Kriminologische Zentralstelle (KrimZ)
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In den meisten EU-Staaten und anderen europäischen Ländern sind Kinder- und Jugendhilfebehörden für den Schutz von Kindern, etwa vor sexuellem Missbrauch, zuständig. Als Opfer von Sexualdelikten haben Kinder zudem eine gewichtige Rolle im Strafverfahren inne. Auch hier haben sie ein Recht auf Schutz – durch Polizei, Strafverfolgungsbehörden und Gerichte. Dabei ist davon auszugehen, dass eine Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Jugendhilfe und Strafjustiz die Schutzwirkungen verstärkt, dabei dauerhafte multiprofessionelle Arbeitsbündnisse effizienter sind als einmalige Ad-hoc-Kontakte. Zwischen 2008 und 2010 führte die Kriminologische Zentralstelle mit ihren Partnerinnen aus der Schweiz (Hochschule Luzern) und Österreich (Institut für Konfliktforschung Wien) das Forschungsprojekt "Kooperation von öffentlicher Jugendhilfe und Strafjustiz bei Sexualdelikten gegen Kinder" durch, das mit Mitteln der Europäischen Kommission gefördert wurde. Um Informationen über entsprechende interdisziplinäre Arbeitskreise zu erhalten, wurden in den drei beteiligten Ländern zunächst die Träger der öffentlichen Jugendhilfe schriftlich befragt. Dem schlossen sich Interviews mit Mitgliedern solcher Kooperationen an. Die gewonnenen Befunde werden ausführlich in drei Länderberichten dargestellt, wobei sich diese an länderübergreifenden Fragestellungen ausrichten und ausdrücklich parallele bzw. divergierende Gesichtspunkte aufgreifen. Trotz aller Unterschiede zwischen den untersuchten Arbeitskreisen ist ihnen doch gemeinsam, dass bestimmte Bedingungen gegeben sein sollten, damit eine Kooperation von öffentlicher Jugendhilfe und Strafjustiz bei Sexualdelikten gegen Kinder gelingen kann. Das abschließend entwickelte Basismodell soll deshalb Orientierung und Hilfe beim Aufbau von und der Tätigkeit in interdisziplinär besetzten Arbeitsbündnissen bieten. Es ist auf der Grundlage des Inputs entstanden, den PraktikerInnen geliefert haben, wurde mit wissenschaftlichem Instrumentarium entwickelt - und wendet sich nun vor allem wieder an PraktikerInnen.
Children who become victims of sex offenses are entitled to protection and assistance, not only from children and youth services but from police, public prosecution and court – therefore from a large number of institutions with different (legal) contracts, organisational structures, self-conceptions, interests and terminologies. Despite the common target, the cooperation of several institutions and different professions is not always easy. From 2008 to 2010, a research project, partially funded by the European Commission, was conducted by researchers from the Centre for Criminology, Lucerne University and the Institute of Conflict Research in Vienna to study current approaches to interdisciplinary cooperations on sex offenses against children in the three participating countries – Germany, Switzerland and Austria. The overall goal was to develop a model concept for interdisciplinary cooperations on sex offences against children with the participation of public children and youth services and criminal justice. This final report presents the findings of the study. An extended version, only issued in German, is published as volume 60 in the series of Kriminologie und Praxis (KUP). It is characterised primarily by much larger country reports and to a much broader representation of the data collected.
Die „Häuser des Jugendrechts“ in Wiesbaden und Frankfurt am Main-Höchst, eröffnet im Dezember 2010 und im Februar 2011, sind die siebte und achte Einrichtung dieser Art in Deutschland. Sie sind Kooperationsprojekte von Polizei, Staatsanwaltschaft und Jugendgerichtshilfe bzw. dem Amt für soziale Arbeit (HdJR Wiesbaden). Ihre Einrichtung folgt einer Empfehlung der hessischen Expertenkommission zur Verbesserung der rechtlichen und tatsächlichen Instrumentarien zur Bekämpfung der Jugendkriminalität. Die Begleitforschung hierzu erfolgte im Auftrag des Hessischen Ministeriums der Justiz, für Integration und Europa (HMJIE). Sie orientierte sich an den vereinbarten Zielen im jeweiligen Konzeptionspapier. Verfahrensabläufe und Kooperationsstrukturen wurden in einem Zeitraum von 18 Monaten nach Eröffnung der beiden Einrichtungen evaluiert. Neben teilnehmender Beobachtung von Konferenzen, Besprechungen und allgemeinen Abläufen in den Häusern des Jugendrechts, der Auswertung von Falldaten wurden auch die Einschätzungen der Mitarbeiter erfragt.
