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Der Kriminologische Dienst des bayerischen Justizvollzugs verfolgt ein Konzept zur Behandlung von Sicherungsverwahrten, das aufgrund der im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 4.5.2011 gestellten Anforderungen geringfügig modifiziert wird. Zunächst werden die Anforderungen aus dem Urteil sowie die allgemeinen therapeutischen Anforderungen an ein Behandlungskonzept skizziert. Auf dieser Basis wird das Konzept zur Behandlung von Sicherungsverwahrten weiterentwickelt. Die notwendigen Maßnahmen, um die drei vordergründigen Behandlungsziele (1) Motivierung, (2) Sicherung der Lebensqualität und (3) Reduzierung der Rückfallgefahr zu erreichen, werden beschrieben. Abschließend wird auf das neue Unterbringungsgebäude, welches in Straubing errichtet wird, eingegangen.
Standardisierte Risikobeurteilungsinstrumente bestimmen auf Basis empirischer sowie theoretischer Kenntnisse individuelle Rückfallwahrscheinlichkeiten und bilden somit ein Kernelement risikoorientierter Kriminalprävention. Es werden Konstruktionsprinzip, Funktionsweise und Gütekriterien aktuarischer Kriminalprognoseverfahren dargestellt. Daran anknüpfend werden Vorteile eines standardisierten Risk Assessments skizziert und verbreitete Argumente gegen deren Einsatz diskutiert. Positiv hervorgehoben werden u. a. eine hohe Trefferquote sowie eine Reduktion subjektiver Urteilsfehler infolge intuitiver, klinischer Einschätzungen. Dem Kritikpunkt einer repressiven Haltung risikoorientierten Handelns wird bspw. der Schutzbedarf der Allgemeinbevölkerung gegenübergestellt und auf Teilhabeförderung durch intensivierte Betreuung verwiesen. Die Verwendung standardisierter Risikobeurteilungsinstrumente wird abschließend befürwortet, gegebenenfalls kombiniert mit einer individuellen Begutachtung.
Im Rahmen einer empirischen Studie werden Daten aus einer Erhebung des bayerischen Jugendstrafvollzugs zu allen in den Jahren 2013 und 2014 in einer Jugendstrafanstalt Inhaftierten im Hinblick auf ihren kulturellen Hintergrund untersucht (n = 1447). Es wurden Gruppen zum Vergleich Inhaftierter mit (ca. 57 %) und ohne Migrationshintergrund sowie muslimischer (ca. 19 %) oder anderer Glaubenszugehörigkeit gebildet. Dabei gilt ein weiter Migrationsbegriff. Insgesamt konnten nur geringe Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen festgestellt werden, diese betreffen bei Inhaftierten mit Migrationshintergrund häufiger auftretende Defizite in der mündlichen Sprache, schulische und berufliche Probleme sowie eine erhöhte Aggressionsproblematik. Zudem werden Einschätzungen der Fachdienste zu einem besonderen Behandlungsbedarf ausgewertet.
Zentrale Aufgabe der Kriminologischen Dienste des Justizvollzugs in den deutschen Bundesländern ist es, den Strafvollzug wissenschaftlich zu begleiten und zu beraten. Hierzu führen die Kriminologischen Dienste eigene Forschungsprojekte durch. Gleichzeitig ist es Aufgabe der Kriminologischen Dienste, nach einem entsprechenden Prüfverfahren externe Forschungsvorhaben zu begleiten und zu unterstützen. Kriterien sowie Rahmenbedingungen, die bei der Durchführung von externen Forschungsvorhaben in Gefängnissen zu beachten und Gegenstand der Prüfverfahren sind, werden erläutert. Gleichzeitig wird den von Jan Fährmann und Julian Knop (NK 2017, 251-261) sowie von Holger Schmidt (KJ 2016, 202-227) aufgeworfenen Fragen begegnet, ob Forschung von Hochschulen oder anderen wissenschaftlichen Einrichtungen im deutschen Strafvollzug überhaupt einer Prüfung unterliegen sollte und ob die verwendeten Prüfkriterien der Kriminologischen Dienste die Forschungsfreiheit beeinträchtigen.
