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Der Kriminologische Dienst des bayerischen Justizvollzugs verfolgt ein Konzept zur Behandlung von Sicherungsverwahrten, das aufgrund der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4.5.2011 gestellten Anforderungen geringfügig modifiziert wird. Zunächst werden die Anforderungen aus dem Urteil sowie die allgemeinen therapeutischen Anforderungen an ein Behandlungskonzept skizziert. Auf dieser Basis wird das Konzept zur Behandlung von Sicherungsverwahrten weiterentwickelt. Die notwendigen Maßnahmen, um die drei vordergründigen Behandlungsziele (1) Motivierung, (2) Sicherung der Lebensqualität und (3) Reduzierung der Rückfallgefahr zu erreichen, werden beschrieben. Abschließend wird auf das neue Unterbringungsgebäude, welches in Straubing errichtet wird, eingegangen.
Auf der Grundlage theoretischer und empirischer Erkenntnisse zur Jugendkriminalität werden Zielsetzungen zur Ausgestaltung eines Jugendarrestes neben Jugendstrafe formuliert, die die Basis für ein Behandlungskonzept bilden. Die Zielsetzungen betreffen die kriminalpräventive Wirkung des Arrestes, Senkung der Rückfallquoten, Normverdeutlichung, erzieherische und individualisierte Ausgestaltung des Jugendarrestvollzugs, Stärkung der Schutzfaktoren, klare Abgrenzung zur Jugendstrafe (kein "Schnupperknast"), Nachbetreuung. Gemäß den genannten Anforderungen werden vier modulartig aufgebaute Maßnahmen skizziert, die als geeignet für die Ausgestaltung des Jugendarrest neben Jugendstrafe zur Bewährung erachtet werden: (1) Kurzintervention zur Motivationsförderung, (2) Anti-Gewalt-Training, (3) Sport im Verein, (4) BASIS: Berufsorientierung, Arbeitstherapie, schulische Förderung, Informationsvermittlung, Suchtberatung und gesundheitliche Aufklärung. Eine empirische Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen wird empfohlen.
Für eine Rückfallstudie, die sich am Kriterium Wiederinhaftierung orientiert, wurden diejenigen Personen aus der Datenbank des bayerischen Justizvollzuges ausgewählt, die zwischen April 2013 und Januar 2015 aus dem Jugendstrafvollzug in Freiheit entlassen wurden (n = 611). Bei einem durchschnittlichen Legelbewährungszeitraum von zwei Jahren kam etwa jeder Dritte erneut in Haft. Analysiert werden u.a. Zusammenhänge mit biographischen Belastungsfaktoren und mit einem festgestellten Behandlungsbedarf. Bestätigt wird nach den Ergebnissen die prognostische Bedeutung vieler dieser Faktoren und die Wahl der Wiederinhaftierung als Rückfallkriterium.
Ergebnisse eines Pilotprojektes zur Elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) im offenen Vollzug werden referiert. Das Pilotprojekt wurde von Juli 2011 bis Juli 2012 in der Justizvollzugsanstalt Ebrach an außenbeschäftigten jungen Strafgefangenen durchgeführt (n = 45). Ziel war es, sich mit der Technik der EAÜ im Praxisbetrieb vertraut zu machen sowie Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung im Strafvollzug zu erproben. Hierzu wurden (1) die technische Durchführung durch den Dienstleiter des offenen Vollzuges dokumentiert, (2) Interviews mit teilnehmenden Gefangenen durch Studenten der Universität Bamberg geführt (n = 9) und (3) Fragebögen zur anonymisierten Selbstauskunft durch die Strafgefangenen bearbeitet (n = 16). In der Praxis zeigten sich bei akzeptablem Tragekomfort häufig technische Probleme, die Systeme erwiesen sich als störanfällig und erforderten ein aufwendiges, auch für die Gefangenen belastendes Alarmmanagement. Die Akzeptanz der EAÜ durch die Gefangenen hängt nach den Ergebnissen vom konkreten Einsatzbereich ab. Als Alternative zum Freiheitsentzug wird sie positiv bewertet, bei entlassungsvorbereitenden Vollzugslockerungen als freiheitseinschränkend empfunden. Es werden Stigmatisierungseffekte und Diskriminierungen außerhalb des Vollzuges befürchtet. Die EAÜ wird nach Abschluss des Pilotprojektes als ergänzende Überwachungsmaßnahme nicht übernommen. Abschließend werden verschiedene Anwendungsszenarien im Strafvollzug diskutiert: Überwachung aufenthaltsbezogener Weisungen bei unbeaufsichtigten Vollzugslockerungen, Verhinderung von Entweichungen im offenen Vollzug, Überwachung des Aufenthaltes im geschlossenen Vollzug.
