Strafvollzug. Sicherungsverwahrung. Maßregelvollzug
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Im 27. Jahr der Erhebungsreihe zur Situation in den sozialtherapeutischen Einrichtungen zeigt sich eine weitere Stabilisierung der strukturellen Gegebenheiten. In diesem Berichtsjahr wurde eine sozialtherapeutische Einrichtung geöffnet und eine geschlossen, sodass weiterhin 71 Einrichtungen vorhanden sind, die geringfügig mehr Haftplätze zur Verfügung stellen konnten als im Vorjahr. Es wird weiterhin die Tendenz einer Versorgungssättigung gesehen, obwohl die Zahl der Gefangenen in sozialtherapeutischen Einrichtungen zum Stichtag 2023 geringfügig anstieg. Insgesamt lässt sich eine leicht sinkende Belegungsquote im Vergleich zum Vorjahr beobachten, ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortsetzt. In diesem Berichtsjahr stieg der Anteil der Gefangenen, die älter als 50 Jahre alt sind im Gegensatz zum Vorjahr wieder leicht an, während der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden sich, sowie bereits in den vergangenen zwei Erhebungsjahren, auch zum Stichtag 2023 weiter verringerte. Sexualstraftäter*innen stellten etwas mehr als die Hälfte der Inhaftierten in der Sozialtherapie. Der Anteil der Gefangenen, die keine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen innehatten oder höchstens zu Ausführungen zugelassen waren, betrug in diesem Jahr etwas mehr als 81%. Die Fachdienstausstattung blieb auf gleichbleibend günstigem Niveau mit lediglich 5,6 Haftplätzen auf einer Fachdienststelle. Weitere Ergebnisse und Entwicklungen werden im Bericht dargestellt.
Anschließend an die Studie zur Untersuchung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf die Sozialtherapeutischen Einrichtungen (SothEn) im Jahr 2020 hat der Arbeitskreis für Sozialtherapeutische Einrichtungen im Justizvollzug e. V. für das Jahr 2021 eine Folgestudie initiiert und gemeinsam mit der Kriminologischen Zentralstelle e. V. realisiert. Die Leiter/-innen der 71 SothEn in Deutschland wurden schriftlich befragt. Die Rücklaufquote lag bei 67,6 % (N = 48). Der Fragebogen erfasst folgende Themenfelder: (1) Corona-Erkrankungen des Personals sowie der Inhaftierten, (2) Einführung der Maskenpflicht, (3) Einschränkungen der therapeutischen Arbeit und des Tagesgeschäfts, (4) Innovationen, (5) strukturelle Veränderungen im Organisationsaufbau bzw. Personalstruktur, (6) Auswirkungen auf das Beziehungsverhältnis Behandlungsteam vs. Patient/-in, (7) Auswirkungen auf die Behandlungsbereitschaft der Patienten bzw. Patientinnen, (8) Auswirkungen auf das Behandlungsteam bzgl. Motivation und Optimismus, (9) Auswirkungen auf Risikofaktoren und Kriminalprognose, (10) Gesamteinschätzung. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt ein heterogenes Bild zwischen den verschiedenen SothEn. Es werden sowohl geringe als auch starke Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf therapeutische Maßnahmen, Gefangenenarbeit, Sportangebote, Beziehungsverhältnis, Behandlungscompliance sowie Berufsmotivation berichtet. Hinsichtlich der Realisierung von Gefangenenbesuch und vollzugsöffnenden Maßnahmen haben alle SothEn Einschränkungen verhängt. Zudem wird die Vorbereitung auf die Haftentlassung von allen SothEn als ungenügend bezeichnet. Eine Folgestudie wird als sinnvoll erachtet.