Die Kriminologischen Dienste (KD) der Bundesländer betreiben
eigene Forschungsprojekte im Justizvollzug und prüfen externe
Forschungsanliegen. Ablauf und Kriterien der Genehmigung
vollzugsexterner Forschungsprojekte werden vorgestellt. Anfragen oder
Anträge externer Forscher werden in der Regel an die KD weitergeleitet,
die diese nach folgenden Kriterien prüfen: (1) wissenschaftliche
Qualität, (2) ethische und datenschutzrechtliche Gesichtspunkte, (3)
organisatorischer Aufwand für den Justizvollzug, (4) Anwendungsbezug
und Nutzen. Nach Genehmigung obliegt es den Vollzugsanstalten, die
Umsetzung des Forschungsprojektes vor dem Hintergrund knapper
personeller Ressourcen zu prüfen. Eine Auswertung von in 2017 in Bayern
eingegangenen externen Forschungsanträgen zeigt, dass 75 % der Anträge
vom KD genehmigt wurden. Abschließend werden Empfehlungen zur
Durchführung empirischer Forschungsprojekte im Strafvollzug formuliert,
deren Nicht-Berücksichtigung die Wahrscheinlichkeit der Genehmigung
durch den KD verringert.
Auf der Grundlage theoretischer und empirischer Erkenntnisse zur Jugendkriminalität werden Zielsetzungen zur Ausgestaltung eines Jugendarrestes neben Jugendstrafe formuliert, die die Basis für ein Behandlungskonzept bilden. Die Zielsetzungen betreffen die kriminalpräventive Wirkung des Arrestes, Senkung der Rückfallquoten, Normverdeutlichung, erzieherische und individualisierte Ausgestaltung des Jugendarrestvollzugs, Stärkung der Schutzfaktoren, klare Abgrenzung zur Jugendstrafe (kein "Schnupperknast"), Nachbetreuung. Gemäß den genannten Anforderungen werden vier modulartig aufgebaute Maßnahmen skizziert, die als geeignet für die Ausgestaltung des Jugendarrest neben Jugendstrafe zur Bewährung erachtet werden: (1) Kurzintervention zur Motivationsförderung, (2) Anti-Gewalt-Training, (3) Sport im Verein, (4) BASIS: Berufsorientierung, Arbeitstherapie, schulische Förderung, Informationsvermittlung, Suchtberatung und gesundheitliche Aufklärung. Eine empirische Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen wird empfohlen.
Untersucht wird, wie verbreitet fundamentalistische und religiös-militante Einstellungen unter jungen Muslimen im Strafvollzug sind und durch welche Radikalisierungspotenziale und damit in Verbindung stehende mögliche religionsbezogene Einflussfaktoren diese bestimmt werden. In diesem Zusammenhang wird auch der Einfluss der Dauer der bisher verbüßten Haft analysiert. Die explorative Untersuchung umfasst n = 87 junge männliche muslimische Inhaftierte aus vier bayerischen Jugendstrafvollzugsanstalten, die zu ihren religiösen Sozialisationserfahrungen und zu ihrer aktuellen Religiosität befragt wurden. Abgefragt wurde darüber hinaus die Zustimmung zu fundamentalistischen und religiös-militanten Aussagen. Die Häufigkeitsverteilungen fundamentalistischer und militanter Einstellungen wurden mit einer nicht-muslimischen Vergleichsgruppe verglichen (n = 255). Regressionsanalysen geben Hinweise auf eine erhöhte Vulnerabilität von muslimischen Gefangenen für Radikalisierung. Sozialisationseinflüsse zeigen keinen unmittelbaren Einfluss, wirken sich aber indirekt auf das Ausmaß militanter Einstellungen aus. Die bisher im Gefängnis verbrachte Zeit spielt eine untergeordnete Rolle. Auf Limitationen der Studie und Implikationen für den Strafvollzug wird hingewiesen.
