Erscheinungsformen von Gewalt und Kriminalität
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Seit der Entstehung einer Öffentlichkeit in der modernen Gesellschaft werden Kriminalfälle aufgrund ihrer Häufigkeit und medialen Verfügbarkeit regelmäßig thematisiert. Die mediale Darstellung folgt journalistischen Interessen und unterscheidet sich je nach Medium hinsichtlich Form und Format, wobei digitale Medien und mobile Endgeräte spezifische Anforderungen mit sich bringen. Alle Medien haben ihre Eigengesetzlichkeiten. Die Digitalisierung hat sowohl die Geschwindigkeit der Informationsverbreitung als auch das Nutzungsverhalten deutlich verändert. Mediale Diskurse, wie etwa Reformen im Sexualstrafrecht, können politischen Entscheidungen (mit-)beeinflussen. Kriminalität und der Umgang mit Kriminalität sind zugleich politische Themen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Analyse der Wechselwirkungen und Zusammenhänge zwischen Medien, Kriminalität und Kriminalpolitik als notwendig. Die Beiträge dieses Bandes gehen auf eine Fachtagung der Kriminologischen Zentralstelle im Oktober 2017 in Wiesbaden zurück.
Gewalt und Zwang sind alltägliche Phänomene. Zunehmende Aufmerksamkeit gibt es für solche Vorfälle, die in gesellschaftlichen und staatlichen Einrichtungen vorkommen. So haben Befragungen unter Gefangenen ergeben, dass Gewalt im Strafvollzug häufiger vorkommt als erwartet und dass auch dort ein großes Dunkelfeld existiert. Über Fixierungen von Patientinnen und Patienten in der stationären Psychiatrie hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Aufarbeitung systematischer körperlicher und sexualisierter Gewalt in Internatsschulen und Einrichtungen der Heimerziehung ist bislang nicht abgeschlossen. Der Band befasst sich aus interdisziplinärer Perspektive mit verschiedenen Formen von Gewalt und Zwang im institutionellen Kontext und thematisiert sowohl Strategien der Täter/-innen als auch Folgen für die Betroffenen. Tatbegünstigende Strukturen werden ebenso diskutiert wie der institutionelle Umgang mit Aufarbeitung und Prävention.
Seit 1973 schützt das Strafgesetzbuch zwar die sexuelle Selbstbestimmung, nicht mehr die „Sittlichkeit“. Mittlerweile wird jedoch vermehrt in Frage gestellt, ob der Schutz der sexuellen Selbstbestimmung im Gesetz konsequent genug angelegt ist und in der Strafrechtspraxis durchgesetzt werden kann. Aktuelle Beispiele betreffen so unterschiedliche Konstellationen wie den Schutz vor sexuellem Missbrauch in Heimen und ähnlichen Einrichtungen, den Schutz vor plötzlichen sexuellen Übergriffen in Menschenmengen oder öffentlichen Verkehrsmitteln und den Schutz vor sexuellen Nötigungen in einer ausweglosen Lage. Seit der Strafrechtsreform im Jahr 1973 wurden weitere gesetzgeberische Maßnahmen ergriffen. Eine der jüngsten wesentlichen Änderungen wurde am 10. November 2016 mit dem Inkrafttreten des 50. Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – zur Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung – wirksam. Der vorliegende Band enthält Stellungnahmen zum neuen Recht aus unterschiedlichen Perspektiven und weitere aktuelle Forschungsergebnisse.
Es werden die Ergebnisse einer quantitativen Studie präsentiert, die psychologische Unterschiede zwischen Femizid- und Virizidtätern hinsichtlich der Persönlichkeit und weiterer behandlungsrelevanter Merkmale untersucht. Auf Grundlage von Daten aus der bayrischen Basisdokumentation für die Sozialtherapie aus den Jahren 2020 und 2021 werden n = 46 Femizidtäter mit n = 57 Virizidtätern hinsichtlich Persönlichkeitsmerkmalen (MMPI-2), Delikthypothese und Behandlungszielen verglichen. Die Vergleiche wurden in Hinsicht auf drei theoretische Narrativen strukturiert und interpretiert: (1) Femizid als Tötung aus frauenfeindlichen oder anderen geschlechtsbezogenen Motiven durch einen durchschnittlichen Mann (feministisches Narrativ), (2) Femizid als Teilmenge der Tötungsdelikte von Männern, die eher dissozial und aggressiv sind (gewaltperspektivisches Narrativ), (3) Femizid als Konflikttötung durch einen eher psychisch labilen Mann (affektives Narrativ). Insgesamt werden eher wenige Unterschiede zwischen Femizid- und Virizidtätern beobachtet. Nach hier vertretener Ansicht legen die Befunde nahe, dass sich die Besonderheiten von Femizidtätern nur durch das Gesamtbild aller drei Narrative erklären lassen. Auf Limitationen der Studie wird hingewiesen und die Implikationen der Ergebnisse werden u. a. für die Straftäterbehandlung diskutiert.