Die ersten 25 Jahre ...
(2011)
Seit 1982 gelten Bestimmungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG), die es drogenabhängigen Tätern ermöglichen, sich anstelle von Strafhaft einer Drogentherapie zu unterziehen. Die vorliegende Studie widmet sich der Frage, ob auch für alkoholabhängige Straftäter eine vergleichbare Regelung in Betracht zu ziehen ist. Ziel der Untersuchung, die im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz durchgeführt wurde, war es, durch eigene empirische Erhebungen Lücken des aktuellen Erkenntnisstandes zu füllen, um Perspektiven aufzuzeigen und empirisch gesichertes Material für kriminalpolitische Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. In einer Erhebung im Erwachsenen- und Jugendstrafvollzug stellte sich heraus, dass 14 - 22 % der Gefangenen als alkoholabhängig bezeichnet werden können. Dennoch werden alkoholbezogene Störungen im Strafverfahren nur selten thematisiert, wie eine Aktenanalyse zeigte. In Befragungen von Vertretern der Strafrechtspraxis und des Strafvollzugs hielten etwa zwei Drittel der Befragten eine gesetzliche Therapieregelung für alkoholabhängige Straftäter für geeignet, Rückfälle zu vermeiden. Therapieeinrichtungen sind auch an einer Behandlung alkoholabhängiger Straftäter interessiert.
Jugendarbeitslosigkeit gilt seit einigen Jahren in vielen Ländern als wichtiges soziales Problem. Vielfältige Anstrengungen werden unternommen, Arbeitslosigkeit beim (versuchten) Einstieg in das Berufsleben möglichst zu vermeiden. Auch für Kriminalität und Delinquenz gibt es große öffentliche Aufmerksamkeit, die sich anlässlich der Vorstellung der Ergebnisse der polizeilichen Kriminalstatistik oder auch spektakulärer Einzelfälle immer von neuem beweist. In der Praxis der Strafrechtspflege und darüber hinaus dürfte der Eindruck vorherrschen, dass zwischen beiden Problembereichen ein enger Zusammenhang besteht: Jugendliche, die straffällig werden, sind häufig arbeitslos und ohne Ausbildung. Die neuere kriminologische Forschung relativiert solche Annahmen allerdings. Andererseits gehören Programme schulischer und beruflicher Qualifizierung zum traditionellen Inventar der Straffälligenhilfe. Die in diesem Band enthaltenen Beiträge einer Tagung in Leipzig im April 2005 (durchgeführt von der KrimZ in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Staatsministerium der Justiz) berichten über aktuelle Forschungsergebnisse und praxisbezogene Projekte aus dem Strafvollzug und den Sozialen Diensten der Justiz.
Das am 4. August 2009 in Kraft getretene Gesetz zur Verfolgung der Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten (GVVG) hat drei neue Straftatbestände eingeführt: die „Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“, § 89a StGB, die „Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“, § 89b StGB, und die „Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“, § 91 StGB n. F. Der Gesetzgeber verfolgte damit die Ziele, eine möglichst effektive strafrechtliche Verfolgung auch von organisatorisch nicht gebundenen Tätern, die schwere staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten, zu ermöglichen und das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung des Terrorismus vom 16. Mai 2005 und den Rahmenbeschluss 2008/919/JI des Rates zur Änderung des Rahmenbeschlusses 2002/475/JI des Rates zur Terrorismusbekämpfung umzusetzen. Im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz führten die KrimZ und die Ruhr-Universität Bochum gemeinschaftlich eine erste Evaluation des GVVG durch, die den Zeitraum vom Inkrafttreten des Gesetzes bis zum 31. Oktober 2011 umfasst. Zum Zeitpunkt der Erhebung lagen aufgrund der geringen Anzahl der Fälle nur wenig Informationen über Verfahren nach den §§ 89a, 89b und 91 StGB vor. Es wurden zwar über 50 Ermittlungsverfahren geführt, in denen die Vorschriften zumindest am Rande eine Rolle spielten, zu einer Verurteilung war es aber noch nicht gekommen. Im Hinblick auf die Akzeptanz der neu eingeführten Vorschriften bei den mit ihnen befassten Praktikern kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass das GVVG aus der Perspektive der Strafverfolgungsbehörden (Polizei und Staatsanwaltschaft) als gewinnbringend und die neu gewonnenen Ermittlungsmöglichkeiten zur „Erkenntnisverdichtung“ als hilfreich empfunden werden. Schwierigkeiten ergeben sich insbesondere für die ermittelnden Polizeibeamten in der Anwendung der zum Teil noch wenig konkretisierten Tatbestände und damit einhergehende Nachweisprobleme; insoweit erhoffen sich die Befragten eine Klarstellung durch die künftige Rechtsprechung.