Die Studie vergleicht zwei Methoden zur Evaluation der Wirksamkeit von Sexualstraftäterbehandlung in deutschen Gefängnissen: das Exakte Matching-Verfahren (EM) anhand des Static-99-Risikoscores sowie das Propensity-Score-Matching (PSM). In einer Stichprobe von 693 erwachsenen Sexualstraftätern, von denen 365 eine Behandlung erhielten, zeigen sich ähnliche Ergebnisse für beide Methoden. Es gibt keine signifikanten Unterschiede in der sexuellen Rückfallquote zwischen Behandlungs- und Kontrollgruppe. Für allgemeine und schwere Rückfälle deuten die Ergebnisse tendenziell auf einen günstigen Behandlungseffekt hin, der jedoch nur teilweise statistisch signifikant ist. Die Bedeutung dieser Befunde wird für die Praxis und Politik der Sexualstraftäterbehandlung diskutiert, unter anderem wird die Notwendigkeit von Replikationsstudien, der Berücksichtigung differenzierter Rückfallindikatoren und einer Verbesserung der Datenerhebung in der alltäglichen, routinemäßigen Praxis, um zu belastbaren Schlussfolgerungen über die Wirksamkeit von Sexualstraftäterbehandlung in Haft zu gelangen, hervorgehoben. Außerdem wird für eine Verbesserung der Datenerhebung zu klinisch relevanten Risikofaktoren und eine stärkere Einbeziehung von Behandlungsangeboten plädiert. Weiter beschreibt die Studie die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Evaluationsdesigns.
Für eine Rückfallstudie, die sich am Kriterium Wiederinhaftierung orientiert, wurden diejenigen Personen aus der Datenbank des bayerischen Justizvollzuges ausgewählt, die zwischen April 2013 und Januar 2015 aus dem Jugendstrafvollzug in Freiheit entlassen wurden (n = 611). Bei einem durchschnittlichen Legelbewährungszeitraum von zwei Jahren kam etwa jeder Dritte erneut in Haft. Analysiert werden u.a. Zusammenhänge mit biographischen Belastungsfaktoren und mit einem festgestellten Behandlungsbedarf. Bestätigt wird nach den Ergebnissen die prognostische Bedeutung vieler dieser Faktoren und die Wahl der Wiederinhaftierung als Rückfallkriterium.
Mit "Desistance" wird in der Kriminologie der Prozess beschrieben, der bei wiederholt straffällig gewordenen Personen zum Ausstieg aus dem kriminellen Verhalten führt. Zur Erforschung von Desistance-Prozessen in Haft werden sechs Fachkräfte des Sozialdienstes bzw. des psychologischen Dienstes, von denen fünf in bayrischen Justizvollzugsanstalten und eine in der Jugendarrestanstalt tätig sind, interviewt. Die Fachkräfte werden angehalten, die Fragen in Bezug auf drei reale, inhaftierte Personen zu beantworten, die folgende Kriterien erfüllen: (1) Person mit glaubhafter Ausstiegsmotivation, zukünftige Straffreiheit wird zugetraut, (2) Person mit glaubhafter Ausstiegsmotivation, zukünftige Straffreiheit wird nicht zugetraut, (3) Person ohne glaubhafte Ausstiegsmotivation, zukünftige Straffreiheit wird nicht zugetraut. Die Ergebnisse werden in einem vierstufigen Modell zusammengefasst: (1) Positiver Beziehungsaufbau, (2) Verwandlung von Leidensdruck in Veränderungsmotivation, (3) Verhaltenstraining und positive Persönlichkeits- und Sozialfaktoren, (4) Verhaltenserprobung. Unter Bezugnahme auf die Ergebnisse werden Maßnahmen im Justizvollzug benannt, die den Desistance-Prozess fördern können, wie beispielsweise integrierende Freizeitangebote, Verhaltenstrainings, Qualifizierungsmaßnahmen, Kontakt zur Familie bzw. Freunden und Freundinnen, Vollzugslockerungen sowie reflektierende Gespräche. Abschließend wird auf Limitationen der Studie hingewiesen.