Anknüpfend an einen Vortrag der Autorinnen beim 23. Deutschen Präventionstag 2018 in Dresden werden Ergebnisse einer qualitativen Sekundäranalyse zu selbstberichteten Viktimisierungserfahrungen jugendlicher Gewaltstraftäter referiert. Datengrundlage bilden n = 55 im Rahmen zweier Projekte an der Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendkriminalitätsprävention des Deutschen Jugendinstituts e.V. geführte Interviews mit gewaltdelinquenten Jugendlichen. Durch Interviewpassagen illustriert, werden berichtete direkte und indirekte Gewalterfahrungen, familiäre Vernachlässigungen und Verluste der Jugendlichen beschrieben und die verschiedenen Konstellationen auf eine spätere Täter-Opfer-Umkehr bezogen. Um den häufig komplexen Problemlagen jugendlicher Gewaltstraftäter gerecht zu werden und mögliche Unterstützungsbedarfe zu erkennen, ist nach hier vertretener Ansicht in der kriminalpräventiven Jugendarbeit eine Sensibilisierung für Viktimisierungen erforderlich.
Untersucht wird, wie verbreitet fundamentalistische und religiös-militante Einstellungen unter jungen Muslimen im Strafvollzug sind und durch welche Radikalisierungspotenziale und damit in Verbindung stehende mögliche religionsbezogene Einflussfaktoren diese bestimmt werden. In diesem Zusammenhang wird auch der Einfluss der Dauer der bisher verbüßten Haft analysiert. Die explorative Untersuchung umfasst n = 87 junge männliche muslimische Inhaftierte aus vier bayerischen Jugendstrafvollzugsanstalten, die zu ihren religiösen Sozialisationserfahrungen und zu ihrer aktuellen Religiosität befragt wurden. Abgefragt wurde darüber hinaus die Zustimmung zu fundamentalistischen und religiös-militanten Aussagen. Die Häufigkeitsverteilungen fundamentalistischer und militanter Einstellungen wurden mit einer nicht-muslimischen Vergleichsgruppe verglichen (n = 255). Regressionsanalysen geben Hinweise auf eine erhöhte Vulnerabilität von muslimischen Gefangenen für Radikalisierung. Sozialisationseinflüsse zeigen keinen unmittelbaren Einfluss, wirken sich aber indirekt auf das Ausmaß militanter Einstellungen aus. Die bisher im Gefängnis verbrachte Zeit spielt eine untergeordnete Rolle. Auf Limitationen der Studie und Implikationen für den Strafvollzug wird hingewiesen.
Nach hier vertretener Auffassung stellen die hohe Zahl fehlender Werte bei biografischen Daten und die dadurch eingeschränkte Validität der darauf basierenden Studien ein Defizit der Terrorismusforschung dar. Vor diesem Hintergrund werden biografische Daten von N = 53 Straftätern bzw. Straftäterinnen, die wegen einer islamistisch-terroristisch motivierten Straftat verurteilten wurden, analysiert. Mittels eines Matchingverfahrens werden Daten, die aus frei zugänglichen Quellen (u. a. aus Zeitungsartikeln, Büchern, Magazinen und Podcasts) erhoben wurden, mit solchen verglichen, die mittels einer Analyse von Strafverfahrensakten erhoben wurden. Anschließend werden die Daten einem Fall zugeordnet. Es wird konstatiert, dass in Bezug auf demografische Variablen nur geringfügige Unterschiede zwischen den Datensätzen vorliegen. Größere Unterschiede liegen hingegen bei den sozioökonomischen Variablen vor. Aus dem frei zugänglichen Datenmaterial geht infolge fehlender Werte ein erhöhter Anteil von Straftätern bzw. Straftäterinnen ohne Schulabschluss hervor. Weiterhin wird festgestellt, dass Daten zum Kontext der Radikalisierung (z. B. durch Freunde und Familie, Internet oder Soziale Medien) für 28 Fälle im Datensatz aus frei zugänglichen Datenquellen und für 15 Fälle im Datensatz der Strafverfahrensakten fehlen. Weitere Ergebnisse werden diskutiert.
