Refine
Document Type
- Article (3)
Has Fulltext
- yes (3)
Is part of the Bibliography
- no (3)
Keywords
- Empirische Untersuchung (2)
- Kriminalprognose (2)
- Rückfalltäter (2)
- Sachverständiger (2)
- Behandlung (1)
- Forensische Begutachtung (1)
- Gewaltdelikt (1)
- Gewaltkriminalität (1)
- Gewalttäter (1)
- Maßregelvollzug (1)
Institute
Die 2016 in Kraft getretene Novellierung des § 63 StGB hat zu einem Anstieg von kriminalprognostischen Gutachten geführt, so dass sich die Wartezeiten bzgl. der Erstellung von Gutachten verlängert haben. Dies wird auch auf die geringe Anzahl an Sachverständigen zurückgeführt, die aktuell für die Erstellung von Gutachten beauftragt werden. Es wird konstatiert, dass in einigen Regionen in Deutschland derzeit vorrangig oder sogar ausschließlich Fachärzte bzw. Fachärztinnen für Psychiatrie oder Ärzte bzw. Ärztinnen ohne Fachausbildung und teilweise ohne forensische Sachkunde und Erfahrung als Sachverständige bestellt werden. Es wird darauf hingewiesen, dass dem Mangel an Sachverständigen durch die Bestellung approbierter Psychologischer Psychotherapeuten bzw. Psychotherapeutinnen und Fachpsychologen bzw. Fachpsychologinnen für Rechtspsychologie begegnet werden kann. Die Ausbildung von Psychiatern bzw. Psychiaterinnen und Psychologen bzw. Psychologinnen im Bereich der forensischen Begutachtung wird vergleichend gegenübergestellt und rechtliche Aspekte der Gutachtenbeauftragung erörtert.
Einschätzungen über das Risiko zukünftiger Gewalttätigkeit sind ein fester Bestandteil der Arbeit von Psychologinnen und Psychologen, wobei bis heute wenig darüber bekannt ist, in welcher Form kriminalprognostische Einschätzungen in der alltäglichen Berufspraxis vorgenommen werden. Ziel der vorliegenden Studie ist es, einen Überblick über die kriminalprognostische Praxis in Deutschland zu geben. Dafür werden die Ergebnisse des International Risk Surveys ausgewertet, an dem weltweit N = 2.135 Personen aus 44 Ländern teilgenommen haben. Aus Deutschland wurden M = 97 Psychologinnen und Psychologen sowie Angehörige anderer Berufsgruppen über ihre kriminalprognostischen Tätigkeiten befragt. Die Daten zeigen, dass mittlerweile in der Praxis mehrheitlich auf standardisierte Prognoseinstrumente (z. B. PCL-R, HCR-20, FOTRES, VRAG) zurückgegriffen wird. Die Instrumente werden nicht nur für die prognostische Einschätzung über das zukünftige Gewaltrisiko als nützlich eingestuft, sondern auch im Hinblick auf die Therapieindikation sowie die verlaufsdiagnostische Untersuchung von Behandlungs- und Betreuungsfällen als hilfreich beurteilt.
Die vorgestellte Studie untersucht die Rückfallrate von männlichen Personen mit hohem Rückfallrisiko, die wegen eines Sexualdelikts verurteilt wurden. Aus der anfänglichen Stichprobe, bestehend aus N = 231 Person, werden n = 133 Probanden in der Untersuchung berücksichtigt. Die Untersuchungsteilnehmer wurden zum 31. Dezember 2019 entlassen und werden bzw. wurden in der Forensisch Therapeutischen Ambulanz der Charité in Berlin ambulant behandelt. Von den 133 Probanden erhalten 54 (40,6 %) sowohl eine psychotherapeutische als auch eine testosteronsenkende Medikation (Gruppe +TLM), 79 (59,4 %) werden lediglich psychotherapeutisch behandelt (Gruppe -TLM). Der Beobachtungszeitraum beträgt fünf Jahre. Die Rückfälligkeit wird als general recidivism (Neuverurteilung allgemein), serious recidivism (Neuverurteilung mit anschließender Haftstrafe von mindestens zwei Jahren), sexual recidivism (Neuverurteilung infolge von Sexualdelikten) und violent recidivism (Neuverurteilunge infolge von Gewalt- und Sexualdelikten) erhoben. Es wird konstatiert, dass die Rückfallrate bezüglich general recidivism bei +TLM mit 27,8 % signifikant niedriger ist als bei -TLM mit 51,9 %. Bei serious recidivism liegen keine signifikanten Unterschiede vor. Signifikante Unterschiede liegen weiterhin in der Kategorie violent recidivism vor (1,9 % bei + TLM und 15,2 % bei -TLM), während die Unterschiede bei sexual recidivism nicht signifikant sind. Weitere Ergebnisse werden vorgestellt und Limitationen der Studie diskutiert.