Das Behandlungsprogramm "Kurzintervention zur Motivationsförderung" soll in fünf einstündigen Sitzungen mittels strukturierter Einzelgespräche die Motivation Straffälliger stärken, um Problembereiche, die mit der eigenen Delinquenz zusammenhängen, zu verändern. Das Programm kann bei sehr unterschiedlichen Strafgefangenen zum Einsatz kommen, sofern diese ihre Tatschuld nicht leugnen. In den fünf Sitzungen werden (1) Problembereiche erkannt, (2) Ereignisketten, die zur Straffälligkeit geführt haben erarbeitet, (3) kurzfristige und langfristige Vorteile und Nachteile, die sich aus der Straftat ergeben, benannt, (4) Hemmnisse und förderliches Handeln auf dem Weg zur Verhaltensänderung identifiziert, (5) Erarbeitetes dokumentiert und ein Veränderungsplan entwickelt.
Nach einer einleitenden Darstellung der Bedeutsamkeit von Motivation für die Behandlung von Straftätern werden Methode und Wirksamkeit der motivierenden Gesprächsführung erörtert. Sodann wird eine im neuseeländischen Strafvollzug auf Basis der motivierenden Gesprächsführung entwickelte Kurzintervention ("short motivational programme", SMP) vorgestellt. Im Rahmen des SMP sollen in vier Sitzungen Nachteile der Aufrechterhaltung krimineller Verhaltensweisen sowie Vorteile einer Verhaltensänderung erörtert und dadurch Änderungsprozesse in Gang gesetzt werden. Abschließend wird die Anwendbarkeit einer adaptierten Fassung des SMP im bayrischen Strafvollzug ("Kurzintervention zur Motivationsförderung") diskutiert. In Betracht kommt dabei eine Anwendung sowohl als eigenständige Maßnahme als auch neben bereits bestehenden Behandlungsangeboten. Als mögliche Zielgruppen werden Gefangene mit kurzen Freiheitsstrafen, Jugendliche im Dauerarrest, Gewalt- und Sexualstraftäter sowie Sicherungsverwahrte genannt.
Seit April 2013 wird das neu entwickelte Erhebungsinstrument
"Behandlungsbedarf bei jungen Straftätern" (BB-JuST) im bayerischen
Jugendstrafvollzug eingesetzt. Es dient der Erfassung des Behandlungs-
und Förderungsbedarfs junger Straftäter und der Dokumentation der
Ergebnisse der Behandlungsuntersuchung. Das Erhebungsinstrument enthält
23 Merkmale, die behandlungsbedürftige Defizite darstellen. Die sieben
Bereichen zugeordneten Merkmale werden einzeln beschrieben. Sie
beziehen sich auf (1) schulische Kenntnisse und berufliche
Qualifikationen, (2) Suchtproblematiken, (3) kriminalitätsbegünstigende
Dispositionen, (4) psychische Fehlentwicklungen und Störungen, (5)
Einstellung zur Straftat, (6) den Lebensstil und (7) das soziale
Umfeld. Zur Untersuchung der Reliabilität (Beurteilerübereinstimmung)
wurden 42 junge Straftäter sowohl regulär von den Fachdiensten der
jeweiligen Anstalten als auch von 2 externen Forschern mit diesem
Instrument untersucht. Der Vergleich der Beurteilungen zeigt hohe
Übereinstimmungen bei den externen Forschern, aber nur mäßige
Übereinstimmungen mit den Fachdiensten. Nach hier vertretener Ansicht
stellt BB-JuSt damit ein zuverlässiges Untersuchungsinstrument dar, das
gleichermaßen für die Vollzugsplanung wie für Forschungszwecke geeignet
ist, jedoch intensiven Trainings bedarf.
Das Leugnen der Tatvorwürfe bei Sexualstraftätern gilt
vielfach als Behandlungshindernis und als Indikator für ein erhöhtes
Rückfallrisiko. Dieser Zusammenhang wird jedoch zunehmend in Frage gestellt. Die vorgestellte Untersuchung sollte folgende Fragen klären, (1) wie häufig das Leugnen bei verschiedenen Gruppen von Sexualstraftätern ist, (2) ob es Merkmale gibt, die dem Leugnen zeitlich vorhergehen oder mit ihm korrelieren, (3) welche Auswirkungen das Leugnen auf den Vollzugsverlauf hat (Behandlungsteilnahme, prognostische Beurteilung, Vollzugslockerungen, vorzeitige Entlassung) und (4) ob es einen Zusammenhang zwischen der Rückfälligkeit nach der Entlassung mit dem Leugnen der Sexualstraftat gibt. Es wurden die Daten von 1381 Sexualstraftätern analysiert, die zwischen 2004 und 2012 aus dem bayerischen Justizvollzug entlassen worden sind. Im Ergebnis nehmen Leugner selten an Behandlungsmaßnahmen teil, erhalten seltener Vollzugslockerungen und werden seltener vorzeitig entlassen. Der Anteil der Leugner war größer bei Zuwanderern, Verheirateten und älteren Tätern. Von 833 bis Ende 2008 Entlassenen lagen Daten zur Rückfälligkeit vor: Es ergaben sich keinerlei Zusammenhänge zwischen dem Leugnen und verschiedenen Rückfallkriterien. Diskutiert werden die Implikationen dieser Ergebnisse für die Vollzugspraxis, insbesondere der Bedarf an Behandlungsmaßnahmen, die auch für leugnende Täter geeignet sind.