zu diesem Thema eine Fachtagung. Ziel der Veranstaltung war, aus unterschiedlichen Perspektiven Einblicke in die Problematik Verdeckter Ermittlungen zu gewähren, besonders problematische Bereiche näher zu beleuchten, Informationen auszutauschen sowie ein kritisches Forum für eine Diskussion zu bieten. Dabei bildeten die praktischen Problemaspekte den Schwerpunkt. Der vorliegende Band enthält die überarbeiteten Beiträge zu dieser Fachtagung sowie eine Auswahlbibliographie zum Thema.
Mit dem am 10. November 2016 in Kraft getretenen 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (50. StrÄndG) wurde vorrangig § 177 StGB grundlegend geändert. In der zuvor geführten Diskussion war eine zentrale Frage diejenige nach bestehenden Strafbarkeitslücken, also straffreien, aber als strafwürdig erachteten Sachverhalten, gewesen. Eine solche Schutzlücke wurde primär darin gesehen, dass keine Strafbarkeit nach § 177 StGB a. F. eintrat, wenn es zwar zu sexuellen Handlungen gegen den Willen Betroffener kam, dies aber ohne Nötigung durch eine andere Person geschah.
Das Gesetzgebungsverfahren enthielt nicht nur etliche kriminalpolitisch interessante Volten. Es zeigte auch auf, dass sich die eine oder andere bloße Annahme über die Zeit zu vermeintlicher Gewissheit verfestigte, ohne dass dieser empirisch-kriminologische Befunde zugrunde lagen. Das galt etwa hinsichtlich der Gründe für Einstellungen gemäß § 170 II StPO in Ermittlungsverfahren, in denen Tatverdächtigen die Begehung einer Straftat nach § 177 StGB a. F. vorgeworfen wurde.
Mit der vorliegenden Studie wurde diese Thematik deshalb aufgriffen. Da sich die dafür erhaltenen 343 Einstellungsverfügungen jedoch als zu ertragreich erwiesen, um sie lediglich unter der führenden Fragestellung zu analysieren, wurden nicht nur diese Abschlussentscheidungen als solche, sondern auch die in ihnen enthaltenen Angaben etwa zum Tatgeschehen und zu den vorgenommenen Ermittlungshandlungen erfasst.
Einleitend werden der Stand der empirischen Forschung zur
lebenslangen Freiheitsstrafe (insbesondere Dauer der Verbüßung und
Gründe der Beendigung) sowie die hier begegnenden methodischen
Schwierigkeiten mitgeteilt. Ergebnisse mehrerer bundesweiter jährlicher
Abfragen der Kriminologischen Zentralstelle bei den
Landesjustizverwaltungen, die die Vollzugsaufenthalte retrospektiv
beurteilen, werden skizziert. Vergleichend werden die Ergebnisse einer am 31. März
2011 durchgeführten Stichtagserhebung über 193 Gefangene mit
lebenslangen Freiheitsstrafen im Bundesland Hessen analysiert. Insgesamt fällt die mittlere Aufenthaltsdauer derjenigen Strafgefangenen, die sich noch im Vollzug befinden, deutlich geringer aus, als diejenige ehemaliger Gefangener, deren Vollzugsdauer nach der Beendigung des Vollzugsaufenthalts festgestellt wird. Prognoseverfahren zur Schätzung der erwarteten Vollzugsdauer werden erläutert.
Kritisch betrachtet werden zwei Gesetzentwürfe, die die Strafbarkeit von Cybergrooming (§ 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB) im vorbereitenden Stadium eines sexuellen Missbrauchs von Kindern erweitern wollen: (1) Gesetzentwurf der Bundesregierung (BR-Drs. 365/19 vom 9.8.2019), der u.a. vorschlägt, durch eine Neufassung des § 176 Abs. 6 StGB den Versuch des Cybergrooming gegenüber objektiv untauglichen betroffenen Personen oder Tatobjekten unter Strafe zu stellen, sowie (2) Gesetzesantrag des Landes Hessen (BR-Drs. 518/18 vom 16.10.2018), der nach Beratungen im Rechtsausschuss des Bundesrates eine Erweiterung des objektiven Tatbestands des § 176 Abs. 5 Nr. 3 und 4 StGB vorsieht und Kinder solchen Personen gleichstellt, die lediglich der Täter für ein Kind hält. Eine isolierte Neufassung des § 176 Abs. 6 StGB wird abgelehnt. Bedenken werden formuliert zu der von der Hessischen Landesregierung vorgeschlagenen Gleichstellung von Kindern mit Personen, die lediglich für Kinder gehalten werden können. Die in den Entwürfen vorgeschlagenen punktuellen Änderungen des Sexualstrafrechts erscheinen in der Gesamtwürdigung nicht widerspruchsfrei. Plädiert wird für eine breiter angelegte Reform des Sexualstrafrechts, die bereits durch eine vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eingesetzte Reformkommission vorbereitet wurde.