Der vorliegende Bericht zur Evaluation der Behandlungsmaßnahmen hat zum Ziel, die jeweilige Vollzugspopulation näher zu beschreiben, die im Vollzug vorgehaltenen Behandlungsprogramme zu strukturieren und zu analysieren sowie auf weitere Möglichkeiten der Evaluation hinzuweisen. Nach einem Überblick über die Grundlagen der Evaluationsforschung sowie der Besonderheiten der Evaluation von Behandlungsmaßnahmen im Vollzug werden die Bereiche Strafvollzug und Jugendstrafvollzug in eigenen Abschnitten dargestellt (Teil I: Strafvollzug, Teil II: Jugendstrafvollzug). Die Abschnitte behandeln jeweils methodische Hinweise und Datenquellen, Ergebnisse der Erhebungen und Auswertungen sowie Schlussfolgerungen. Teil I (Strafvollzug) stellt die Ergebnisse der Strukturdatenanalyse sowie der Erhebung der Behandlungsmaßnahmenverläufe dar und geht auf besondere Vorkommnisse im Vollzug wie Gewalt unter Strafgefangenen und Suizid ein. Für Teil II (Jugendstrafvollzug) werden zusätzlich zu den Strukturdaten und Behandlungsmaßnahmen die Ergebnisse der durchgeführten Falldatenerhebung dargestellt. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Covid-19 Pandemie auf den (Jugend-)Strafvollzug diskutiert.
Die Vollstreckung lebenslanger Freiheitsstrafen : Dauer und Gründe der Beendigung im Jahr 2021
(2023)
In der seit 20 Jahren laufenden Erhebungsreihe der KrimZ zur Vollstreckung der lebenslangen Freiheitsstrafe setzt das Berichtsjahr 2021 die Folge der Jahre fort, in denen vergleichsweise viele Vollzugsaufenthalte beendet und Gefangene aufgrund einer nachträglichen Aussetzung der Vollstreckung zur Bewährung entlassen wurden. Bei den Entlassenen handelt es sich häufig um Personen, die den Strafvollzug nach besonders langen Verbüßungszeiten in entsprechend höherem Lebensalter verlassen haben.
Von den 95 Personen, deren lebenslange Freiheitsstrafe im Jahr 2021 beendet wurde, wurden 52 nach Aussetzung des Strafrestes gem. § 57a StGB in Freiheit entlassen. Die Hälfte dieser Entlassenen hatte mehr als 18,1 Jahre im Vollzug der lebenslangen Freiheitsstrafe verbracht. 29 Gefangene wurden ins Ausland ausgeliefert, ausgewiesen oder zur Vollstreckung der Strafe überstellt. 14 Personen verstarben während der Strafverbüßung.
Im 26. Jahr der Erhebungsreihe zur Situation in den sozialtherapeutischen Einrichtungen zeigt sich eine weitere Stabilisierung der strukturellen Gegebenheiten. In diesem Berichtsjahr wurde eine sozialtherapeutische Einrichtung geöffnet und eine geschlossen, sodass weiterhin 71 Einrichtungen vorhanden sind, die geringfügig weniger Haftplätze zur Verfügung stellen konnten als im Vorjahr. Dennoch wird weiterhin die Tendenz einer Versorgungssättigung gesehen, obwohl die Zahl der Gefangenen in sozialtherapeutischen Einrichtungen geringfügig sank. Folglich lässt sich auch eine sinkende Belegungsquote beobachten, ein Trend, der sich seit einigen Jahren fortsetzt. In diesem Jahr sank der Anteil der Gefangenen, die älter als 50 Jahre alt sind leicht, wobei der Anteil der Jugendlichen und Heranwachsenden sich ebenfalls weiter verringerte. Sexualstraftäter*innen stellten wieder die Hälfte der Inhaftierten in der Sozialtherapie. Der Anteil der Gefangenen, die keine Zulassung zu vollzugsöffnenden Maßnahmen innehatten oder höchstens zu Ausführungen zugelassen waren, betrug in diesem Jahr etwas mehr als 82%, was einem neuen Höchststand entspricht. Die Fachdienstausstattung blieb auf gleichbleibend günstigem Niveau mit lediglich 5,7 Haftplätzen auf einer Fachdienststelle. Weitere Ergebnisse und Entwicklungen werden im Bericht dargestellt.