Polizei und Staatsanwaltschaft sind zur Zusammenarbeit verpflichtet. Allerdings soll auch bei einer engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit die gesetzliche Leitungsfunktion der Staatsanwaltschaft garantiert sein. Dies führt dazu, dass die handelnden Akteure sich im Spannungsfeld von vertrauensvoller Zusammenarbeit bis hin zum Kontrollverlust der Staatsanwaltschaft bewegen und zurechtfinden müssen. Untersucht wird, wie sie das tun und welche Wirkungsmechanismen dabei eine Rolle spielen. Im theoretischen Teil werden arbeits- und sozialpsychologische Ansätze in ein gemeinsames Modell der interorganisatorischen Zusammenarbeit integriert. Mit Hilfe einer empirischen Untersuchung nach dem qualitativen Forschungsansatz, speziell nach der Grounded Theory, wird die gegenstandsbegründete Theorie des Statusarrangements von Polizei und Staatsanwaltschaft entwickelt. Abschließend werden Handlungsempfehlungen für Praktiker aus den Bereichen Polizei und Staatsanwaltschaft gegeben.
Es werden einschlägige Rückfalluntersuchungen und Sekundäranalysen aus den angloamerikanischen Ländern ausgewertet. Im Vordergrund stehen Arbeiten zu Sexualdelikten, die mit (physischer) Gewalt verbunden sind. Es zeigt sich, dass nur nach einer Klärung maßgeblicher Variablen wie Delikte, Tat- und Tätereigenschaften, Maßstab der erneuten Straffälligkeit, Dauer des Beobachtungszeitraumes sowie Behandlungs- bzw. Kontrolldaten sinnvolle Aussagen über Rückfallquoten möglich sind. Folgende Ergebnisse lassen sich u.a. hervorheben: Sexualstraftäter treten in geringerem Maße als andere Straftäter erneut strafrechtlich in Erscheinung. Die einschlägige Rückfälligkeit von Sexualstraftätern ist im Allgemeinen geringer als ihre sonstige erneute strafrechtliche Auffälligkeit. Die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Straftat steigt durch eine (schwere) strafrechtliche Vorbelastung erheblich. Junge (gewalttätige) Sexualstraftäter rezidivieren häufiger als ältere, insbesondere wenn spezielle Persönlichkeitsmerkmale vorliegen. Die Persönlichkeitsmerkmale von Vergewaltigern, die Mehrfach- oder Rückfalltäter sind, weichen von denen durchschnittlicher Männer häufig gravierend ab. In der Behandlung von Sexualstraftätern werden in den letzten Jahren zunehmend Erfolge bei der Rückfallvermeidung berichtet. Für die Gruppe der Vergewaltiger sind solche Effekte vergleichsweise bescheidener oder nicht vorhanden. Eine generelle Intensivierung ambulanter Kontrollmaßnahmen für Sexualstraftäter - als Ergänzung oder Alternative zum Strafvollzug oder in Verbindung mit therapeutischen bzw. sozialintegrativen Programmen - findet vor allem in den USA statt; die hierauf bezogene Rückfallforschung steckt noch in den Anfängen.
Der Beitrag beschäftigt sich aus sozialwissenschaftlicher und rechtlicher Sicht mit der Gefährlichkeit psychisch gestörter Straftäter. Vor dem Hintergrund spektakulärer, aber seltener Delikte, die in der Berichterstattung der Massenmedien breiten Raum einnehmen, werden zunächst Ergebnisse von Befragungsstudien zu Wissen und Einstellungen über psychische Krankheiten referiert. Sodann werden verschiedene Gefahrbegriffe des deutschen Rechts erläutert, insbesondere die der strafrechtlichen Maßregeln. Schließlich werden Ergebnisse einer empirischen Untersuchung über die Praxis strafrechtlicher Unterbringungen psychisch gestörter und suchtkranker Straftäter vorgestellt. Dabei geht es um die Unterbringungsdelikte und die strafrechtliche Rückfälligkeit nach Entlassung aus dem psychiatrischen Maßregelvollzug.