Die Konkretisierung des Bandenbegriffs im Strafrecht wird insbesondere in Hinblick auf das Urteil des BGH vom 22.03.2001 (GSSt 1/00, BGHSt 46, 321) diskutiert. Einleitend werden wesentliche Aspekte des Urteils und die Neuorientierung, die hinsichtlich der Definition des Bandenbegriffes folgt, dargestellt. Anschließend wird die Reichweite des Bandenbegriffs in der neueren Gesetzgebung erörtert und einschlägige Normen des StGB vorgestellt. Weiterhin wird die Frage diskutiert, wie viele Mitglieder einer Bande angehören müssen. Dabei wird die Argumentation, dass das Vorliegen einer Bande schon bei zwei Mitgliedern angenommen werden kann, kritisch unter Heranziehung der Auffassung des BGH besprochen. Zudem wird das Problem erörtert, anhand welcher Kriterien beurteilt werden kann, worin eine Bandenabrede besteht. Hierbei wird zunächst ein Überblick über die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien gegeben und im Anschluss erläutert, dass weitere objektive Kriterien zur Bestimmung der Bandenabrede erforderlich sind. Weiterhin wird besprochen, wie eine Bande nach den rechtlichen Vorschriften organisiert sein muss, um die Merkmale des Bandenbegriffs zu erfüllen. In diesem Zusammenhang wird die Frage aufgeworfen, ob die Bande grundsätzlich als kriminelle Vereinigung angesehen werden kann und ob Merkmale der organisierten Kriminalität herangezogen werden können.
Im Mai 1994 hat der Große Senat des Bundesgerichtshofs für Strafsachen die Rechtsfigur der fortgesetzten Tat aufgegeben (BGHSt 40, 138 ff.). Seither sind gleichartige Tatserien grundsätzlich nicht mehr zu einer einzigen Tat zusammenzufassen, sondern jede einzelne Gesetzesverletzung ist als selbständige Tat zu behandeln. Die Einbringung dieser neuartigen Perspektive hat die strafrechtliche Praxis in mancher Hinsicht vor zum Teil sehr schwierige Probleme gestellt. Vor diesem Hintergrund veranstaltete die Kriminologische Zentralstelle vom 15. bis 16. Juni 1998 eine Fachtagung zum Thema „Zur Rechtswirklichkeit nach Wegfall der fortgesetzten Tat“. Ziel der Veranstaltung war es, von ganz unterschiedlichen Positionen aus Einblicke in die "neue" Rechtswirklichkeit zu gewähren, Möglichkeiten eines Erfahrungsaustauschs anzubieten, den konkreten Fragen aus der Praxis konkrete Antworten gegenüberzustellen, ein kritisches Forum für eine Diskussion zu offerieren und Perspektiven aufzuzeigen. Der vorliegende Band enthält die überarbeiteten Beiträge zu dieser Fachtagung sowie einen Diskussionsbericht.
Vorgelegt wird eine empirische Untersuchung zur Verurteilungspraxis bei Delikten im Zusammenhang mit Schleusungskriminalität. Die strafrechtliche Seite dieses Phänomens wird in §§ 96 und 97 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (früher§§ 92a und 92b des Ausländergesetzes) als Beihilfe oder Anstiftung zur unerlaubten Einreise beziehungsweise zum unerlaubten Aufenthalt umschrieben. Diese abstrakte gesetzliche Umschreibung der Schleuserkriminalität wird durch die vorliegende Untersuchung veranschaulicht, indem dargestellt wird, welche Lebenssachverhalte in der Vergangenheit vor deutschen Gerichten zu einer rechtskräftigen Entscheidung wegen des Einschleusens von Ausländern führten. Hierzu wurden die Akten von rund 200 Strafverfahren aus Bayern, Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen ausgewertet. Die Ergebnisse werden nach Fallgruppen unterteilt dargestellt. Daneben finden sich Ausführungen zu einzelnen Rechtsproblemen, die das Phänomen der Schleuserkriminalität mit sich bringt, sowie eine kritische Würdigung der untersuchten Entscheidungen im Lichte der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung. Ferner wird untersucht, ob sich statistische Zusammenhänge zwischen bestimmten Umständen der Taten oder der Strafverfahren (z. B. Anzahl der Geschleusten, Dauer der Untersuchungshaft) und dem Strafmaß ausmachen lassen.