Obwohl nur ein kleiner Teil der Straftäter als „gefährlich" anzusehen ist, handelt es sich dabei doch um eine Gruppe, die als äußerst schwierig und problematisch gilt, nicht zuletzt deshalb, weil die von ihnen verübten Delikte häufig mit besonders schweren Folgen für die Opfer verbunden sind. Die Öffentlichkeit reagiert darum bereits auf einzelne derartige Kriminalfälle ausgesprochen sensibel und fordert bezüglich solcher Täter nachhaltig ein hohes Maß an Sicherheit und Opferschutz ein. Immer wieder zielen deshalb auch rechtspolitische Diskussionen und Gesetzesänderungen im Straf- und Strafvollzugsrecht auf diese Problemgruppe der Kriminalpolitik. Die vorgelegte Studie geht der Frage nach, ob es eine statistisch nicht zu vernachlässigende und damit kriminalpolitisch bedeutsame Tätergruppe gibt, die nach der bis zum 28.7.2004 geltenden bundesgesetzlichen Rechtslage trotz fortbestehender Gefährlichkeit in Freiheit entlassen werden musste und damit ein erhöhtes Risiko für die Allgemeinheit darstellt. Vor dem Hintergrund einer differenzierten strafrechtlichen Analyse werden die Resultate einer empirischen Untersuchung von Gewalttätern im hessischen Justizvollzug vorgestellt. In die Untersuchung einbezogen wurden 414 in den hessischen Justizvollzugsanstalten der Sicherheitsstufe I einsitzende Gewalttäter, die zu zeitiger Freiheitsstrafe verurteilt wurden und bei denen weder eine Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus noch eine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet wurde. Ziel der Untersuchung war es dabei nicht, für die einzelnen Gewalttäter anhand der erhobenen Daten eine individuelle Gefährlichkeitsprognose zu erstellen, sondern eine gruppenstatistische Aussage über das Ausmaß des vorhandenen Gefährlichkeitspotentials zu ermöglichen. Zwei Falldarstellungen ergänzen die quantitativ angelegte Analyse. Diskutiert werden anschließend Fragen des rechtlich und praktisch angemessenen und erforderlichen Umgangs mit gefährlichen Gewalttätern. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Frage der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung, der alternative Lösungsansätze gegenübergestellt werden.
Im Rahmen des mehrstufigen Forschungsvorhabens "Legalbewährung und kriminelle Karrieren von Sexualstraftätern" werden für ausgewählte Teilgruppen von Personen, die im Jahre 1987 wegen eines Sexualdelikts verurteilt wurden, insbesondere Fragen der Vorbelastung, des Rückfalls und der sonstigen Entwicklung untersucht. Grundlage der Untersuchung sind neben Bundeszentralregister-Auskünften vor allem die jeweiligen Strafakten der Bezugsentscheidung. Ein Schwerpunkt der Studie gilt jenen Sexualstraftätern, die als besonders gefährlich anzusehen sind. Dies betrifft - definitionsgemäß - vor allem Personen mit Anordnung einer Maßregel der Besserung und Sicherung gem. §§ 63, 64 StGB. Der vorliegende Band dokumentiert die Ergebnisse des Teilprojekts zu dieser Gruppe. Neben den biographischen Merkmalen der "Maßregelgruppe" und den Angaben zum Bezugsdelikt werden Fragen der Begutachtung und der Sanktionierung erläutert. Es folgt ein Abschnitt über Vollzug und Aussetzung der Maßregel und dem Verlauf der anschließenden Führungsaufsicht. In einem Extremgruppenvergleich werden unterschiedliche Karriereverläufe der Sexualdelinquenz und verschiedene Risikofaktoren der Rückfälligkeit vorgestellt, teilweise im Vergleich zu weiteren Gruppen des Gesamtprojektes. Den Abschluss bilden Ergebnisse einer qualitativen Auswertung der Krankengeschichten und die Darstellung von Patienteninterviews.
Untersucht wird die Arbeitszufriedenheit von Beschäftigten in Einrichtungen des Maßregelvollzugs. Die "Person-Job-Fit"-Theorie, die sich auf die Passung zwischen den Eigenschaften einer Person und den Bedingungen und Anforderungen einer bestimmten Arbeit bezieht, bildet die theoretische Grundlage der Studie. Anhand eines Online-Fragebogens, den deutschlandweit 347 im Maßregelvollzug Beschäftigte bearbeiteten, wurden verschiedene Variablen (allgemeine Merkmale wie z. B. Geschlecht, Alter oder Berufsgruppe; Persönlichkeitseigenschaften; Stationsklima) hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit der Arbeitszufriedenheit und dem Person-Job-Fit untersucht. Weiter wurde geprüft, welchen relativen Beitrag die einzelnen Variablen für die Aufklärung von Arbeitszufriedenheit und Person-Job-Fit leisten. Im Ergebnis zeigen sich auf personaler Ebene positive Zusammenhänge von Arbeitszufriedenheit bzw. Person-Job-Fit mit bestimmten Persönlichkeitseigenschaften wie Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit oder niedrige Ausprägung von Neurotizismus. Auch hinsichtlich der untersuchten Altersgruppen, Berufsgruppen und Geschlecht konnten signifikante Unterschiede festgestellt werden, z. B. zeigen Frauen eine höhere Arbeitszufriedenheit als Männer und unter den Berufsgruppen ist die Arbeitszufriedenheit im Pflege- und Erziehungsdienst am geringsten. Auf Limitationen der Studie wird hingewiesen.
