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Vorgestellt wird der am 12.11.2015 vorgelegte Abschlussbericht der Untersuchung über die Verfahrensverläufe und Verurteilungsquoten bei Sexualstraftaten in Bremen. Im Fokus stand dabei die Evaluation des 1984 in Bremen eingeführte sog. "Bremer Modell", welches zur Bearbeitung von Sexualstraftaten ein Sonderdezernat der Staatsanwaltschaft sowie ein auf Sexualstraftaten spezialisiertes Fachkommissariat bei der Kriminalpolizei Bremen vorsieht. Das Institut für Polizei- und Sicherheitsforschung der Hochschule für öffentliche Verwaltung Bremen hat in diesem Zusammenhang 94 Akten zu Verfahren nach § 177 StGB (Sexueller Übergriff; sexuelle Nötigung; Vergewaltigung) aus dem Jahr 2012 ausgewertet. Es werden u. a. deskriptive Daten zu Opfern, Beschuldigten und Tatbeständen sowie die Sachbearbeitung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten dargestellt. Die quantitativen Ergebnisse werden mittels drei qualitativer Gruppeninterviews mit Experten bzw. Expertinnen aus Polizei (N = 4) und Staatsanwaltschaft (N = 3) sowie der Vizepräsidentin des Amtsgerichts Bremen und dem Vorsitzenden des Schwurgerichts am Landgericht Bremen validiert. In einem weiteren Schritt werden die Daten aus der Aktenanalyse mit Daten aus den Verfahrensregistern der Polizei und der Staatsanwaltschaft Bremen abgeglichen. Die Tätigkeit von Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht wird daraufhin bewertet. Abschließend werden die Empfehlungen der Forschungsgruppe sowie die gemeinsamen Verbesserungsvorschläge der Beteiligten erörtert.
Die Beantwortung der Frage nach Anspruch und Wirklichkeit des Legalitätsprinzips rührt am Grundverhältnis von Effizienz und Gerechtigkeit der Strafrechtspflege und ist damit von hoher kriminalpolitischer Relevanz. Die Kriminologische Zentralstelle veranstaltete vom 15. bis 16. März 1999 im großen Sitzungssaal des Hessischen Justizministeriums ein Expertengespräch zum Thema „Das Ermittlungsverhalten der Polizei und die Einstellungspraxis der Staatsanwaltschaften“. Ziel der Veranstaltung war es, aus verschiedenen Perspektiven einen vertieften Einblick in die komplexe Rechtswirklichkeit des Legalitätsprinzips und in die reale Aufgabenwahrnehmung von Polizei und Staatsanwaltschaften zu ermöglichen. Darüber hinaus sollte ein Forum für eine kritische Diskussion geboten und zugleich die weitere wissenschaftliche Behandlung des Themas erörtert werden. Der vorliegende Band enthält die überarbeiteten Beiträge zu diesem Expertengespräch sowie einen ausführlichen Diskussionsbericht.
Mit dem am 10. November 2016 in Kraft getretenen 50. Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Verbesserung des Schutzes der sexuellen Selbstbestimmung (50. StrÄndG) wurde vorrangig § 177 StGB grundlegend geändert. In der zuvor geführten Diskussion war eine zentrale Frage diejenige nach bestehenden Strafbarkeitslücken, also straffreien, aber als strafwürdig erachteten Sachverhalten, gewesen. Eine solche Schutzlücke wurde primär darin gesehen, dass keine Strafbarkeit nach § 177 StGB a. F. eintrat, wenn es zwar zu sexuellen Handlungen gegen den Willen Betroffener kam, dies aber ohne Nötigung durch eine andere Person geschah.
Das Gesetzgebungsverfahren enthielt nicht nur etliche kriminalpolitisch interessante Volten. Es zeigte auch auf, dass sich die eine oder andere bloße Annahme über die Zeit zu vermeintlicher Gewissheit verfestigte, ohne dass dieser empirisch-kriminologische Befunde zugrunde lagen. Das galt etwa hinsichtlich der Gründe für Einstellungen gemäß § 170 II StPO in Ermittlungsverfahren, in denen Tatverdächtigen die Begehung einer Straftat nach § 177 StGB a. F. vorgeworfen wurde.
Mit der vorliegenden Studie wurde diese Thematik deshalb aufgriffen. Da sich die dafür erhaltenen 343 Einstellungsverfügungen jedoch als zu ertragreich erwiesen, um sie lediglich unter der führenden Fragestellung zu analysieren, wurden nicht nur diese Abschlussentscheidungen als solche, sondern auch die in ihnen enthaltenen Angaben etwa zum Tatgeschehen und zu den vorgenommenen Ermittlungshandlungen erfasst.