Im Rahmen des Projektes AMBOSafe ("Angriffe auf Mitarbeiter/-innen und Bedienstete von Organisationen mit Sicherheitsaufgaben") wurden konfliktreiche Einsatzsituationen von Polizei- und Rettungskräften untersucht. Vorgestellt werden Ergebnisse, die durch Befragungen von N = 1.763 Polizeibedienstete erhoben wurden. Zusätzlich haben N = 538 Polizeikräfte bis zu 16 Wochen ihren Arbeitsalltag standardisiert dokumentiert sowie Ereignisprotokolle für besondere Vorkommnisse verfasst. Neben der Häufigkeit und der Art der Angriffe werden die angreifende(n) Person(en) beschrieben und eruiert, ob die problematische Einsatzlage von den betroffenen Polizeikräften bereits im Vorfeld erkannt wurde, oder sich für diese überraschend ereignet hat. In diesem Zusammenhang werden auch persönliche Stressfaktoren der Einsatzkräfte als mögliche Risikofaktoren für eine Viktimisierung im Dienst diskutiert und potentielle Strategien zur Entschärfung von konfliktreichen Einsatzsituationen besprochen. Abschließend wird darauf hingewiesen, dass die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen der Einsatzkräfte gefördert werden sollte, z. B. in Form von gemeinsamen Einsatznachbesprechungen und gemeinsamen Fortbildungen. Im Rahmen des Projekts AMBOSafe wurden bereits berufsgruppenübergreifende Übungen (z. B. Einsatzszenario "Häusliche Gewalt") realisiert, die von den verschiedenen Berufsgruppen als positiv eingeschätzt wurden.
Forschungsprojekt AMBOSafe: Angriffe auf Rettungsdienstpersonal : Charakteristika und Prävention
(2022)
Im Rahmen des Projektes AMBOSafe ("Angriffe auf Mitarbeiter/-innen und Bedienstete von Organisationen mit Sicherheitsaufgaben") wurden konfliktreiche Einsatzsituationen von Polizei- und Rettungskräften untersucht. Vorgestellt werden Ergebnisse, die durch Befragungen von N = 1.144 Rettungskräften erhoben wurden. Zusätzlich haben N = 60 Rettungskräfte bis zu 16 Wochen ihren Arbeitsalltag standardisiert dokumentiert sowie Ereignisprotokolle für besondere Vorkommnisse verfasst. Es werden Häufigkeiten zu verbalen und körperlichen Angriffen berichtet und Tätermerkmale beschrieben. Zudem werden die Begleitumstände der Konfliktsituation (z. B. Stressmerkmale) untersucht sowie die Konsequenzen erfragt. Aus der Untersuchung geht hervor, dass eine Anzeige durch Rettungskräfte in den seltensten Fällen erfolgt. Bedeutsam ist auch, dass in den meisten Fällen die Rettungskräfte von der Eskalation der Einsatzsituation überrascht wurden und die wenigsten Rettungskräfte Maßnahmen zur Eigensicherung (z. B. Absprachen mit Kollegen bzw. Kolleginnen, Festlegung von Codewörtern oder eines Notfallplans) vorgenommen hatten. Empfohlen wird, Aspekte der Eigensicherung und Selbstverteidigung sowie Deeskalationsstrategien in Aus- und Fortbildungen aufzugreifen.
Eigentums- und Vermögensdelikte : ein Beispiel aus der kriminologischen Geschlechterforschung
(2017)
Es wird eine Studie vorgestellt, in der 2.053 Strafverfahren zu einfachen Eigentums- und Vermögensdelikten, die 2013 von der Amtsanwaltschaft Frankfurt am Main bearbeitet worden sind, hinsichtlich der Anlassdelikte und Geschlechtsunterschiedene der tatverdächtigen Personen analysiert werden. Ausgeschlossen wurden Jugendstrafverfahren sowie in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht besondere Verfahren. Erhoben wurden personenbezogene Daten der Tatverdächtigen (u. a. Vorstrafen, soziodemografische Daten) sowie Daten zu Anlasstaten, Ermittlungsverläufen und verfahrensabschließenden Entscheidungen. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Verfahren hinsichtlich der Anlasstat (Betrugsdelikt vs. Diebstahlsdelikt) unterscheiden. Zudem werden bei den Tatverdächtigen Geschlechtsunterschiede festgestellt: Diese sind überwiegend männlich und verursachen eine höhere Schadenshöhe. Sowohl weibliche als auch männliche Tatverdächtige sind häufig finanziell bedürftig und zu großen Teilen erwerbslos. Bei der Fallbearbeitung zeigt sich, dass weibliche Tatverdächtige eher kooperieren und höhere Geldstrafen (in Bezug auf die verursachte Schadenssumme) akzeptieren.