Die Umsetzung der vom Arbeitskreis Sozialtherapeutischer Anstalten im Justizvollzug (AK SothA) 2016 formulierten Mindestanforderungen an die sozialtherapeutischen Einrichtungen im Justizvollzug (SothEn) wird anhand einer Abfrage bei den 71 aktiven SothEn im Rahmen der von der Kriminologischen Zentralstelle durchgeführten jährlichen Stichtagserhebung erfasst. Der jährliche Fragebogen wird hierfür um einen Zusatzbogen ergänzt und von den jeweiligen zuständigen Personen in den SothEn ausgefüllt. Erfasst werden folgende Themenschwerpunkte: (1) Aufnahme der Gefangenen, (2) besondere Anforderungen an Sozialtherapeutische Abteilungen, (3) organisatorische und strukturelle Mindestanforderungen, (4) räumliche und (5) personelle Mindestanforderungen, (6) Mindestanforderungen an Dokumentation und Evaluation. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere im Bereich der besonderen Anforderungen an sozialtherapeutische Abteilungen (z. B. Arbeitsbereich, Finanzmittel, Verwaltungskräfte) Defizite bestehen. Zudem fällt auf, dass mehr als zwei Drittel der SothEn nicht als Praktikumsstätte dienen und die Behandlungsdokumentation in ca. der Hälfte der SothEn nicht oder selten wissenschaftlich ausgewertet wird. Es wird konstatiert, dass viele der Mindestanforderungen in den SothEn umgesetzt werden, es jedoch weiterhin Optimierungsbedarf gibt. Insbesondere die Trennung der SothEn vom Regelvollzug wird als bedeutsam eingestuft und als zukünftige Umsetzungsmaßnahme empfohlen.
Die vorliegende Studie, die gemeinsam vom Arbeitskreis für Sozialtherapeutische Einrichtungen e. V. und der Kriminologischen Zentralstelle initiiert und ausgewertet wurde, erfasst Veränderungen und Konsequenzen in den sozialtherapeutischen Einrichtungen, die sich aus der Corona-Pandemie ergeben haben. Mithilfe eines Fragebogens werden Daten von 40 sozialtherapeutischen Einrichtungen aus 13 Bundesländern zum Stichtag 08.05.2020 erhoben. Erfasst werden folgende Daten und Arbeitsbereiche: (1) Corona-Fälle, (2) Bestehen einer Maskenpflicht, (3) Einschränkungen in Therapie und Tagesgeschäft, (4) Innovationen, (5) strukturelle Veränderungen, (6) Beziehung zwischen Inhaftierten und Behandlungsteams und (7) Gesamteinschätzung. Insgesamt geben die Befragten eine moderate bis sehr starke Veränderung durch die Corona-Situation an, beispielsweise mussten Arbeits- und Wohngruppen umorganisiert werden, Gruppentherapien wurden ganz oder teilweise eingestellt, Kontaktsportarten wurden verboten, vollzugsöffnende Maßnahmen und Besuche ausgesetzt. Teilweise erhielten die Inhaftierten die Möglichkeit, Kontakt zu Bezugspersonen außerhalb der Einrichtung per Telefon und Skype aufrecht zu halten. In einigen Einrichtungen wurden die Sozialtherapeutischen Einrichtungen ganz oder teilweise geschlossen, da die Räumlichkeiten für Quarantäne-Abteilungen benötigt wurden bzw. das Personal anderweitig eingesetzt wurde. Durch Kohortenbildung sowohl beim Personal als auch bei den Inhaftierten wurde der fachliche Austausch bzw. die Kommunikation stark eingeschränkt. Empfohlen wird eine zweite Erhebung, um nachhaltige Veränderungen und Bewältigungsstrategien zu erfassen.